bestimmen, eine golbmt Brille hcrvorzusuchcn und durch diese
! sich die beiden Verkauftlustigen zu betrachten.
Kaum bemerkten Kapaun und Sternberg, daß sie von
dem Grafen betrachtet wurden, so drehten sic rasch die Köpfe
so, daß man die Ansicht der Nasen im Profil haben konnte.
„Ken suis dien tacbö,“ sagte nach kurzer Prüfung der
Graf, „niais ick aben schon so viel von Nasen, daß ick nir
’ kann kaufen d’avantage.“
Diese Nachricht wirkte freilich nicht eben angenehm auf
! die beiden Handelsleute, doch gaben sie deshalb noch nicht
gleich alle Hoffnung auf.
„Sc wer'n verßcihn, gnädigster Herr Prinz," begann
Kapaun zuerst wieder, „ich gebe ßu, Sc mögen hoben in Ihr
! Kabincttchcn schon viel Nasen, aber solch ahne wie die meinigc
iS doch eppeS ä Roritat. Mit meine Nase können Sc sparen
j vieles Geld, denn mahn Etlc') sagte immer in mahncr Ju-
| gendlichkeit ßu mir: Rafael, sogt' er, ich sich Du bist von
unsren Stamme, ich sieh Dir'S an der Nase an, denn alle
' Meyers, Kapauns, Wölfe, Levisöhnc, AscherS u. s. w. hoben
i ahn un dieselbe Rase. Wenn nu der gnädigste Herr Prinz
■ wollen kahscn meine Nas, so hoben Sc dann »ich „öthig ßu
. kahscn Nasen vun de AscherS, Levisöhnc, MeyerS u. f. w.
!' Hob ich nich Recht?"
Der Graf schien sich zu besinnen, betrachtete die Nase :
j Kapauns noch einmal recht genau und rief dann:
„Eli bien, c'est vrai, ick werde kaufen dieser NaS, sie l
fein nich so niauvais wie ick aben gehackt. Comhien demamler-
„Woviel ich verlange?" frug Kapaun nachdenkcnd, —
„Ich glaube se iS werth unter Brüdern ihre hundert Gulden,
ich will se Ihnen aber lassen mit achßig Gulden; 'S. iS ab»
Spottgeld vor so ahne Rase."
„Ackßick üorins? C’est fait. Je l’accepte, ick nehme das
Nasen vor ackßig florins,“ rief der Graf, indem er nach der
Schrcibtafel griff, um sich Namen, Wohnort und Alter Kapauns
aufzuzcichnen.
Kapaun bedauerte, nicht mehr für feine Nase verlangt j
zu haben, als er die Bereitwilligkeit bemerkte, mit welcher l
der Graf ihm die geforderte Summe zugestand. Gr hätte !
gern sein Wort zurückgcnommen, allein es war zu spät, denn 1
tn Franzose nahm eine reichgefülltc Börse auS der Tasche,
zog einen Dukaten hervor und reichte diesen Kapaun alS ein !
Daraufgeld hin.
„C'est pour assurer notre affaire, um richtig ßu macken ;
unser Andel," rief er, dem Juden das Geld in die dargcreichte 1
Hand drückend.
»34 steh rin, ich hob verkahft ßu billig, aber 'S hilft
nick« mehr," sprach Kapaun kleinlaut. Plötzlich aber hielt er
daS Goldstück wieder dem Grafen hin. „DaS haißt, wohlver-
standen, gnädigster Ercllcnz," rief er, sich besinnend, „ich gicb !
mahne Rast nich ftüher her, bis ich nich ßu Tode gestor- |
ben bin!"
„XatureUementl“ lachte der Graf, „ick werden Sic nick
morden, pour oouper Ihr NaS."
Beruhigt durch diese Versicherung steckte jetzt Kapaun den
Dukaten ein und erhielt von dem Grafen die Weisung, am
Abend in dessen LogiS sich cinzustellen, wo er einen Schein
auszustellen habe, daß er nach seinem Tode seine Nase dem
Grafen überlasse und dagegen die versprochenen achtzig Gulden
in Empfang zu nehmen. Unter den tiefsten Kratzfüßen und
Bücklingen zog sich hierauf Kapaun zurück.
Stcrnberg hatte während dieser Zeit voll Neid und Auf-
merksamkeit den Verhandlungen dcS Grafen mit Kapaun zugc-
hört. Jetzt wagte er sich ebenfalls mit einer tiefen Verbeugung
vor den Franzosen zu treten, der sich schon wieder entfernen
„Halten zu Gnodcn, unterthcnigster Herr Fcrscht," redete
Sternberg den Grafen an, „wollen Sc nich aach mahne NaS
beschauen, ob mcr nich können machen ahn Geschäftchen mit-
enander? Mahne Nas iS doch gewiß nich vun Stroh."
Der Graf blieb stehen, setzte wieder seine goldene Brille
auf und betrachtete dann mit Aufmerksamkeit die Nase StcrnbcrgS.
„Mon ami, Ihr Ras ’at ein — ein — comment dit-
on — ein tache,“ rief der Graf, indem er seine Brille wie- j
der einsteckte.
„WaS mahnen Ihre fcrschtliche Gnaden, mahne NaS
hätte ahne Tasche?" frug verwundert Stcrnberg. „Und doch
kann ich'S versichern, daß se kahnc hat, 's iS ahne ganz richtige
Nas, wie sc alle Menschen hoben, nur schainer iS se noch, I
aber ahne Tasche hat se mahner Seele nich!"
Der Graf wollte bei diesem Mißverständniß StcrnbcrgS !
fast bersten vor Lachen und hatte Mühe, sich zu beruhigen.
„Mn, non, se ne dis pas une poche,“ tief cr noch j
unter fortwährendem Lachen, „ick will sagen ein — einer Be.
fleckigung! C'est le mot.“
„Sprechen Euer Dorchlauchi hier vun den braunen Fleck !
chen," cntgegnetc Stcrnberg, „dann kann ich schwören, daß es |
nich is ahn Fleckche, was gemacht iS, sondern 'S iS ahn Na
turfleckche, ahn Lebcrflcckchc un noch derßu ahne grauße Rarität."
„C'est une autre chose,“ meinte der Graf, indem cr
sich nochmals StcrnbcrgS Nase genauer betrachtete. „Wenn
das sein Natur, so werde ick acccptir' das NaS. Su wclckcr
Preis wollen Sie verkaufen das Nas?"
„Wenn ich'S ganz billig soll machen, so kann ich'S nicht
thun unter hundcrtunßwanßig Gulden," sagte Sternberg.
„Ick werden geben das," rief hierauf rasch der Gras
und gab auch Sternberg einen Dukaten Draufgeld, mit dem '
Bedeuten, sich ebenfalls heute Abend auf seinem Zimmer ein-
zufindcn um das Geld dort in Empfang zu nehmen. Unter !
herablassenden Grüßen entfernte sich dann der Graf und ließ
die beiden Juden im Rausche deS Entzückens zurück. Anfangs !
verlangte zwar Kapaun, Sternberg solle ihm die Hälfte dessen, ,
was Jener für seine Nase mehr empfinge als Kapaun, noch
zur Belohnung geben, allein da sich Sternberg standhaft wei-
gerte, so mußte sich endlich Kapaun drein fügen. Freilich
verwünschte cr tausendmal seine Unklugheil, glei» Anfangs