%
St. Peters Weltgang.
früher wohlbewährten Mittel, er fing an Wunder zu thun.
Das half denn auch. Trotz des kritischen Jahrhunderts, war
seine Thüre bald von Kranken und Presthaften belagert und
alle gingen geheilt von dannen. Allein am dritten Tage erschien
abermals der Abgesandte der Obrigkeit in der Person des Poli-
; zeidieners und führte ihn zumPolizeicommifsär. Dieser eröffncte
ihm, daß von Seiten des Medicinal-Collegiums Anzeige und
Klage gegen ihn eingelaufen „wegen unbefugten Ausübens
der Heilkunst" und daß er in Folge dessen zu achttägigem Ge-
i sängniß verurtheilt werde. Was wollte St. Peter thun? Er
! ging geduldig abermals in das Loch.
Da er nun im Gesängniß Zeit hatte, sich die Sache etwas
zu überlegen, so meinte er endlich, alle die Schwierigkeiten die
sich ihm bei seinem Bemühen, das Volk zu belehren, in den
Weg stellten, wären leicht zu beseitigen, wenn er an den
Orten auftrete, die eigentlich für die öffentliche Lehre bestimmt
wären. Sehr erfreut über diesen klugen Gedanken und fast
verwundert darüber, daß ihm derselbe nicht früher eingefal-
len, ging St. Peter sogleich, als er aus dem Gefängnisse
entlassen war, zu dem Herrn Pfarrer und bat diesen, ihn
am nächsten Sonntage predigen zu lassen. Aber auch da kam
er nicht zum Ziel. Er hatte ja die Weihen nicht erhalten, !
konnte folglich auch nicht zum Predigen zugelassen werden. Er
wandte sich an den protestantischen Superintendenten. Dieser
war nicht abgeneigt zu willfahren und fragte nach seinen Zeug- !
nissen. Da stand der heilige Petrus und hatte nichts. Er hatte kein
Gymnasium, keine Universität besucht, hatte die nothwendigen
Examina nicht gemacht — folglich durfte er nicht predigen. >
191
Ueberall abgewiesen begab sich St. Peter nach dem Gasthofe
wo er Herberge genommen und überlegte, wie er es anfangen :
fönnte, den Willen Gottes zu erfüllen und der verstockten '
Menschheit etwas in das Gewissen zu reden. Da kam der,
Gastwirth zu ihm und überreichte ihm die Rechnung. St. Peter
stutzte. Mancherlei war ihm schon anfgestoßcn aus seinen frühern
Wanderungen, Fährlichkeiten und Trübsal aller Art — aber
eine Rechnung noch nicht. Doch er sollte bald erfahren, daß
Rechnungen in unserm Jahrhundert zu den größten Fährlich-
keiten gehören, besonders wenn man sie nicht bezahlen kann.
Da St. Peter keine landesüblichen Münzen besaß und bei seinen
liberalen Ansichten gar nicht begriff, wie man sich für Gast-
freundschaft bezahlen lassen, ja wie man diese edelste aller mensch-
licheu Tugenden zu einem förmlichen Gewerbe machen könnte,
so hatte er bald wieder eine Einladung zu seinem Gönner,
dem Polizeicommiffär erhalten. Bei diesem war jetzt jede höf-
liche Rücksicht verschwunden und er fragte St. Petern ziemlich
barsch nach seinen Subsistenzmitteln. Der arme Apostel hatte
keine. Ein Zug von stiller Verachtung zog sich um den Mund der ,
obrigkeitlichen Person und ziemlich barsch erscholl die Frage:
„man zeige mir seinen Paß." Paß? St. Peter hatte von einem
solchen Tinge gar keine Ahnung. „Ich habe es mir ja gleich
denken können." fuhr der Polizeimann aus, „Er ist ein förm-
licher Vagabund! Aber mit Gesindel seiner Art wissen wir in
einem civilisirten Staate schon fertig zu werden!"
Und sie wurden mit ihm fertig!
Nachdem St. Peter eine Woche wegen Landstreicherei ge-
sessen hatte, ivurde er auf den Schub über die Grenze gebracht.
St. Peters Weltgang.
früher wohlbewährten Mittel, er fing an Wunder zu thun.
Das half denn auch. Trotz des kritischen Jahrhunderts, war
seine Thüre bald von Kranken und Presthaften belagert und
alle gingen geheilt von dannen. Allein am dritten Tage erschien
abermals der Abgesandte der Obrigkeit in der Person des Poli-
; zeidieners und führte ihn zumPolizeicommifsär. Dieser eröffncte
ihm, daß von Seiten des Medicinal-Collegiums Anzeige und
Klage gegen ihn eingelaufen „wegen unbefugten Ausübens
der Heilkunst" und daß er in Folge dessen zu achttägigem Ge-
i sängniß verurtheilt werde. Was wollte St. Peter thun? Er
! ging geduldig abermals in das Loch.
Da er nun im Gesängniß Zeit hatte, sich die Sache etwas
zu überlegen, so meinte er endlich, alle die Schwierigkeiten die
sich ihm bei seinem Bemühen, das Volk zu belehren, in den
Weg stellten, wären leicht zu beseitigen, wenn er an den
Orten auftrete, die eigentlich für die öffentliche Lehre bestimmt
wären. Sehr erfreut über diesen klugen Gedanken und fast
verwundert darüber, daß ihm derselbe nicht früher eingefal-
len, ging St. Peter sogleich, als er aus dem Gefängnisse
entlassen war, zu dem Herrn Pfarrer und bat diesen, ihn
am nächsten Sonntage predigen zu lassen. Aber auch da kam
er nicht zum Ziel. Er hatte ja die Weihen nicht erhalten, !
konnte folglich auch nicht zum Predigen zugelassen werden. Er
wandte sich an den protestantischen Superintendenten. Dieser
war nicht abgeneigt zu willfahren und fragte nach seinen Zeug- !
nissen. Da stand der heilige Petrus und hatte nichts. Er hatte kein
Gymnasium, keine Universität besucht, hatte die nothwendigen
Examina nicht gemacht — folglich durfte er nicht predigen. >
191
Ueberall abgewiesen begab sich St. Peter nach dem Gasthofe
wo er Herberge genommen und überlegte, wie er es anfangen :
fönnte, den Willen Gottes zu erfüllen und der verstockten '
Menschheit etwas in das Gewissen zu reden. Da kam der,
Gastwirth zu ihm und überreichte ihm die Rechnung. St. Peter
stutzte. Mancherlei war ihm schon anfgestoßcn aus seinen frühern
Wanderungen, Fährlichkeiten und Trübsal aller Art — aber
eine Rechnung noch nicht. Doch er sollte bald erfahren, daß
Rechnungen in unserm Jahrhundert zu den größten Fährlich-
keiten gehören, besonders wenn man sie nicht bezahlen kann.
Da St. Peter keine landesüblichen Münzen besaß und bei seinen
liberalen Ansichten gar nicht begriff, wie man sich für Gast-
freundschaft bezahlen lassen, ja wie man diese edelste aller mensch-
licheu Tugenden zu einem förmlichen Gewerbe machen könnte,
so hatte er bald wieder eine Einladung zu seinem Gönner,
dem Polizeicommiffär erhalten. Bei diesem war jetzt jede höf-
liche Rücksicht verschwunden und er fragte St. Petern ziemlich
barsch nach seinen Subsistenzmitteln. Der arme Apostel hatte
keine. Ein Zug von stiller Verachtung zog sich um den Mund der ,
obrigkeitlichen Person und ziemlich barsch erscholl die Frage:
„man zeige mir seinen Paß." Paß? St. Peter hatte von einem
solchen Tinge gar keine Ahnung. „Ich habe es mir ja gleich
denken können." fuhr der Polizeimann aus, „Er ist ein förm-
licher Vagabund! Aber mit Gesindel seiner Art wissen wir in
einem civilisirten Staate schon fertig zu werden!"
Und sie wurden mit ihm fertig!
Nachdem St. Peter eine Woche wegen Landstreicherei ge-
sessen hatte, ivurde er auf den Schub über die Grenze gebracht.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"St. Peters Weltgang"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Grenzpfahl <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 312, S. 191
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg