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43

Geschichten, wie man sie

seh'n Se, Herr Bohnickel, man hat doch auch ein Herz un hat
Kinder, und mein Junge saß Sie draußen mit der Blechbüchse
und wollte Bilhettchen verkaufen, und wenn ich Sie nu daran
dachte, wie es wäre, wenn mein Junge sein Kopp da im Glase
stacke und sein Junge draußen bei der Blechbüchse säße, da
erwachte der Mensch in mir, un ich sagte ihm, wenn er mir
51 Dollar 50 Cent, 25 hatt' ich schon draußen, wieder-
gäbe, so möcht' er den Kopp meinetwegen mitnehmen. Ich
wollt Nichts daran verdienen, das wäre Einkaufspreis. Ehr-
licher kann wer nich handeln, wie, Herr Bohnickel?"

Bohnickel. „Ne, Herr Müller, das war sehr scheene
von Ihnen."

Müller. „Na, nu hören Se, wie's weiter wurde.
Wie ich Se von 51 Dollar 50 Cent sage, fällt Sie der
Alte noch einmal um, rauft sich die Haare aus, wirft sich
uf de Erde und jammert und lamentirt Sie, bis meine Frau
heruntergestürzt kam. Nun ging das Geflenne da auch los,
un um's kurz zn machen, erklärte Sie der Alte, er hätte
nur 10 Dollar un 25 Cent, nich enen rothen Heller mehr
auf der Welt, un wenn ich ihm seinen Sohn seinen Kopp
dafür nich lassen wollte, dann sollt ich ihm seinen auch ab-
schneiden un daneben stellen, denn länger wollt' er nich leben,
un sein Blut das solle über mich kommen, un als Gespenst
wolle er mir auch noch erscheinen. Kurz, Herr Bohnickel,
er versprach mir Alles Mcgliche, un dann ging das Gejammer
und Geheile wieder an. Endlich kriegt ich's en satt — eit ,
scheenes Geschäft hatt' ich gemacht — 41 Dollar 25 Cent J

sich in Thüringen erzählt.

rein zum Fenster 'naus geworfen, aber du lieber Gott, was
wollt ich machen, mer is emal en Deitscher un hat en Ge-
müth un da ließ ich en mit 10 Dollar 25 Cent richtig
laufen, nahm meinen Jungen mit der Büchse un den An-
schlagzettel wieder rin, faltete das Tischtuch zusammen, das
mernoch emal brauchen konnte, un steckte die Hände in die Taschen."

Bohnickel (gerührt). „Herr Müller, geben Se mir
Ihre Hand — den Vater haben Sie glücklich gemacht —
Sie haben gehandelt wie ein braver Mann."

Müller. „Wie ein Esel, Herr Bohnickel, sag' ich
Sie — da kennen Sie die Amerikaner nich."

Bohnickel. „Aber wenn en Vater seinen Sohn —“
Müller. „Papperlapapp — Vater un Sohn — wie
ich nach einer Stunde wieder 'naus vor die Thür' komme,
seh ich Sie drüben an einem kleinen Häuschen auch einen
Anschlagzettel kleben un ene Parthie Menschen draußen vor
der Thüre Geld bezahlen und hinein gehen. Ich schlendere
auch so sachte gans hinüber und überlege mir eben so, wie
ich nu etwa die Viertel-Dollar hätte Hand über Hand ein-
nehmen können. Wie ich aber vor den Zettel komme, können
Sie sich mein Erstaunen denken, als ich darauf geschrieben
sehe: „Hür ist zn sehen der Kopp des furchtbaren Raub-
mörders Joseph Willem Brettschah, für einen Viertel-Dollar."
Na, nu kennen Sie denken, daß ich gleich hinein wollte,
um den Betrieger, der hier einen nachgemachten Kopp zeigte, j
zu entlarven, der Junge aber an der Thür ließ nich locker,
ich mußte richtig meinen Viertel-Dollar blechen, un nu mußt'
ich doch, ich hatte man blos den ächten gehabt, un den
hatte jetzt der Vater, der ihn mit seinen Thränen benetzte.
Aber wie ich 'nein trete, denk' ich mich rührt der Schlag,
denn auf dem. Tische in meiner Glasflasche steht mein Kopp
für 51 Dollar 75 Cent und die einzigen 25 Cent, die ich
dafür Angtreh bekommen, hatt' ich hier wieder blechen müssen.

„Hür, meine Herrschaften," sagte dabei der alte graue
Bösewicht mit die weißen Haare un machte ein ganz freund-
liches Gesicht, wie er mich hereinkommen sieht, „hür belieben
Sie zu bemerken, hier ist der Kopp von dem scheußlichen
nichtswürdigen Raubmörder Joseph Willem Brettschah, der
in dem letzten Jahre allein über vier un zwanzig Mord-
thaten an Männern, Weibern und Kindern verübt hat."

„Aber Herr Jeses" schrie ich, „lassen Sie denn den
Kopp von Ihren eigenen Sohn sehn?"

„Der Kopp!" sagt da der alte Bösewicht, „hat mich in
seiner Jugend viel Geld gekostet, un Hab' ich's ihm damals
nich aus'm Puckel rausschlagen können, so will ich jetzt sehn,
daß ich's aus'm Kopp duhe." «

Jetzt ward' ich aber falsch un wollte meinen Kopp wieder
haben, denn wenn ich das wollte, so hett ich en selber kennen
sehen lassen; aber Gott bewahre. Der alte Sünder behauptete,
er hält' en gekauft un könnte er mit machen was er wolle,
un ein Advokat, dem ich die Sache erzählte, sagte mir, ich
sollt' ihm zehn Dollar geben, dann wollt' er mir zu meinem
Rechte verhelfen. Wie ich ihm die gegeben hatte, schlug er
ein großes Buch auf, suchte eine Viertelstunde drin herum


Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Geschichten, wie man sie sich in Thüringen erzählt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
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Amerika
Deutsche <Motiv>

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Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 582, S. 43
 
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