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170 Die kleinen Selbstherrscher.

hohe Dame fühlte durch diese Gcwaltthat, an einem ihrer
1 ersten Beamten begangen, sich so tief verletzt, daß ihr eine
Revanche dieser Art nicht genügte und der Hofrath von Nüßler
sofort nach Dresden aufbrechcn mußte, um von dort aus seiner
Gebieterin Genugthuung zu verschaffen.

Im Schlöffe zu Weiffig aber hielt der Obristlieutenant
Standrecht über seinen Gefangenen und da dieser in seinen
Ausfällen gegen Flemming immer heftiger wurde, vcrurtheilte
ihn dieser, drei Tage hintereinander zwei Stunden auf dem
hölzernen Esel im Vorhofe des Schlosses zu reiten. Kaum war
dieses Urtheil bekannt geworden, als auch von nah und fern die
Dorfbewohner hcrbciströmtcn, das seltne Schauspiel mit anzu-
sehen, einen Amtmann — unter den Bauern die gefürchtetste
Person der damaligen Zeit — aus dem Esel reiten zu sehen.
Der Oberamtmann schimpfte, fluchte und schlug um sich in
bis zum Wahnsinn gesteigerter Wuth, alles vergebens, der
Obristlieutenant bestand darauf, daß das Urtheil vollzogen
werde, und unter dem Jubel des zahlreich versammelten Volkes
bestieg der Obcramtmann täglich den Esel im Schloßhofe zu
Weiffig, um von da wieder in seinen Arrest geführt zu werden.

Vergebens blieb die Aufforderung der Oberamtsregierung
zu Lübben, der Obristlieutenant solle sich jeder ferncrn Ge-
waltthätigkeit enthalten, dem Gefangenen Abbitte thun und
sofort in Freiheit setzen, als Strafe aber für den bereits be-
gangenen Frevel fünfzig Mark Silber zahlen. Vergebens ver-
langte die Herzogin die Verhaftung Flcmmings und seiner
Soldaten, sowie Niedcrreißung des hölzernen Esels; der Obrist -
licutenant ließ sich durch nichts irre machen und nur nach einem
heftigen Auftritte mit dem Hofrath von Nüßler, ehe dieser
nach Dresden reiste, wurde der Obcramtmann aus seiner Gc-
j fangcnschaft entlasten, der Hochbusch aber blieb besetzt und aller
' Verkehr mit Drehna war unterbrochen.

Zwei Tage nach jenem Ereignisse langte der Hofrath
! von Nüßler in Dresden an und fand sofort freundliche Auf-
nahme bei der Gräsin von Göttern, der Hofdame der Chur-

prinzessin von Sachsen, denn durch diese sollte ein Schreiben
der Herzogin an die Churprinzcffin gelangen, in welchem sich
seine Gebieterin über die wilde tolle Wirthschaft ihres Guts-
nachbars beklagte und sich bitter beschwerte, wie sie als
eine dem Churhause verwandte Fürstin sich müsse in ihrem
Hcrrschaftssitze belagern lassen und Kriegsnoth ertragen, als ob
der wilde Schwede noch im Lande Hause.

Als die Gräfin dasselbe durchlesen, wendete sic sich lächelnd
zum Hosrath und sprach: „Wahrlich, man sollte nicht glauben,
daß so etwas sich noch ereignen könne, obwohl Jhro herzog-
lichen Durchlaucht Mittheilung mich nicht im Mindesten an
der Wahrheit zweifeln lassen; aber Ihr kommt zu günstig ge-
legener Zeit, um diesem Raufbold von hier aus eine Lektion
zu bewirken, die ihn sicher zur Besinnung bringen soll. Vor
Allem wird es Sr. Erccllcnz dem Herrn Oberhofmarschall
von Löwendahl, sowie dem Herrn General Grafen von Wacker-
barth um so willkommener sein, da der Herr Feldmarschall
von Flemming noch nicht von Warschau zurückgekchrt ist und
auch die Obcrhofmeistcrin der Churprinzcssin, die Gräfin
von Frankcnstein, dessen Vertraute, krank danieder liegt, denn
wäre nur einer dieser beiden einflußreichen Protektoren des
Obristlicutenants anwesend, so würde Seine Majestät der
König dennoch, troß all' dieses Frevels, dessen Flemming
sich schuldig gemacht, zur Milde gegen ihn umgestimmt werden.
Ich werde mich daher beeilen, Jhro königlichen Hoheit der
Churprinzessin das Schreiben Eurer Gebieterin, meiner hohen
Gönnerin, zu überreichen und zu bewirken suchen, daß ihr so
bald als möglich mit den genügenden Trutz- und Schutzmaß-
rcgeln versehen, Eure Rückreise antreten könnet. Morgen um
diese Zeit erwarte ich Euer» Besuch und vielleicht habe ich
bis dahin auch schon das Nöthige für Euch in Händen."

Erfreut über den ihm gewordenen günstigen Empfang
empfahl sich ter Hofrakh unter der Versicherung, daß er nicht
verfehlen werde, seiner hohen Gebieterin zu rühmen, mit wel-
chem Eifer die Gräfin im Interesse der Herzogin gewirkt und
eilte nun zum General von Wackcrbarth, damals Gouverneur
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Die kleinen Selbstherrscher"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Werktitel/Werkverzeichnis

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Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Esel
Oberamtmann
Holz
Volk
Spott
Oberleutnant
Karikatur
Reiten
Strafe
Menschenmenge <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 34.1861, Nr. 830, S. 170
 
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