138
Der wohlangesehenen Bürger Lehmann und Graf rc.
verschämte Kerle, liebe Anverwandten u. s. w. wie die Engländer
und die hiesigen Fremden sind, glaubt gar kein Mensch nicht.
Je näher man kam, desto dicker wurde das Bublikum und ver-
setzte Einen fast den Athen mit Drcngen. Ich habe doch auch
ein Baar gans rehspccktafle Feiste, aber gegen die Engländer
kam ich nicht durch. Wenn nämlich so ein Engländer an Einen
vorbei oder dazwischen hindurch will, so setzt er Einen die Ell-
bogens auf den Leib, giebt Einen einen derben Tritt mit dem
Fuße, sagt God dam (was ungefähr so viel heißt als wie:
Sie entschuldigen gütigst!) und drengelt sich durch Einen hin-
durch. So hatte auch wieder Einer und noch dazu ein recht
dicker, wahrscheinlich ein Eckohnohm von einer Landwirthschaft,
sich durch mich und Lehmann mitten hindurch gedrengt ohne
noch dazu God dam zu sagen, was doch sehr grob war, wie er
mir daher eben noch den gewöhnlichen Tritt vor den Bauch
geben wollte, so nahm ich von meinen dcutsch-englisirten Werter-
buch den ersten Theil, wo von A bis M alles drinnen stand, was
es auf der Welt giebt und schlug mit diesen halben Weltbuche
den Dicken gradewegs auf den Kobs, worauf er sich aber withcnd
umdrehte mich bei die Kahle faste und firchterlich abschittelte,
dabei nahm er auch mein A bis M und warf es in ein tiefes
Wasierbasicng so daß ich es niemals nicht wieder gesehn habe
und schlug nun dichtig auf mich los. Nun war ich aber auch
withend und nahm den zweiten Theil, das N bis Z, womit
ich ihn so auf die Nase schlug, daß er gleich alle Viere von
sich streckte. Jetzt ließen uns die Leute auch in Ruhe, weil
sie sahen, was ich für ein Herrkuhlhesie war; (so hieß nämlich
ein alter Sciltenzcr bei die Tirken, der 20 Zentner konnte mit
den kleinen Finger aufheben und eine Tonne Bier in der Luft
ballanksiren.) In den Gedrenge hatten sie aber Lehmann den
einen Schoß von seinen guten schwarzen Kirchenfrake hinten
abgerisien, warum er nun mußte blos mit einen Frakschoß
gehn, was sehr lächerlich aussah und woriber Lehmann balde
geheilt hätte. Mich ärcherte weiter Nichts nicht so sehr, als
daß der unverschämte dicke Engländer mir mein schönes Diac-
tionär fort geworfen hatte, denn nun konnte ich mich doch nicht
mehr in der Hälfte von A bis Ll verständig machen; aber ich
drehstcte mich, daß ich nicht so dumm war, wie Ihr liebe An-
verwandten u. s. w. auch wisien werdet, denn in Pirna nennen
sie mich immer nur den Fifikus und haben gans recht.
So kamen wir denn endlich an den Eingang, wo wir
uns ein Pillet lösen musten, das 5 Schillingse kostete, dieses
ist freilich etwas theier, denn es ist nach unfern Geld so viel
als wie 1 Thaler 16 Groschen, wofür ich vierzig Töbfchcn
Waldschlöschcnbier kriege; aber man muß auch etwas vor
die Kunst und Wissenschaft und Jndedustcrie thun.
Wir traten nun in das ungeheire Gebeide, aber da blieben
uns doch vor Erstaunlichkeit die Münder offen stehn, denn
dieses ist groß genug, daß man könnte gans Pirna Hinein-
setzen mit den hochwollweisen Rath und vielleicht auch etwas
Umgegend, liebe Anverwandten u. s. w. und noch dazu Alles
von Glas. So etwas glaubt gar Niemand nicht, wer es
nicht gesehn hat und dieser dann vielleicht noch nicht einmal,
denn man muß hier an Wunder und Heckserei glauben. Die
Baßthoren und andre geistige Herrn von der Kirche haben auch
gepredicht, daß der Teifel sammt seiner Großemuttcr und seinen
lieben Anverwandten u. s. w. dabei geholfen hätte, sonst wäre
es gar nicht fertig geworden. Das kann mir übrigens gans
einerlei sein, denn ich fürchte mich nicht vor den Teifel und
nicht vor die Baßthoren, sondern thue keinen Menschen nichts
Böses nicht zu leide, lasse mir aber auch nichts nicht thun,
sondern ich prigle Alles was mir in den Weg kommt, liebe
Anverwandten u. s. w.
Der wohlangesehenen Bürger Lehmann und Graf rc.
verschämte Kerle, liebe Anverwandten u. s. w. wie die Engländer
und die hiesigen Fremden sind, glaubt gar kein Mensch nicht.
Je näher man kam, desto dicker wurde das Bublikum und ver-
setzte Einen fast den Athen mit Drcngen. Ich habe doch auch
ein Baar gans rehspccktafle Feiste, aber gegen die Engländer
kam ich nicht durch. Wenn nämlich so ein Engländer an Einen
vorbei oder dazwischen hindurch will, so setzt er Einen die Ell-
bogens auf den Leib, giebt Einen einen derben Tritt mit dem
Fuße, sagt God dam (was ungefähr so viel heißt als wie:
Sie entschuldigen gütigst!) und drengelt sich durch Einen hin-
durch. So hatte auch wieder Einer und noch dazu ein recht
dicker, wahrscheinlich ein Eckohnohm von einer Landwirthschaft,
sich durch mich und Lehmann mitten hindurch gedrengt ohne
noch dazu God dam zu sagen, was doch sehr grob war, wie er
mir daher eben noch den gewöhnlichen Tritt vor den Bauch
geben wollte, so nahm ich von meinen dcutsch-englisirten Werter-
buch den ersten Theil, wo von A bis M alles drinnen stand, was
es auf der Welt giebt und schlug mit diesen halben Weltbuche
den Dicken gradewegs auf den Kobs, worauf er sich aber withcnd
umdrehte mich bei die Kahle faste und firchterlich abschittelte,
dabei nahm er auch mein A bis M und warf es in ein tiefes
Wasierbasicng so daß ich es niemals nicht wieder gesehn habe
und schlug nun dichtig auf mich los. Nun war ich aber auch
withend und nahm den zweiten Theil, das N bis Z, womit
ich ihn so auf die Nase schlug, daß er gleich alle Viere von
sich streckte. Jetzt ließen uns die Leute auch in Ruhe, weil
sie sahen, was ich für ein Herrkuhlhesie war; (so hieß nämlich
ein alter Sciltenzcr bei die Tirken, der 20 Zentner konnte mit
den kleinen Finger aufheben und eine Tonne Bier in der Luft
ballanksiren.) In den Gedrenge hatten sie aber Lehmann den
einen Schoß von seinen guten schwarzen Kirchenfrake hinten
abgerisien, warum er nun mußte blos mit einen Frakschoß
gehn, was sehr lächerlich aussah und woriber Lehmann balde
geheilt hätte. Mich ärcherte weiter Nichts nicht so sehr, als
daß der unverschämte dicke Engländer mir mein schönes Diac-
tionär fort geworfen hatte, denn nun konnte ich mich doch nicht
mehr in der Hälfte von A bis Ll verständig machen; aber ich
drehstcte mich, daß ich nicht so dumm war, wie Ihr liebe An-
verwandten u. s. w. auch wisien werdet, denn in Pirna nennen
sie mich immer nur den Fifikus und haben gans recht.
So kamen wir denn endlich an den Eingang, wo wir
uns ein Pillet lösen musten, das 5 Schillingse kostete, dieses
ist freilich etwas theier, denn es ist nach unfern Geld so viel
als wie 1 Thaler 16 Groschen, wofür ich vierzig Töbfchcn
Waldschlöschcnbier kriege; aber man muß auch etwas vor
die Kunst und Wissenschaft und Jndedustcrie thun.
Wir traten nun in das ungeheire Gebeide, aber da blieben
uns doch vor Erstaunlichkeit die Münder offen stehn, denn
dieses ist groß genug, daß man könnte gans Pirna Hinein-
setzen mit den hochwollweisen Rath und vielleicht auch etwas
Umgegend, liebe Anverwandten u. s. w. und noch dazu Alles
von Glas. So etwas glaubt gar Niemand nicht, wer es
nicht gesehn hat und dieser dann vielleicht noch nicht einmal,
denn man muß hier an Wunder und Heckserei glauben. Die
Baßthoren und andre geistige Herrn von der Kirche haben auch
gepredicht, daß der Teifel sammt seiner Großemuttcr und seinen
lieben Anverwandten u. s. w. dabei geholfen hätte, sonst wäre
es gar nicht fertig geworden. Das kann mir übrigens gans
einerlei sein, denn ich fürchte mich nicht vor den Teifel und
nicht vor die Baßthoren, sondern thue keinen Menschen nichts
Böses nicht zu leide, lasse mir aber auch nichts nicht thun,
sondern ich prigle Alles was mir in den Weg kommt, liebe
Anverwandten u. s. w.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der wohlangesehene Bürger Lehmann und Graf aus Berne bei Dresden, Reise nach London"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Gedränge <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 306, S. 138
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg