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I 1)2 Ein englische'

völlig in Verwirrung zu setzen. Erst die barsche Anrede Mohr-
bachs brachte ihn wieder etwas zur Besinnung.

„Was zum Tcusel führt Sic wieder hieher?" polterte der
j Alte, „haben Sie den Abschied von Gestern noch nicht vergessen?"

„Ich haben vergessen ihn", sagte gedehnt der Lord und
nahm auf einem hölzernen Stuhle Platz.

„Aber was wollen Sie denn von uns?" frug finster
Mohrbach weiter.

„Ich uerdcn heirathe» Ihr Tochter 'Margret, ich uollen j
nehme» sie vor mein Weib", sprach feierlich Foolstone.

„Wie — Sie — meine Margarethe — heirathcn!" rief
erstaunt Mohrbach, dann aber brach er in ein schallendes Ge- :
lächtcr aus, das gar nickt enden wollte.

„Ich uollen hcirathen ihr uahrhaftig!" betheuerte endlich !
nochmals der Lord, dem das Lache» seines zukünftigen Schwie- i
gervatcrö gar nicht gefallen mochte.

„Ist das Ihr Ernst?" fragte Mohrbach, nachdem er
sich mit Mühe endlich gefaßt hatte.

„Es sein mein uahrer Uillc", versicherte wiederholt der Lord. !

„Dann muß ich freilich bedauern", meinte der Alte, der !
jetzt ernster und nachdcnkender geworden war, „aber das gehr
durchaus nicht an." >

„Uarum gehen es nicht an?" fragte Foolstone erschreckt. :

„AuS zwei sehr wichtigen Gründen", sagte Mohrbach.

,,Well, so nennen Sie mich das Grund", drängte der
Lord mit einer ihm sonst ungewohnten Eile.

Mohrbach überlegte einen Augenblick, wobei man bei
I einiger Aufmerksamkeit ein listiges Lächeln um seine Mundwin-
kel hätte bemerken können; dann begann er:

„Ich sage, daß wir aus zwei Gründen auf diese hohe
Ehre verzichten müssen; denn einmal würden Sie doch Ihre
Frau gewiß mit in Ihre Heimath nehmen wollen, und der
Alte müßte da freilich auch mit, denn von meiner Tochter
i würde ich mich nie trennen. Aber wenn wir von hier fort
wollten, so würden erst die hochlöblichcn Gerichte koinmen und
von mir verlangen, daß ich meine Schulden bezahlen müsse,
und das kann ich nicht, denn ich habe kein Geld. Dies ist der
! erste Grund, wenigstens für mich der erste."

„Uie viel ist das Schuld?" fragte glcichgiltig der Lord.

„Viel, sehr viel," sprach seufzend Mohrbach, „so manche
Widerwärtigkeit hat mich in. das Unglück gebracht, und jetzt
mögen wohl meine Schulden mehr als hundert Thalcr betragen."

Der Lord lächelte über die Geringfügigkeit dieser Summe
und griff in die Tasche, um hier sofort als Helfer cinzuschrei-
ten, allein in der Eile, in welcher er den Gasthof verlasse»,
hatte er seine Börse dort vergessen. Schnell war er jedoch
j entschlossen und mit den Worten: „Uartcn Sie, ich uollen holen
> der Geld!" war der Lord in rascheren Schritten als gewöhn-
lich schon auf dem Rückwege zum Gasthosc.- In kurzer Zeit
kehrte er zu Mohrbach zurück und händigte diese,» eine Summe
ein, die wenigstens fünfmal so stark war, als der Schuldbetrag.
Mohrbach zögerte, das reiche Geschenk anzunehmen, allein der
Lord drang es ihm aus und verlangte nun auch den zweiten

c Liebhaber.

Grund zu wissen, der seiner Ehe mit der schönen Margarethe
entgegenstünde.

„Dieser Grund", sprach mit Seufzen und immer größer
werdender Verlegenheit der Alte, „dieser Grund ist freilich sehr
wichtig, zumal wichtig für meine Tochter. Sic sollen ihn so- ,
gleich selbst sehen," schloß Mohrbach, indem er die Thürc
eines Ncbengemachs anfzog, in welchem Margarethe an der
Seite eines hübschen, sonnenverbrannten, jungen Mannes sicht-
bar wurde.

„Dort steht der zweite Grund, der Mann meiner
Tochter", rief Mohrbach, während derLord die beiden jungen
Leute höchst verblüfft und überrascht anstarrte.

Die Sache aber verhielt sich in der That so; Margarethe
war schon seit Jahresfrist mit einem kräftigen Burschen verhei-
rathet, der ein Forstwächter war, wie ehemals sein Schwieger-
vater, und den sein Berus gestern vom Hause entfernt gehalten
hatte. Auf diesen Umstand spielte ich an, als ich sagte, daß
ich zur nothwendigcn Erhaltung des Schlußcssckts etwas in der
Beschreibung Margarethens auslasscn müsse. Dasselbe hatte der
Wirth in Blankenburg drinnen ebenfalls bei seiner ersten Un-
terredung dem Engländer mittheilcn wollen, aber der Lord mochte
damals den Bericht gar nicht bis zum Schlüße anhörcn. Deß- j
halb spielte jetzt auch Foolstone eine wirklich bemitlcidenswerthc
Figur, bis sich sein Zorn endlich gegen Mohrbach Luft machte.

„You old fool! Sie altes Narr!" rief er dem ver-
schmitzten Mohrbach zu, „uarum Hab Sic mir »ich gesagt i
das zweite Grund vor das erste?"

„Entschuldige» Euer Gnaden", entgcgnetc der Alte, „weil
für mich der erste Grund der wichtigere war. Uebrigcns",
setzte er mit Seufzen hinzu, indem er das empfangene Geld
dem Lord wieder hinreichtc, „übrigens kann ich jetzt hierauf
auch keine Ansprüche mehr machen. Hier, nehmen Sie cs zurück."

„No, no, ich nehmen nichts zurück," versicherte der Lord,
„es sollen sein ein Präsent vor Margaret."

Die Beschenkten wollten jetzt ihre innige Dankbarkeit ans-
sprcchen, allein der Lord entzog sich ihnen und verließ rasch
das Zimmer. Still ging er nach der Stadt zurück, an der
letzten Biegung des Weges aber, da wo man Mohrbachs
Häuschen noch einmal erblickt, hat sich Foolstone umgcwandt
und einen letzte» wehmüthigen Blick auf den Schauplatz seiner
zerrissenen Hoffnungen geworfen. Man behauptet sogar, cs
habe dabei eine Thränc in seinem Auge geglänzt.

Im Gasthofc wurden sofort Anstalten zur Rückreise ge-
troffen und ehe noch eine Stunde vergangen war, rollte der
arme Lord wieder seiner Heimath zu. Charles hatte dabei
wieder volle Gelegenheit, dem Schlafen und Schnarchen obzu-
liegcn. Ob aber drinnen im Wagen der Lord wieder ebenso
viel gegähnt habe, als auf der Herreise, das wage ich stark
zu bezweifeln, denn ein Herz voll getäuschter Hoffnungen läßt
nie die Langeweile aufkommen, sondern erhält den armen Be-
troffenen wach mit traurig quälenden Bildern.

Nachmals ist der Lord auch ein rechter Sonderling ge-
worden und endlich als Hagestolz verblichen.
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