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Eine Verlegenheit beim Jahreswechsel.


Das Weihnachtsfest ist vorüber, die Zeit vorbei, Wo Je-
der den Andern durch Geschenke zu erfreuen sucht. Die Neu-
jahrszeit kehrt eine andere Seite unserer Verhältnisse heraus;
Rechnungen laufen ein von allen Ecken und Enden, und es
ist ein auffälliges Spiel im Wechsel unsrer Tage, daß die Zeit
des allgemeinsten Schenkens von der des allgemeinsten Zah-
lens nur um eine Woche entfernt liegt.
Wohl dem, der in der Lage des Fleischermeisters Fetting
:sich befindet, daß die herbeiströmenden Rechnungen ihm mitten
im Winter nicht so schwül machen, wie ein zusammenziehendes
Gewitter im Juli! Meister Fetting ist nämlich ein vermögen-
der Mann und kann zahlen, was als rechtmäßige Forderung
an ihn kömmt.
Jetzt sind sieben Jahre seitdem vergangen, da saß der be-
häbige Mann aber doch einmal da und schaute eine eingelaufene
Neujahrsrechnung voller Verlegenheit an. „Hm, hm!" brummte
er und stieß die gestrickte Hausmütze von einem Ohr zum an-
dern, „daraus werde ich nicht klug!" Die Rechnung war näm-
lich von Dr. Senff, seinem Arzte, ihm geschickt, und was den
Meister an derselben so verlegen machte, war eine Zeile, welche
lautete:
„Für Conferenzen mit Madame Fetting 2 Thlr."

Schon hatte der Fleischer jetzt einige Male nach seiner
Frau gerufen, doch diese War nicht sofort bei der Hand, und
er sann noch immer vor sich hin, was das eigentlich sei, Wo-
für er dem Doktor zwei Thaler zahlen solle. Endlich kam die
Frau.
„Charlotte!" rief ihr der Mann voll Ungeduld entgegen,
was für Conferenzen hat denn I)r. Senff mit Dir gehalten?"
Die Frau sah ihn verwundert an, trat näher, als er ihr
das Blatt entgegenhielt und mit den Fingern auf die fragliche
Zeile deutete, und eine gute Weile las und sann sie, ohne sich
selber und dem harrenden Gatten Aufschluß geben zu können.
Zuletzt begann sie:
„AH, Christoph, jetzt fällt mir's ein, was der Doktor
meinen muß. Sieh', als unser Annchen im Sommer die Ma-
sern hatte, und der Arzt damals öfter zu uns kommen mußte,
da hab' ich ihn bei seinem Weggange immer bis an die Haus-
thüre begleitet. Etliche Male nun hielt ich ihn aus dem Flur
noch ein paar Minuten lang auf, um ihm zu sagen, daß ich
selber im rechten Ohr ein Sausen hätte und dann fragte ich ihn,
was dagegen wohl zu thun sei. Er hat mir natürlich Rath er-
theilt: ich solle warme Milch in's Ohr träufeln, Watte darin
tragen, den Hals warm halten u. s. w. Sieh, Christoph, das
müssen die Conferenzen sein."
„Und weiter war es wirklich Nichts?
„Weiter durchaus Nichts."
„Und dafür zwei Thaler, wenn er dieselben Gänge in mein
Haus schon anderweitig in Rechnung gebracht Hat? Doktor
Senff, Du bist ein tüchtiger Arzt, Dein Verdienst halte ich in
Ehren, und Deine Mühen lohne ich gern, aber so mußt Du
mir nicht kommen!"
„Ja," fügte die Frau hinzu, „das ist freilich auffällig ge-
rechnet. Das Bischen Zeit, was ich ihm durch meine Frage
noch genommen habe, schien gar nicht einmal Werth für ihn zu
Haben. Hatte er doch keine Eile, sondern bisweilen ist er noch
mit mir in den Fleischerladen getreten, hat sich mit Ruhe und
Muße die Schinken angesehen, hat gefragt, wie's jetzt mit seiner
Lieblingsart von Würsten stehe, und ob die Rinderzungen bald
reif seien."
„So, das hat er gethan?" unterbrach sie der Mann, und
plötzlich Hub er an, schelmisch zu lächeln, legte die Rechnung auf
den Tisch und sagte nur noch: „Wart, Doktorchen, das soll aus-
geglichen werden!" — Nun legte er das vom Arzte geforderte
Geld bereit, die zwei Thaler schlug er noch besonders in ein
Blatt Papier und schrieb darauf: „Conferenzgebühren," und
dann sandte er's dem Doktor zu. Gleichzeitig aber schickte er
ihm auch eine Rechnung mit, über die Sachen, welche für
Senff's Haushalt im Laufe der Zeit aus dem Fleischerladen
auf Conto geholt worden waren. Und als der Arzt diese
Rechnung durchlas, da stieg's ihm roth zu Gesichte, und auch
er fuhr sich voll Verlegenheit mit der Hand an den Kopf. Denn
unter den Posten Hatte Meister Fetting einen verzeichnet, der
da hieß:
„Für Wurst-Conferenzen mit meiner Frau 2 Thlr."
Doktor Senff hat ebenfalls diesen Posten ohne Widerrede
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Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Eine Verlegenheit beim Jahreswechsel"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Staunen
Rechnung
Ehefrau <Motiv>
Untersuchung <Medizin>
Karikatur
Fleischer <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Geldschneiderei

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 24.1856, Nr. 553, S. 6

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