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Sein Ideal.

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Lcscrn die geheime Ursache der eigenthümlichen Veränderung
unseres jungen Malers anvertrauen.

Diejenigen unserer Leser, welche einmal jung waren, und
diejenigen, welche es noch sind, werden uns wohl verstehen, wenn
wir sagen, daß in Fritzens Busen ein neuer Morgen aufge-
dämmcrt war. Aber nur ein junger Maler kann cs begreifen,
wie üppig und bunt die jungen Blümelein des neuen Lenzes
in Fritzens Herzen cmporgeschoffen sein mochten. Er war bis
dato nie verliebt gewesen, das heißt, so recht verliebt, daß wir
Poeten Novellen fabriciren könnten, und wenn er es sich ja
einmal glauben lassen wollte, in diese oder jene Blonde ver-
narrt zu sein, so täuschte er sich nur selber, denn da war es
immer wieder diese oder jene Blauäugige, die seine Gefühle
wieder zum Schwanken brachte oder eigentlich das Gleichgewicht
derselben herstellte.

Er mußte selbst zu dieser Einsicht gelangen, und zwar an
demselben Tage, wo er so sorglos zum KnnstauSstcllungsgcbäudc
geschlendert war. Er wußte gar nicht, daß der geflügelte
Schalk die Thüre, deren Klinke er so arglos ergriff, zum Hin-
terhalt gewählt hatte und seinen spitzigsten Pfeil gegen seine
Brust losschnellcn würde.

Er trat in den Saal, und das erste, was ihm cntgcgcn-
blickte, war ein Bildniß, — ein Bildniß; in demselben Saale
mochten Mädchcnköpsc mit blondern Haaren, blauern Augen,
von phantasicvollcrn Künstlern mit idcalischer Physiognomie
ausgestattct, prangen, — aber diese Seele, dieses Etwas, das
ihn stundenlang magnetisch anzuziehen vermochte, diese Seele
besaß nur sic. Fritz hatte sein Ideal gefunden, ja, war cs
ihm doch, als kenne er sie so wohl, so wohl, als hätte er sie
täglich, stündlich gesehen; es konnte gar nicht anders sein, einst,
als seine Seele noch unter Seelen wandelte, als Gott seinen
lebendigen Odem noch nicht in irdische Körper gehaucht hatte,

mußte er an ihrer Seite die ewigen Bahnen des Himmels
zwischen den ewigen Sternen gewandelt sein.

Er stand und stand, — doch plötzlich wendete er sich um,
ergriff den Hut, den Katalog und ging. Ein großer, fester
Entschluß war ihm in der Seele ausgegangen, ja, sollte auch
sic ein gütiger Gott vom Himmel hcruntcrgesendet haben, so
mußte er sie finden, und sollte er die ganze Erde rundum
bereisen.

Die Mama hatte nachgegeben, und war am Ende zu-
frieden, als Fritz die Abreise auf acht Tage verschob, um
Zeit zu den nöthigcn Vorbereitungen zu gewinne», und der
lieben Mutter die Freude zu gönnen, sich unterdessen wenigstens
noch an seinem Anblicke satt zu sehen.

Endlich aber brauste die Locomotive und fort gings nach
Düsseldorf.

In Düsseldorf nämlich wohnte Reinhold, der Maler je-
nes Ideals, — so viel hatte Fritz ans dem Kataloge der Gc-
mälde-Gallerie ersehen.

Warum aber Fritz sich nicht lieber brieflich an den
Künstler mit der Anfrage wendete, ob ein lebendes Original
seines Werkes auf Erden zu finden sei, — mit dieser Frage
magst Du Dich, lieber Leser, an Fritz selber wenden, denn wir
hätten das ebenfalls für klüger gehalten; vielleicht aber, daß er
diese Angelegenheit für zu delikater Art hielt, um sic einer
löblichen Post-Anstalt anzuvertrauen, genug er war in Düssel-
dorf angelangt, und kaum hatte er seine Effekten untergebracht,
kaum hatte er die Wohnung des Herr» Reinhold glücklich
ausgespäht, als er auch schon an dessen Thüre klopfte. Aengstlich
pochte sein Herz, als er auf das zu gewärtigende „Herein"
lauschte, aber keine Stimme ließ sich hören. Nichtsdestoweniger
legte er die Hand an die Klinke, — die Thüre war verschlossen.
Eilenden Fußes begab sich Fritz zum Hausinspcktor, um von
diesem den gegenwärtigen Aufenthalt des Malers zu erfahren.

„Der ist vor zwei Wochen nach Wien gereist," — lautete
die trostlose Antwort.

„Nach Wien?" rief Fritz halb in Verzweiflung, „ich
bitte um seine Adresse."

Diese Bitte ward ihnz gewährt, er hatte Reinhold's Karte
in Händen, und nun war es auch für ihn keines Bleibens mehr
in dieser Stadt.

Abermals brauste die Lokomotive und abermals wollte
Fritzens Herz vor Ungeduld vergehen, das feurige Roß war für
seine beflügelte Sehnsucht noch immer zu langsam.

Doch endlich, endlich! — Da lag die große Stadt mit
ihren vielen Merk- und Sehenswürdigkeiten. Für Fritz aber
gab cs hier weder etwas zu sehen, noch zu hören, sein Ideal
schwebte ihm stets vor Augen.

Nach stundenlangem Suchen und Forschen hatte er die
Wohnung des Herrn Reinhold gefunden. Diesmal war ihm
der Zufall weniger tückisch gesinnt, und er traf den talentvollen
Künstler in der besten Laune. Daß freilich mehrere gute Freunde
ebenfalls im Zimmer waren, welche bereits einigen Flaschen
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sein Ideal"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Muttenthaler, Anton
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Ausstellung
Bildbetrachtung
Maler <Motiv>
Bild <Motiv>
Faszination
Karikatur
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 26.1857, Nr. 605, S. 34
 
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