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Einige von de» Gardinen-Predigten re.

Streite, wenn es gegenseitig zu einer solchen Gleichgültigkeit
gekommen ist, wie zwischen uns? Ich lasse dich gehen, du
magst machen und treiben was du willst, aber nur das Eine
möchte ich wissen, wo du am vorigen Dienstag gewesen bist?
Bei meiner Mutter warst du nicht, obwohl du weißt, daß die
arme Frau unwohl ist, und daß sic es gerne sieht, wenn man
ihr einige Aufmerksamkeiten erweist; . . . aber dn und Auf-
merksamkeiten, ein eingefleischter Egoist, der nur an sich und
nie an Andere denkt! Und im Theater warst du auch nicht,
aus dem einfachen Grunde, weil am Dienstag nicht gespielt
wurde, aber cs fällt mir ein, es kann ja wo anders gespielt
worden sein, wo du vielleicht deine Unterhaltung gefunden
hast?.. . Du warst auch nicht im Casino, nein, du warst an
allen diesen Orten nicht; irgendwo aber warst du. . . . Wo?
du denkst, ich weiß cs nicht? „Warum ich dich dann frage,
wo du gewesen bist?" Weil ich dir beweisen will, was für ein
vollendeter Heuchler du bist, und daß es dir aber nichts nützt,
da ich mich nicht von dir täusche» lasse.

Also bei allen deinen sonstigen guten Eigenschaften bist
du jetzt auch noch Billardspicler geworden? „Du hast nur ein-
mal gespielt?" Du hättest gerade so gut tausendmal spielen
können, du hättest dann nur um etwas früher als erst jetzt
in deinen alten Tagen damit angcfangcn. Und da nun der
Anfang gemacht ist, wirst du so bald nicht mehr aushören,
du wirst nicht eher aufhören, als bis du dich und deine arme
Familie ruinirt hast. Wenn es sich nur noch um dich allein
handeln würde, dann könnte man dazu schweigen, aber deine
Binder, Griesmeicr, an die muß ich als Mutter denken und
um ihretwegen muß ich dir sagen, was ich von einem Billard-
spieler denke. Zch behaupte vor Allem, daß ein Billardspieler
ei» Mensch ohne Vernunft ist, denn welches Vergnügen kann
ein vernünftiger Mensch an diesem einfältigen Herumpuffen
von Kugeln finden, bis er sie in ein Loch hineinbringt. Und
tu ein ehrlicher Strumpfwirker, wenigstens brüstest du dich
immer mit deiner Ehrlichkeit, du kannst an einem so dummen,
kindischen Spiele Unterhaltung finden?... Aber was sage ich,
kindisch? ... Nein, ein Spiel, welches so theuer ist, wie das
Billardspielcn, ist kein kindisches Spiel, es ist das Spiel von
leichtsinnigen Verschwendern, von Schuldenmachern und Wirths-
hausstreuncrn, cs ist das Spiel der Tagdiebc, die auf keine
bessere Weise ihre Zeit zu verwenden wissen. „Es ist eine Er-
holung wie jede andere?". . . Ah eine schöne Erholung, wo
man immer auf den Füßen ist und sich abmüdct und erhitzt
und nebenbei seine Kleider verdirbt. Und wenn cs wirklich
eine Erholung wie jede andere wäre, warum ziehst du sic
dann der Erholung vor, die du täglick im Kreise deiner Fa-
milie finden kannst. Haben wir nicht ein Lotto, ein Glockcn-
und Hammerspiel und ein Domino? Aber freilich, es genügt
dir ja zu wissen, wie gerne ich Lotto spiele, um es zu hassen,
ich brauche dir nur zu sagen, daß es mir ein Vergnügen
machen würde, mit dir und den Kindern Glocke und Hammer
zu spielen, um dich aus dem Hause zu verlreibcn. Bist du
nicht seit lange nur mehr darauf bedacht, immer das Gcgen-

theil von dem zu thun, was mir angenehm wäre? Es gehört

ein so boshaftes Herz dazu, wie das dcinigc,.

Hier bricht Herr Griesmeicr mitten im Satze ab, indem
er, wie er nicht ohne Reue und Beschämung bekennt, gerade
bei dieser schmeichelhaften Wendung, die der Sermon seiner
Gattin zu nehmen anfing, in Morpheus Arme gesunken war.

V. Wie Frau Ursula Griesmeier sich megen eines
frlilendcn Hemdknopfes vertheidigt.

„Nun, ich hoffe, daß der Herr Griesmeicr jetzt weniger
üblen Humors sind als heute Morgens. Dann brauchst du
aber nicht zu pfeifen; man legt sich nicht nieder, um ein
Concert im Bett' zu geben. Aber so bist du. Ich darf kein
Wort mehr sagen, ohne daß du gleich grob gegen mich wirst.
Sonst war ich gewöhnt, dich das beste Geschöpf der Welt zu
nennen; aber so sebr hast du dich geändert, daß du jetzt ein
wahrer Dämon bist.

„Ich soll dich in Ruhe lassen?" Ich mag aber nicht.
Zch habe sonst keine Zeit, mit dir zu sprechen, und du mußt
mich hören. Wenn man den ganzen Tag so wie ich eingc-
spannt ist, freut man sich auf Abends, um sich erholen zu
können; das wäre nun nicht übel, wenn ich auch Abends nicht
. mehr sprechen dürfte. Es geschieht mir so nicht oft, daß ich
den Munt aufmachen kann, am Ende verlerne ich noch daS
Reden ganz.

Weil dir einmal im Leben ein Knopf an deinem Hemde
gefehlt hat, brauchst du da gleich so zu fluchen, daß das ganze
Haus zittert? „Du hast nicht geflucht?" O, du weißt eben
nicht, was du thust, wenn du in der Wuth bist. „Du warst
nicht in Wuth?" Du warst es nicht? Nun dann weiß ich
nicht, was Wutb ist, und ich meine doch, ich sollte cS jetzt
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Einige von den Gardinen-Predigten, die der ehrsame bürgerliche Strumpfwirker, Herr Ignaz Griesmeier, von seiner tugendsamen Gattin, Frau Ursula Griesmeier, geb. Zankeisen, während seiner 30jährigen glücklichen Ehe zu hören bekam"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Knopf
Ehefrau <Motiv>
Nähen
Karikatur
Hemd <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 34.1861, Nr. 813, S. 34
 
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