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Die kleinen Selbstherrscher.

aber habe als Belohnung die Erlaubniß erhalten, sich im
Hochbusch an Wild zu schießen, was er zur baldigen Hochzeit
mit der Nichte des Schloßgärtners zu Wcissig brauchen kann."

„Diesen Hohn werdet Ihr bereuen, denn der Arm meines
gnädigsten Herrn langt weiter als Ihr Euch träumt!" rief
voll Grimm der Schloßhauptmann. „Ach habe sonach hier
nichts mehr zu suchen, Ihr aber sollt zur Rechenschaft gezogen
werden, ob dieses Empfangs." Nach diesen Worten schritt er
hastig zur Thüre hinaus und, von seinen Begleitern gefolgt,
dem Schloßplatzc zu, wo er zu seinem Erstaunen nicht einen
Mann seines ihn hicher begleiteten Commandos erblickte, er-
schrocken aber bemerkte er au der drohenden Haltung der ver-
sammelten Volksmenge und aus den ihn treffenden Hohnredcn,
daß es am gcrathensten sei, so bald als möglich aus dem Be-
reich der Herrschaft Drchna zu gelangen, denn unverhvlcn
riefen ihm die herzoglichen Diener zu, daß für ihn noch
ein Platz im Burgvcrlicß übrig sei, und sie ihn hinführcn
wollten, sich dort einzurichten.

Es blieb ihm daher nichts übrig, als ein stark forcirtcr
Rückzug, um seine Mannschaft einzuholcn, die, aus gleichen
Gründen, vor einem mit Dreschflegeln und Heugabeln bewaff-
neten Volkshaufen die Flucht ergriffen und drohend streckte er
die Faust gegen das herzogliche Schloß aus, denn was ihm
wie ein Blendwerk erschienen, das hatte er in Wirklichkeit er-
schaut, die Nichte des Schloßgärtners, um die er geworben.
Er hatte sic nebst der Mutter des ihm verhaßten Leibjägcrs
am Fenster des Erdgeschosses im herzoglichen Schlosse erblickt,
er hatte ihr Lächeln bei seinem Rückzug bemerkt und den
Spott des ihm in den Tod verhaßten Leibjägers gehört, der
an der Spitze der Volksmenge, gleich deren Anführer, ihn mit
dem Burgverließ bedrohte. Rachcbrütend und wuthschnaubend
über das schmachvolle Ende dieser Ambassade, kehrte er, nach-
dem er seine flüchtige Mannschaft erreicht und unter furchtbaren
Flüchen über deren Feigheit, sich Luft gemacht, nach Wciffig
zurück, wo ihn der Ingrimm seines Gebieters empfing, der sich
hoch und theuer verschwur, die Herzogin nebst ihrem Hofstaat
für diese schmähliche Abweisung büßen zu laffen.

Bisher hatten die Forstbcamten der Herzogin und die
des Obristlicutenants, trotz der kleinen Fehden und Zwiste
ihrer Herrschaften, in einem freundlichen Einverständniß gelebt
und besonders war cs der Lcibschütz, dcffcn stets heitre Laune
und unverkennbare Gutherzigkeit jede feindselige Spannung zu
beseitigen wußte. Jetzt aber erhielt die früher als unbedeutend
betrachtete Häkelei wegen des Hochbuschcs einen ernsteren
Charakter und die beiderseitigen Forstbeamten traten gleich
ihren Herrschaften einander nun feindlich gegenüber. Am Tage
nach jenem verhängnißvollcn Schliffe des Leibjägcrs, welchem
der stattlichste Hirsch der gcsammten Reviere zum Opfer ge-
fallen, erschien eine starke Abtheilung Frohnarbeiter der Herzogin,
um unter Anführung zweier Forstbcamten derselben, eine An-
zahl stattlicher Fichten des Hochbuschcs zu fällen und da dieß
der Flemming'iche Förster mit feinen Leuten nicht dulden
wollte, so drohten die herzoglichen Jäger, Gebrauch von ihren
Waffen zu machen und trieben unter Mithilfe der Fröhner,

als die stärkere Parthei, den Förster nebst dessen Jägerburschcn
in die Flucht.

Kaum aber gelangte diese Nachricht nach Wciffig, als
der Obristlieutcnaut mit bewaffneter Macht ausrückte, den Hoch-
busch besetzen ließ und mit zwei Stück Geschützen gegen Drehna
vorrückle.

Dort hielt die Herzogin im großen Sessionszimmer des
Schlosses Rath, an welchem, außer dem Oberhofmeister von
Schulenburg, der Gräfin von Rindsmaul und den Kammer-
junkern nebst dem Hofrath von Nüßler, auch der Obcramtmann
und der Oberförster, sowie die Wirthschaftcrin der Herzogin
Theil nahmen, der Leibschütz aber war nebst den übrigen Forst-
beamten mit Organisirung einer Landwehr beschäftigt, deren
erste Abtheilung schlagfertig den Flemming'schen Vorposten
gegenüber stand.

„Es dürfte doch wohl gcrathen sein," begann der Ober-
Hofmeister von Schulenburg, nachdem die Herzogin ihn aufge-
fordert, auszusprechen, was er zur Vermeidung ernstcrn Conflikts
für's Klügste halte: „wenn man den von Flcmming bedeuten
lasse, daß er sich mit seiner Soldateska aus dem Hochbusch
und auf die Grenzen seines Weichbildes zurückziche und den
Bescheid der churfürstlichcn Oberamtsrcgicrung abwarte, widrigen-
falls er Gefahr laufe, des Landfriedensbruchs angeklagt zu
werden."

„Und was sagt Ihr dazu, Hofrath?" frug die Herzogin
den Herrn von Nüßler.

„Ich würde sofort mit einer Klage bei Seiner Majestät
dem Könige drohen, obgleich der Herr Obristlicutenant der
Ansicht lebt, daß, so lange sein Vetter, der alles vermögende
Minister, am Ruder bleibt, ihm Niemand etwas anhabcn kann."

„Sollte nicht noch einmal versucht werden, sich in Güte
mit dem Obristlicutenant zu verständigen?" entgegncte der
Oberamtmann.

„Und hofft Ihr einen Erfolg davon und eine Erledigung
dieses unerquicklichen Zwistes für alle Zeiten?" frug zweifelnd
die Frau Herzogin.

Der Oberamtmann zuckte stillschweigend die Achseln.

„Man sollte zwar glauben, daß unser Nachbar als ein
Cavalicr, der früher nicht unterlassen, Beweise seiner lobcns-
werthcn Meriten zu geben, gegen eine Dame meines Ranges '
sich durch ein gütliches Entgegenkommen beschämt fühlen und
nicht länger aus Starrsinn auf ein eingebildetes Recht trotzen
sollte. Was denkst Du davon, Katharine?"

„Ew. Durchlaucht!" cntgegnete ernst die Wirthschaftcrin.
„Wenn ich sprechen soll, so sage ich frei heraus: der kürzeste
Weg, den Herrn Obristlicutenant zum Nachgcbcn zu bringen,
wäre der, daß unsere Bauern unter Anführung der Jägerei
auf die Wciffigcr losschlügen und den Obristlicutenant mit
sammt seinem Hauptmaun bis in sein Schloß zurückjagten."

„Aber Wirthschaftcrin, Dreschflegel gegen Kanonen!"
rief besorglich der Oberhofmeister.

„Wer versteht sie denn zu bedienen?" cntgegnete Katharine.
„Der Herr von Flcmming nicht, sein Hauptmann auch nicht
und seine Bedienten und Bauern gleich gar nicht. Oder hat
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