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| 118 Die Herrenshawls im Gebirge.

'Erster Tiroler. „Wohin, Bruder?"
Zweiter. „Auf Tegernsee eini."

Erster. „Nir drinnen, g'rad kimm ich außi; da fern die
Teppichhändler aus dem Ausland drinn im Dutzend nach, hat
jeder -los an oanzigen Teppich und bringt den nit an."

Die Creditaktien.

Eine einfache Geschichte in Briefen.

Julius an Raphael.

„Lieber Raphael! Meine Hand zittert, mein Kopf fiebert,
mein Herz ist krank/ denn — ich bin verliebt. Ja, ich liebe
j sie, die ich nie mein werde nennen können, fie die engelgleiche
Amalia, fie die einzige Tochter des reichen Banquiers Dicksack;

! und wer bin ich, ein armer Poet, der mit einem jährlichen
! Einkommen von 500 Gulden um fie nicht werben kann. Ja,
i Raphael, meine Nächte sind schlaflos, ich denke und sinne, reich
zu werden. Ich habe meine Gedichte neu gesichtet und geord-
net und will fie dem Verleger schicken. Vielleicht —"

P. 8. „Schicke mir, träumerischer Raphael, Werther's
Leiden."

Raphael an Julius.

„Lieber Kulius! Bleibst Du denn immer der Alte? — ich
bin längst ein Anderer geworden, ich gehe jetzt auf die Börse
und bin nicht mehr träumerisch. Ich glaube, Du wärst schon
in jenem Alter, wo man seine Gedichte zum T....l schickt und
nicht zum Verleger. Was Deine Liebe betrifft, Dicksack ist ein
gutes Haus und kann Dir daher die Tochter anrecommandiren.
Auch mußt Du nicht in Betreff Deines kleinen Einkommens
! verzagen. 500 Gulden sind zu 5 Prozent gerechnet 10,000

Die Creditaktien.

Capital. Speculire mit Creditaktien; auch mit Nordbahn ist
noch zu machen."

P. S. „Werther's Leiden habe ich verbrannt, dafür eine
Cursberechnungstabelle."

Julius an Raphael.

„Lieber Raphael! Ich habe Dir gefolgt, d. h. theilweife,
ich dichte zwar noch immer, gehe aber dabei auf die Börse.
Man sieht mich jetzt oft, Lenau's Gedichte in der Hand, „in
Kost nehmen" oder „Stellagegeschäfte" machen. Wie bin ich
Dir verbunden. Gestern stellte ich mich Herrn Dicksack vor,
er lud mich zu Tische — ich saß an der Seite meiner gelieb-
ten Amalia, der Himmel hing »oller Geigen. Dicksack fragte
mich um meine Vermögens-Umstände, und als ich sie ihm- ent-
deckte, denke Dir meine Lage, nannte er mich einen Jugend-
und Mädchen-Verführer. Amalia lächelte sanft und reichte mir
Hut und Stock. O, Raphael, Du kannst Dir nicht die Ver-
zweiflung meines Herzens vorstellen. Ich rannte auf die Börse,
speculirte mit Summen, die ich nie besaß und seit zehn Tagen
bin ich ein reicher Mann. Ich fange an, einzusehen, lieber
Freund, daß der „gelbe Koth" doch recht angenehm ist, denn
die Folge meines Gewinnstes war, daß Banquier Dtcksack mich
freundlich in sein Haus cinlud, was ich der lieblichen Amalia
wegen gerne annahm. Ich kaM hinauf, Amalia nahm mir
lächelnd Hut und Stock ab und — ja, Raphael, es ist wahr
— ich bin ihr Bräutigam, und weißt Du, wem ich das zu
i danken habe? Den Creditaktien, die ich 216% kaufte und die
jetzt 392% stehen. Lebe wohl, guter Raphael, wünsche mir
Glück! Dein Freund.

P. 8. „So eben erfahre ich, daß die Creditaktien auf
392% stehen."

Raphael an Julius.

„Lieber Julius! Mit wie anderen Gefühlen als sonst
schreibe ich Dir heute, o Glücklicher, der Du ü In Hausse spe- >
culirt hast. Das Papier mit seiner Tendenz zum Steigen hat i
Dich reich gemacht. Deine Jugendeseleien hast Du als unver- |
zinslich aufgegeben und mit Recht. Dicksackens Tochter (ist es j
wahr, daß sie 350,000 fl. Mitgift hat?) wird Dich zum Glück- !
! lichsten der Sterblichen machen. A propos ich bin seit gestern !
! mit der Tochter des Mehlfrüchtenhändlers Krautstock verlobt,
j fie ist nicht so reizend, wie Deine Amalia (sie hat nur 280,000
Gulden), aber ich bin zufrieden, denn ich habe das Jungge-
scllenleben satt. Lebe wohl!"

P. 8. „Verkaufe, spiele ä la Baisse, ein hiesiger Ban-
quier wirst Millionen Creditaktien aus den Markt und drückt
die Preise; dafür haben Nordbahn Tendenz zum Steigen. Ver-
suche es damit."

Julius an Raphael.

„Lieber Raphael! Ich schwimme in einem Meere von
Entzücken; Amalia liebt mich heiß, mir ist jetzt die Erde ein
Paradies. Der stühcre Bräutigam Amaliens, Salomon Alpari
aus Triest, hat ü la Baisse gespielt und sein halbes Vermögen
verloren. Mir schwimmt es vor den Augen, ich kann mein
j Glück nicht fassen. Deinen Rath kann ich nicht befolgen, meine
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Herrenshawls im Gebirge"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schal
Erlös
Gebirge <Motiv>
Händler <Motiv>
Frustration
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Tiroler

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 591, S. 118
 
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