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Etzliche fürtreffliche Praktiken für die Werren oder Ikeutwurmb

Neuerdings kürhlich zusammcngefaßt durch Meister Ubcrbeyn a. D. 1683.

Dieses Unziefer ist nicht überall bekannt, und glückselig sind
die Ort, wo man nichts davon weiß, ist ein schädliches und
den Gärten feindseliges Thier, fast eines kleinen Fingers lang
und FingerS dick, einer geelbraunen Färb, hat einen zwiespitztgen
Rüffel (darum sie auch von «tzlichen Er ^krebsen genennet
werden) hat sechs Füffe und wühlet mit seinem Rüffel, greifft
die Gewächse unter der Erden an, und frißt sie ab. Frantzö-
stsch werden sie Gourtillieres und von denen in Languedoc (nach
Herrn de Serres Zeugnuß) Sterpi und Taille - sebe (weil sie
den jungen Zwiebeln sonderlich gefährlich), von Herrn Dr.
Jonston aber Gryllo-talpae genennet, sind von vornen fast wie
ein Krebs anzusehen. Dieses Thier bleibet meistenthetls unter
der Erden, darinnen es seine Nester rund geformet aus erhär-
teter Erden, gleich schier wie Löchlein in den Wachsfladen
machet, und seine Eher dorten einlogiret. Die Eher sind hart-
lecht wie ein Horn, gelb und glantzend, zerdrückt geben sie eine
öhlichte Feuchtigkeit von sich. In einem einzigen Weibletn sind
164 Eyer gefundm worden, wie in Herrn Dr. Thom. Bartholini
Fictis Medicis Volum. IV. Observat. 2. Fol. 12 zu ersehen ist.
Wann sich daS Wetter ändern will, so schreyet dies Unziefer
schier wie ein Grill, doch etwas heller, mit einem zitternden
Gethöne, daß man ihn über 200 Schritte hören kann. Sie
fressen an allen Garten - Pflänzeln die unterste Wurtzen ab,
daß davon das Kraut verwelken muß, und man solches, wenn
man anztchet, gantz stumpf abgenaget herausnehmen mag.

Solche nun zu vertikgen, lasse erstlich einen oder mehr
Häfen voll Wasser sied - heiß werden über brennendem
Eschcnholz, mache alsdann zu Abends mit einem weidlichen
Stecken soviel Löcher in den Erdboden, als du der Werren zu
sähen gedenkest, davon jedwelches zwölff Zoll tief und fünf
Zoll weit ist, verschließe diese oben wol und fest durch starke
Aestlein und Erdreich, so daß dieses Unziefer, sobald es ge-
fähet ist, nimmer herauskommcn möchte, so wird sich
der Reutwurmb oder ErdkrebS über Nacht dahin verlaufen.
Morgens kann man sie nachher artiglich zu Tage bringen, und
daS sted-heiß Wasser darübergeuffen: also ertödtet und rottet
man sothaneS Raubgethier gäntzlich und mit lustiger Kurtz-
weil auS.

Item vermeldete ?. Timotheus von Roll, Eaputziner-
Ordens, daß, wenn man sie spühret, man auf die frucht-
baren Felder und grasigen Wiesen etwelche große Fuder
Stain und groben Kiesel führen und den faisten Boden hin-
durch mit Fleiß vermengen soll, allwo man auS der Pflantzen
Ntederlag ihre Gegenwart mercket, sie werden daran sterben,
dieweilcn sie mehren TheilS bloß ein gutes gedüngtes Erdreich
genießen wollen.

Item lehret der Hochwohlgeborene Herr Oeconomus Frei-
herr von Hochbergh in seiner Garten-Ordnung im 3. Buch
am eilfften Capitul für die Werren, dieS als eine gewisse von
ihme selbsten probtrte Kunst: Wilt du deine Grundstücke oder
Gärten für Werren behüten, sodann raume selbige von allem
und jeglichem nutzbarlichen Gewächs und bestelle sie
2 — 3 Jahre lang keines Weges, auf sothane Weise verlieren
sie die Nährung und verhungern, oder ziehen weiter fort zu
fremden Gäuen. Auch mag man die Aecker nutzhaft gegen das
Unziefer mit Wolffsmilch, Schierling, Bilsen, Nachtschatten,
Eysenhütlein und dergleichen Gif ft pflantzen besäen,
von deren Wurtzelnährung sie hinfällig und sterblich werden.

Item sähet man die Werren lebendig in Gruben und
versetzet sie in Weingärten, allwo sie Nutzen anstiften. Ver-

stehe wol, sie greiffen die Rebenwürtzen nicht an, graben und
wühlen die Weinberge fleißig umb, und verzehren die Wurtzeln
der geelen Wucherer-Blume; dies Unkraut ist im Weingebürge
absonderlich daheim.

Herr Wernherrius gibt ein gar säuberlich Praeserva-
tivum Universale wider allcrley Unziefer, Raupen und Käfer-
lein: Nimm Alaun zwantzig Pfund, Enzian, Torrnentill, Nat-
ternwurtzen, lange und runde Hohlwurtzen, Cardobenedicktcn-
Kraut, Ebcrwurtzen, weißen Dikram - Wurtzen, wilden Ochsen-
zungen-Saamen, roth Ochsenzungen-Saamen, Antora, so auch
Bezoar - Wurtzen genennet wird, Angelika - Wurtzen, Zitwer,
Baldrian-Wurtzen, Bibenell-Wurtzen, Teuffels-Abbiß, Pestilentz-
Wurtz, Lorbeer, Weinkraut, Contrayerva eine Indianische Wurtzel,
Scorzonera, Alantwurtzen, wälische Nuß, Veyelwurtzen, Mei-
sterwurtz, Sevenbaum, eingemachle Mannstreu-Wurtzen, Berch-
tramswurtzen, Stainwürtzlein, Wermuth, Coriander, Tamarisken,
Gummi Opoponaco, und des alten Theriakes in erkleck-
licher Menge, Baumöhl mehrere Mäßletn, Skorpion - Oehl
ditto, Rosenöhl drei Schoppen, Manna zehn Pfündlein, Kraut
und Rüben zwo Quinte!, einen präparirten Smaragd
von neun Karat, Bezoar vier Untzen, dies Gantze mit
Gänse-Mist in einer ungesalzenen Erbesbrühe
vertrieben; stattlich gewürtzet mit allerhand köstlicher Spezerey
von Näglein, Zimmet, Saffran, AnniS, Pfeffer, Ingwer und
nachher» abermalen dreh Zentner Zucker und zween ZenMer Wein-
beerlein und Zibeben dazu gethan, und durch guten Weinmost
flüssig destilltret, daß sie den Trank lieber annehmen mögen,
nachdcme der hiermit versüffet worden wäre, reichet für
einen Morgen Landes.

Will anitzt zum Ende und zu guter Letzt ein geheimbeS
Landsknecht - Experiment hersetzen : Man begiebet sich bcnebst

einem Ey, das von einer schwartzen Henne geleget worden ist,
so am Halse ein schnecblüthwcißes Ringlein sonder Fehl hätte
in der Sylvesternacht unter Gottes freyer Lufft
auf das Feldt, erharret alldort einen Wirbelwind, schlaget
nun ein Löchlein stracks darein und lasset das Eyletn von dem
Wirbelwinde ausblasen. Verkommt darauf alles Unziefer. Die
Alten haben auch zwar viel abergläubische Dinge und
unvernunfftige oder gar gottlose Beschwörungen und Zauber-
stuck zur Vertreibung von sothanem und anderem Unziefer
geschrieben und verübet, die aber nutzbarer sind und Gott ge-
fälliger zu vergessen als hier anzuführen.

Zu Nutz und Frommen derer, so btshero keine Werren mit
eigenen Augen gesehen, ließe ich daS bissige und gifftige Raub-
ziefer deutlich und bildlich Nachdrucken, wie selbiges Herr
von Hochbergh in einem Grillenhäuslein lebendig eingesperrt
hätte, und dessen junger Herr Sohn Mucki natürlich ab-
konterfeyt hat.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Etzliche fürtreffliche Practiken für die Werren oder Reutwurmb"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Ungeziefer
Schädling
Schädlingsbekämpfung
Karikatur
Falle <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 290, S. 14
 
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