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38 Auserlesene Gedichte weiland Gottlieb Biedermaiers.

TlJo(j(ineineiiöe driebens = Pyramide

; dem Genius der Humanität gewidmet, als sich die Preußen
und die Schweizer i» einen Krieg verwickeln zu wollen schienen.

(Von Herrn Oberaufschlagamts-Controlcur Vinzenz Zuckerte in für die
Biedcrmaicr'schc re. Gedicht-Sammlung gefälligst mitgethcilt.)

Faß' ich in's Aug' die jetzigen schlimmen Zeiten,

Und wie erschwert die schlicht'ste Lebsucht ist,

Möcht' mir vor Gram der Griffel schier entgleiten,

Wenn ich vernehm', daß man zum Krieg sich rüst't,

Und daß, — wie einst in dunklen Heiden-Strcitcn,

Wo noch der Mensch nicht war zugleich auch Christ, —
Sich Preußen jetzt und Schweizer ohn' Erbarmen
Ermorden woll'n, statt brüderlich umarmen.

O denke doch an Hausstand, Frau und Kinder,

Du Preuße, und du Hirt der Alpenflur,

Denkt Eurer Obstveredlung, Eurer Rinder,

Und minder nicht auch der -Agricultur;

Denkt, — ob besiegt, ob Ucbcrwinde'r
Ihr operirt auf blutgetünchter Flur. —

Daß Ihr dadurch nur's Leben Euch verkürzet
Und' obendrein den Staat in Schulde» stürzet! ')

Nur die Cultur leiht wahre Lebenswonnen,

Humanität heischt unsres Zeitgeists Blick, —

Der Eisenbahn-Transport der Legionen
(Sowohl die Hinfahrt, als die Fahrt zurück,) ^)

Verschläng allein vielleicht schon Millionen,

Und was wär' dann geschch'n zum Völkerglück?! —
Drum reicht die Hand Euch jetzt in Fried' und Freuden,
Laßt Euch durch Zorn zur Unbill nicht verleiten!

Der Friede nur, und noch Einmal der Friede,

Streut Samen aus, der goldncs Fruchtkorn trägt,

Drum stürzt nicht frevelnd seine Pyramide, •')

Die, biedren Sinns, der Philantrope hegt;

Wie? — oder soll zur craffcn Eumcnide 4)

Dieß kleine Ncu'nburg werden, streiterregt?!

Nein, nein! und zu Bellonas eh'rncn Thoren 5)

Bleib ewiglich der Schlüssel Euch verloren! 6)

Froh kehrt Euch ab vom blut'gcn KriegStheatcr,

Wohl Euch, wenn meinem schlichten Sang Ihr glaubt,
Wißt, denn auch ich bin ein Familien-Vater,

Und grau in Ehren ward mein redlich Haupt.

O seht den Friedens-Genius! Schon naht er
Mit zweien Palmenzweigcn, grün belaubt, ")

Und schlingt um Euch dann seine Rosenketten,

Versöhnt vor seinen Weihaltar zu treten.

Anmerkungen des Herrn Verfassers.

') Man verzeihe dem Dichter als solchem diese poetische Lizenz. Sie
beruht auf constatirtcr Wahrheit der Erfahrung.

2) Natürlich würden die Kosten der Hinfahrt schwerer in die Wagschalc
der Finanzen, die der Heimfahrt dagegen schwerer in die Wagschalc
der Humanität fallen!

3) Bildlicher Ausdruck für die feste Dauer und Haltbarkeit des Welt-
friedens; daher der Name des festesten, auf uns überkommenen Bau-
werkes, der Pyramiden — vom Dichter gewählt ward.

4) Eine figürliche Vorstellung des bösen Gewissens und der Reue von
den alten Griechen, und hier als dichterische Verstärkung des Er-
schrecklichen kaum anzustreitcn!

5) Gleichfalls eine heidnische Vorstellung der Alten, die sich den Krieg
als ein böses Frauenzimmer imaginirtc», und Bellona (von bellum
belli: der Krieg abgeleitet) benannten.

6) Die hohe Person im Westen, die sich der Dichter als den eigentlichen
Schlüssel-Bewahrer gedacht hat, in dem Gedichte anzudcuten, wurde
ihm von mehreren hochachtbaren Gönnern und Freunden seiner Muse
widcrrathcn. §ap. sat.!!! —

’) Abermals eine Fiction der Alten, die indessen auch Herr ZcichnungS-
lchrer F. S. Schöpplc in seiner schönen und sinnvollen Abbildung
fest zu halten für würdig befunden hat.

Guter Grund.

S chm uh le. „Jst's wahr, ich habe gehört, Du hast bekommen
ein' Patsch (Maulschelle) vor alle Leute? wie schämst Du Dich
nicht? warum hast sie ihm wenigstens nicht zurück gegeben?"

Jtzig. „Narr! wcrd' ich Dir sagen, wenn ich ihm den
Patsch zurück gicb, und wir patschen einander so fort, kommt
ja gleich wieder die Reihe an mich!!"

Gesuch.

Für einen liederlichen Neffen, der viele Schulden hat,
wird baldigst ein reicher alter Onkel gesucht. Kränkliche er-
halten den Vorzug; im Nothfall kann übrigens der Onkel auch
eine Tante sein.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Auserlesene Gedichte weiland Gottlieb Biedermaier's"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Ille, Eduard
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Soldat <Motiv>
Personifikation
Geste <Motiv>
Biedermeier
Denkmal
Friedensvertrag
Karikatur
Friede
Satirische Zeitschrift
Preußen
Schweizer <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 26.1857, Nr. 605, S. 38

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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