Als die beiden Flügel verzehrt waren, ging er wieder hin
und schaute nach dem Herrn und sah ihn nicht. „Ei!" fiel ihm
ei», „wer weiß, sic kommen wohl gar nicht und sind wo cin-
gckehrt." Darauf sprach er: „Schau Nepomuck, sei guter Dinge,
das eine ist doch angegriffen, thu noch einen frischen Trunk
und iß es vollends dazu, wenn's all' ist, hast Du Ruh; warum
soll auch die schöne Gottcsgabe umkommen!"
Der kluge Ko ch.
nun schon jahrelang mit mir, und verkennt mich immer; ich will
indessen selbst hinlaufcn und den alten Kauz holen!"
Als der Herr den Rücken gekehrt hatte, legte Nepomuck
den Spieß mit den Hühnern bciseits und dachte: „so lang da
beim Feuer stehen, macht schwitzen und durstig, wer weiß, wann
sie kommen, derweil spring' ich in den Keller und thn einen
Schluck!"
Lief hinab, setzte einen Krug an: „Gott gcscgnc's Dir
Nepomuck, hast heut' tüchtig heran müssen" und that einen
guten Zug. „Der Wein hängt an einander und ist nicht gut
davon abbrcchcn;" that deßhalb einen bessern Zug. — Daraus
ging er wieder hinauf, stellte die Hühner abermals über's
Feuer, strich sie mit Butter und drehte den Spieß lustig herum.
Weil aber der Braten so gut roch, dachte Nepomuck: „es könnte
Etwas fehlen, versucht muß cs werden!" schleckte mit dem Finger
und sprach: „Gott, was sind die Hühner so gut, es ist ja
Sünd' und Schand', daß man sic nicht gleich ißt!"
Lief darauf an's Fenster, ob der Herr mit dem Gaste
noch nicht käme, aber er sah Niemand, stellte sich wieder zu
den Hühnern und dachte: „Der eine Flügel verbrennt, besser
ist's, ich eff' ihn weg." Also schnitt er ihn ab und aß ihn,
und er schmeckte ihm, und als er fertig war, dachte er: „Der
andere muß auch herab, sonst's mcrkt's der Herr, daß
Etwas fehlt."
Darauf lief er noch einmal in den Keller, that einen
ehrbaren Trunk und aß das eine Huhn in aller Freudigkeit auf.
Als er den Herrn noch immer nicht erblickte, beschaute er
das andere Huhn und sprach; „wo das eine ist, muß das
andere auch sein, die sind mit einander ausgewachsen, folglich
gehören sie zusammen, und was dem einen recht ist, das ist
dem andern billig; ich glaube, wenn ich noch einen Trunk thue,
so sollte mir's nicht schaden."
Also that er noch einen frischen Trunk und ließ das
zweite Huhn wieder zu dem andern laufen.
Als er so am besten aß, kam der Herr daher gegangen
und rief: „Nun beeile Dich, Nepomuck, der Gast kommt gleich
nach!" „Ja Herr, will's schon zurichten," antwortete Nepomuck.
Der Herr sah indessen, ob der Tisch wohl gedeckt war,
nahm das große Messer, womit er die Hühner zerschneiden
wollte, und wetzte cs auf dem Corridor. Indem kam der Gast,
klopfte sittlich und höflich an der Hausthüre; Nepomuck lief und
schaute, wer da sei, und als er den Gast sah, hielt er den
Finger an den Mund und sprach: „Bei Gott, seid stille, ver-
rathct mich nicht und macht geschwind, daß Ihr wieder fort-
kommt, sonst hat Eure letzte Stunde geschlagen, denn wenn
Euch mein Herr erwischt, so seid Ihr unglücklich, er hat Euch
zwar zum Nachtessen cingeladeu, allein er hat nichts Anderes
im Sinne, als Euch die beiden Ohren abzuschnciden. Hört
nur, wie er das Messer dazu wetzt."
Der Gast hörte das Wetzen mit Grausen und eilte, was
er konnte, die Vortreppe hinab. Nepomuck war nicht faul, lief
schreiend zu dem Herrn und sprach: „Da habt Ihr einen
schönen Gast cingeladeu!" „Ei warum Nepomuck, was hast Du?"
„Ja," sagte derselbe, der hat mir beide Hühner, die ich eben
und schaute nach dem Herrn und sah ihn nicht. „Ei!" fiel ihm
ei», „wer weiß, sic kommen wohl gar nicht und sind wo cin-
gckehrt." Darauf sprach er: „Schau Nepomuck, sei guter Dinge,
das eine ist doch angegriffen, thu noch einen frischen Trunk
und iß es vollends dazu, wenn's all' ist, hast Du Ruh; warum
soll auch die schöne Gottcsgabe umkommen!"
Der kluge Ko ch.
nun schon jahrelang mit mir, und verkennt mich immer; ich will
indessen selbst hinlaufcn und den alten Kauz holen!"
Als der Herr den Rücken gekehrt hatte, legte Nepomuck
den Spieß mit den Hühnern bciseits und dachte: „so lang da
beim Feuer stehen, macht schwitzen und durstig, wer weiß, wann
sie kommen, derweil spring' ich in den Keller und thn einen
Schluck!"
Lief hinab, setzte einen Krug an: „Gott gcscgnc's Dir
Nepomuck, hast heut' tüchtig heran müssen" und that einen
guten Zug. „Der Wein hängt an einander und ist nicht gut
davon abbrcchcn;" that deßhalb einen bessern Zug. — Daraus
ging er wieder hinauf, stellte die Hühner abermals über's
Feuer, strich sie mit Butter und drehte den Spieß lustig herum.
Weil aber der Braten so gut roch, dachte Nepomuck: „es könnte
Etwas fehlen, versucht muß cs werden!" schleckte mit dem Finger
und sprach: „Gott, was sind die Hühner so gut, es ist ja
Sünd' und Schand', daß man sic nicht gleich ißt!"
Lief darauf an's Fenster, ob der Herr mit dem Gaste
noch nicht käme, aber er sah Niemand, stellte sich wieder zu
den Hühnern und dachte: „Der eine Flügel verbrennt, besser
ist's, ich eff' ihn weg." Also schnitt er ihn ab und aß ihn,
und er schmeckte ihm, und als er fertig war, dachte er: „Der
andere muß auch herab, sonst's mcrkt's der Herr, daß
Etwas fehlt."
Darauf lief er noch einmal in den Keller, that einen
ehrbaren Trunk und aß das eine Huhn in aller Freudigkeit auf.
Als er den Herrn noch immer nicht erblickte, beschaute er
das andere Huhn und sprach; „wo das eine ist, muß das
andere auch sein, die sind mit einander ausgewachsen, folglich
gehören sie zusammen, und was dem einen recht ist, das ist
dem andern billig; ich glaube, wenn ich noch einen Trunk thue,
so sollte mir's nicht schaden."
Also that er noch einen frischen Trunk und ließ das
zweite Huhn wieder zu dem andern laufen.
Als er so am besten aß, kam der Herr daher gegangen
und rief: „Nun beeile Dich, Nepomuck, der Gast kommt gleich
nach!" „Ja Herr, will's schon zurichten," antwortete Nepomuck.
Der Herr sah indessen, ob der Tisch wohl gedeckt war,
nahm das große Messer, womit er die Hühner zerschneiden
wollte, und wetzte cs auf dem Corridor. Indem kam der Gast,
klopfte sittlich und höflich an der Hausthüre; Nepomuck lief und
schaute, wer da sei, und als er den Gast sah, hielt er den
Finger an den Mund und sprach: „Bei Gott, seid stille, ver-
rathct mich nicht und macht geschwind, daß Ihr wieder fort-
kommt, sonst hat Eure letzte Stunde geschlagen, denn wenn
Euch mein Herr erwischt, so seid Ihr unglücklich, er hat Euch
zwar zum Nachtessen cingeladeu, allein er hat nichts Anderes
im Sinne, als Euch die beiden Ohren abzuschnciden. Hört
nur, wie er das Messer dazu wetzt."
Der Gast hörte das Wetzen mit Grausen und eilte, was
er konnte, die Vortreppe hinab. Nepomuck war nicht faul, lief
schreiend zu dem Herrn und sprach: „Da habt Ihr einen
schönen Gast cingeladeu!" „Ei warum Nepomuck, was hast Du?"
„Ja," sagte derselbe, der hat mir beide Hühner, die ich eben
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der kluge Koch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 26.1857, Nr. 608, S. 58
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Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg