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Plaudereien.

Aus dcm Tagcbuche eines deutschen Musikdirektors
in Ostindien.

Montag: Wegen der großen Hitze bei Tage, Nachts

um zwei Uhr Regimcntsparadc. — Früh um sechs Uhr schla-
fen gelegt, aber bald erwacht. Ein Vampyr (aber nicht der
Marschner'sche) wollte mich an den Fußsohlen anzapfen.
Stiche der Muskito's so arg, daß mein Gesicht aussieht, wie
punktirtc Achtelnoten. — Beim Ankleiden einen Scorpion im
Stiefel gefunden.

Dienstag: Einen Birmancn-Todtschlagungsmar;ch kom-
Ponirt, indessen mein Bedienter seinen Bedienten prügelte. —
Anmeldung eines Schwarzen, der für zehn Silbergroschen Cou-
rant sich des Nachts ausziehcn und von den Muskito's wollte
stechen lassen, damit ich Ruhe habe. — Angenommen. —
Noch kein Brief aus Madras; wahrscheinlich hat den Post-
boten ein Löwe gefressen. — Heute starb in dcm hoffnungs-
vollen Alter von 200 Jahren Miß Baba, der Elephant, der
seit 56 Jahren unserm Regiment angehörte.

Mittwoch: Im Gasthaus zu den drei Bramincn höchst
billige Schildkrötensuppe gegessen; der Henkeltopf sechs Pfen-
nige. — Die vacantc Stelle eines Elephantcn in unserm Re-
giment ist heute durch einen Zicgenbock besetzt worden. — Die
Hitze heute so arg, daß in den Notenbüchcrn ein Presto in
ein Adagio umgeschmolzen. — Das gelbe Fieber wüthct
schrecklich; in meinem Musikchor hat cs bereits die Posaune,
die große Trommel und das Piston hinweggcrafft.

Donnerstag: Das gelbe Fieber hat in der Nacht auch
noch die zweite Trompete geholt. — Zum Vice - Gouverneur
geritten und ein Klavier in Ordnung gebracht, das seit 1817
nicht gestimmt worden war. — Zum Abcndbrod Nashorn-
Beefsteak, Cactus-Salat und etwas kalte Klapperschlange.

Freitag: Großer Schreck während des Mittagsschlafes
im Gartenhause, wo ein bengalischer Tiger hercinguckte und
Appetit nach Musikdirektor-Lende verspürte. — Denselben mit
ber lüs-Klarinettc sechsmal auf den Hirnschädel geschlagen und
dann eilige Flucht auf einen Gummibaum, wo ich sechs Stun-
den lang kleben blieb.

(Die politische Spürnase.) „Wissen Sic, Herr
Maier, warum das Bier neun Kreuzer kostet?" — „Ganz
einfach, weil der Hopfen so theucr war!" — '„Und warum
war der Hopfen so theuer?" — „Weil er mißgewachsen!"
— „Fchlgcschossen, Herr Maier; da sicht man halt wieder
klar, daß ihr Bürger von Politik einen Pfifferling versteht!
Der Napoleon ist schuld!" — „Der Napoleon?" — „Ja,
der Napoleon! Sehen Sie und das ist so: Napoleon studirt
alle Zeitungen; in den Zeitungen steht, daß in München und
in Bayern häufig Bicrkrawalle Vorfällen, die leicht in Revo-
lution umgcwandelt werden können! Napoleon braucht eine
deutsche Revolution, also kauft er durch eine Masse Agen-
ten allen Hopfen auf, der Hopfen wird enorm theucr, das
Bier wird theuer, der Krawall ist da und Napoleon reibt
sich in Unschuld die Hände."

Die äußerst honette Gesellschaft.

Es kamen einmal zu Meister Fuchs

Herr Hahn und Herr Hase; „sehr erfreut des Besuchs

So äußerst honetter Gesellschaft;"

Sprach der Hausherr, „warum nicht
Jst's Sterblichen vergönnt Ihre Umsicht,

Herr von Hahn, mit der feurigen Schnellkraft
Herrn von Hasc's vereinen zu können —

Das müßte man wohl vollkommen nennen —.

Ach, Sie sollten mich doch niemals verlassen,

Weil wir gar so gut zusammcnpaffcn.

Wär's wohl gefällig, indessen
Meine Frau bereitet das Mittagessen,

Zu besehen mein kleines Anwesen.

Herr von Hahn, dort hinterm Hagedorn
Liegt unbeachtet manch' mchlrcich' Korn;

Für Sic, Herr Hase, auf dieser Seit'

Ist buttcrmürbcr Salat bereit,

Das nimmt man so im Gehen mit
Und reizt dabei den Appetit;

Erlauben, Herr von Hahn, Sie zu begleiten,

Wir treffen Herrn Hase wieder bei Zeiten."

Aus den Papieren des Schusters von Jspahan.

Ihr Mädchen müßt mit uns nicht schmollen,

Daß mir von Hcirath nichts wissen wollen,

Weil das gcrad am besten zeigt:

Wie innig wir Euch zugencigt.

Ein Jeder will ja nur verhindern,

Daß je die Lieb' sich könne mindern,

Und weist darum nur die Hcirath ab,

Dieweil die Eh' der Liebe Grab.

Und als es Zeit zum Essen wär',

Da kömmt Herr Fuchs allein daher.

„Wo nur Herr Hahn und Herr Hase bleibt?"
„Sie sind schon da, mir einverlcibt,

Ich bin auf meine Ehr' pumpsatt,

Herr Hase war wirklich delikat,

Herr Hahn dagegen teuflisch zäh',

Sorg' nur für starken schwarzen Kaffee,

Ich freu' mich immer ganz esclhaft
Uebcr eine halbwegs honette Gesellschaft."

(Das thcure Andenken.) „Sa säh'n Sic d
Stock an! Er is nich brilliant, awcr ich gäb'n nich vor
dcrt Thaler her, — denn damit hawc ich meine liebe j
Frau gewiß hundertmal durchgcprügclt, un wenn ich'»
ansehe, kommen mcr allemal de Dränen in de Ogcn;
doch ene schöne Erinnerung!"

(Beim Apell.) Hauptmann: „Nächste Woche soll
ein Marsch stattsindcn, daß mir da aber nicht wieder aus je-
der Pfütze gesoffen wird. Denn was der Mensch Alles trinkt,
wenn er Nichts zu trinken hat, das glaubt kein Mensch!"
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