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170 Der Friede

V

waren in freudiger Erregung und ein heiteres Grinsen überzog
von Zeit zu Zeit wie Wetterleuchten ihre düsteren Gesichter,
wenn sie sich gegenseitig anredeten und von dem zu erwartenden
Genusie sprachen. Es sollte diesen Abend ästh etisch er Th ec
in solennster Weise bei Qwaqwakuhkakuh's sein, bei dem
man, nach guter altmodischer Indianer Weise, auch Aussicht
hatte, sich satt zu esien. Die Anstalten, die da öffentlich gc-
trofscn wurden, widersprachen dieser süßen Hoffnung nicht.
Das war ein Traktament, und ein Kochen und Schmoren und
Braten, daß jeder ehrlichen Rothhaut das Wasier im Munde
zusammenlief und die Augen vor süßen Vorahnungen über-
gingen; selbst der große Geist würde mit der Zunge geschnalzt
haben vor purem Plaisir, wenn er zu Gaste geladen gewesen
wäre. — Mit funkelnden Augen folgten die rothhäutigen
Gourmands den Handthierungen der geschäftigen Weiber und
Köche, die gar emsig sich um ein großes Bratfeuer herumtum-
melten und aller Selbstüberwindung bedurften, um nicht in
die herrlichen, außergewöhnlichen Leckerbissen vorzeitig einzu-
hauen.

Man hatte aber auch vor einigen Tagen eine Beute gemacht,
die den genügsamen Rothhäuten in Folge der zunehmenden
Sittenverdcrbniß schon lange nicht mehr zu Theil geworden.
Es war weder die Beute des Fischers,' noch die des Jägers,
welche da an mächtigen Bratspießen schmorte; es waren weder
friedfertige Hasen, Hirsche oder Rehe; weder ungebildete Füchse
oder Wölfe; weder grobe Bären oder Büffel, die, dem Herren
ein Wohlgefallen, gen Himmel dufteten, noch anderes Gcthiers,
das sich da zwischen Himmel und Erde herumtreibt: es war
l ächtes,frisches,zartes,pikantes — Menschenfleisch, und zwar
> der kostbare Leib von einem Blcichgcsichte, der wegen seines
leicht salzigen Geschmackes auf den Tafeln unserer rothfelligten
Brüder so sehr beliebt ist, absonderlich wenn er an der euro-
päischen National-Krankheit — dem Katzenjammer laborirt. —
Das war cs, was Qwaqwakuhkakuh heute Abend seinen
Thecgästen zu bieten im Stande war! Die Bewohner des Thäl-
chcns Husch-Husch hatten vor wenigen Tagen einen deutschen
Auswanderer aufgegriffen, der gekommen war, um die Kultur
nach Westen zu tragen und nun das bescheidene Loos fand,
einem indianischen Küchenzettel zur Folie dienen zu müssen.

shäuptling.

Wir verstehen zu wenig von der edlen Kochkunst iin All-
gemeinen, und von der indianischen im speziellen, um im Stande
zu sein, kunstgerecht die verschiedenen Methoden zu bezeichnen, !
nach denen die zu Gebote stehenden vier Piecen — zwei Kinder
und zwei Erwachsene mundgerecht gemacht wurden; wir wissen
nur folgendes: die Kinder wurden wegen der größeren Zartheit
ihres Fleisches so präparirt, daß man sie zum Vorgerichte ver-
speisen konnte, etwa wie man bei uns die Suppe zu sich nimmt,
oder wie Feinschmecker durck Austern ihrem Appetite auf den
Strumpf helfen. Die gebetenen Damen freuten sich aber haupt-
sächlich darauf, einmal eine bleichgesichtige Schweflet vor Liebe
anffressen zu dürfen, wozu ihnen die Gelegenheit in der einen

erwähnten erwachsenen Person, einem Weibe, gegeben war.—
Das Prachtstück der Küche aber bildete das männliche Indivi-
duum, welches seiner ganzen Länge nach an einem Bratspieße
stack und sich gemüthlich um denselben herumdrehte, wie die
Erde um ihre Axe, ohne zu mucksen. Es war dies der wahr-
haftige, ansehnliche, gewichtige und süße Leib eines — bayri-
schen Bierbrauers, der rein in der christlichen Absicht gekommen
war, das den Indianern so schädliche Feuerwaffer zu verdrängen
und dafür Bock und Salvator an den Mann zu bringen, ,
Allein da nun einmal Undank der Welt Lohn ist, und das
Thälchen Husch-Husch auch nicht außer der Welt liegt, so
mußte er seufzend diesem Projekte entsagen und sich auf er-
wähnte Weise einer Temperatur aussetzen lassen, die geeignet
war, selbst den Durst eines bayerischen Bierbrauers noch zu
erhöhen. Er war übrigens mit aller Rücksicht behandelt wor-
den, und man hatte ihm zur Schonung seines Haarwuchses
denselben vorher säuberlich nebst einem entsprechenden Stücke
Kopfhaut abgenommen, was die indianischen Friseure „Skal-
pircn" heißen. —

Während nun der wackere Sohn des Gambrinus so in
sanftem Bratfeuer seiner verfehlten Bestimmung entgegensah,
und sich unverdrosien um seine mathematische Axe herumdrehte,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Friedenshäuptling"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Spieß
Grillen <Garen>
Kannibalismus <Motiv>
Indigenes Volk <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Amerika

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 310, S. 170
 
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