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Die kleinen Selbstherrscher.

nach Dresden eilte. Die angedrohte Erckutionsmannschast aber kam
nicht, denn znr rechten Zeit noch, um den Schlag abzuwcndcn, den
des Feldinarschalls Feinde, um sich an diesen zu rächen, gegen
dessen Vetter gerichtet, war dieser von Warschau zurückgckehrt,
und hatte nicht ohne ernste Schwierigkeiten und unangenehme
Auftritte im königlichen Schlosse, cs ermöglicht, daß der bereits
ausgcfcrtigte Befehl an die zur Ausführung der Erckution
bestimmten Commando's zurückgenommen wurde, dagegen aber
hatte er dem König versprechen müssen, dafür zu bürgen, daß
nie wieder eine Klage der Herzogin gegen den Obristlieutenant
laut werde, daß dessen Soldatenspielerci sofort aufhöre und
daß er denselben streng zurecht weise.

Und so kam denn eines schönen Vormittags statt der
täglich in Weiffig erwarteten Erckutionsarmce ein stattlicher
Vorrcitcr angcsprcngt, welchem eine schwerfällige vierspännige
Karosse folgte und in den Schloßhof cinfuhr, aus welcher der
Großstallmcister von Lithauen und Generalfcldmarschall von
Flemming, Kabinetsminister Seiner Majestät des Königs von
Polen und Churfürstcn von Sachsen, stieg und, von dem freudig
erschrockenen Obristlieutcnant ehrfurchtsvoll empfangen, in die
Prunkgemächer des Schlosses geleitet wurde.

Das Kostbarste und Seltenste, was Küche und Keller des
Schlosses zu liefern vermochten, wurde herbeigeschafft, um den
hohen Gast auf das Beste zu bcwirthen; das sämmtlichc Diener-
personal hatte sich eiligst in die Gallalivrce geworfen und der
Feldmarschall, der zur Freude seines Vetters, nach den ersten
Begrüßungen, den Rciseanzug mit einer bequemen Hauskleidung
vertauscht hatte, und während des in Eile veranstalteten Früh-
stücks cs sich vortrefflich schmecken ließ, schien mehr zum Ver-
gnügen als im allerhöchsten Aufträge nach Weiffig gekommen
zu sein, denn als der Obristlieutenant auf das Wohl des Feld-
marschalls angestoßen, und dann scherzweise die Frage an den-
selben richtete, ob die Erckutionsarmce bald eintreffcn würde,
bedeutete ihn dieser lächelnd, das würde nicht solche Eile haben,
übrigens aber möge er außer Sorge sein und cs ihm über-
lassen, seinen Streit mit der Herzogin friedlich zur Erledigung
zu bringen.

Hoch erfreut über die für ihn so unverhofft günstige
Wendung der so ernst gewordenen Angelegenheit, ließ cs den
Obristlicutenant nicht länger Ruhe, das Gespräch auf seine
Lieblingspassion zu lenken und den Wunsch auszusprechen, der
Feldmarschall möge es nicht verschmähen, die militärische Ein-
richtung der Herrschaft Weiffig einer Aufmerksamkeit zu wür-
digen, was dieser auch für den nächsten Tag zusagte, sofort
aber das Gespräch aus einen andern Gegenstand lenkte und
den Hauptmann Scholz, welchen sein Vetter ihm als den
Unterbefehlshaber seiner Haustruppcu vorstellte, mit einer gnä-
digen Handbewegung entließ, ohne sich in ein Gespräch mit
ihm einzulassen, was den Obristlieutenant allerdings befrem-
dete und in dem Hauptmann die Bcsorgniß mehrte, daß er
von dem Allgewaltigen das Beste eben nicht zu hoffen haben
werde. Allein die herzliche Weise, in welcher der hohe Gast
im Laufe des Tages sich gegen seinen Vetter kund gab, das
rege Interesse, welches er auf einem Spazierritt durch die

Fluren und Waldungen Weissigs für den Besitzer desselben
an den Tag legte und es ganz natürlich zu finden schien, daß
der Hochbusch mit Wachen besetzt war, den Obristlieutcnant
aber, der ihm dabei mittheilen wollte, wodurch dies herbeige-
führt worden sei, sofort unterbrach und das Gespräch auf den
kräftigen Holzbestand der Waldungen Weissigs brachte, be-
schwichtigten die Besorgnisse des Vetters, als habe der Besuch
des Fcldmarschalls sür ihn doch wohl eine ernste Bedeutung
und nachtheilige Folgen.

Entzückt über das huldvolle Vertrauen, welches der mäch-
tige Minister Sachsens ihm bewiesen und auf die wiederholte
Versicherung desselben, daß er stets sein Wohl im Auge be-
halten werde, sich stützend, legte sich der Obristlieutenant zur
Ruh, um sich zu den Anstrengungen des nächsten Tages zu
stärken, wo seine Dienerschaft und sämmtlichc waffengeübte
Bevölkerung Weissigs vor dem Gcncralfeldmarschall im Feuer
crcrzicrcn und ein großes Artillerieschcibenschießcn stattfindcn
sollte.

Die ausgehende Sonne fand den Besitzer von Weiffig
schon in voller Thätigkeit und auch der Feldmarschall, der gerne
noch der Ruhe gepflegt hätte, wurde durch den Lärm der
Revcille, welche dicht unter seinen Fenstern begann und endete,
gcnöthigt, auszustchcn, während aus allen Häusern des Dorfes
halbvcrschlafcne Männergestalten in den seltsamsten Uniformen
nach dem Schloßhose eilten, wo die Dienerschaft des Obrist-
lieutenants, mit dem Musikchore au der Spitze, bereits unter
den Waffen stand, die Kanonen aber diesmal auf den Höhen
des Hochbuschcs paradirtcn, dessen Baumgruppen den Hinter-
grund des Schcibenstandcs bildeten.

„Hauptmann Scholz," begann der Obristlieutcnant, der mit
diesem im Schloßhofc auf und ab ging und das Zeichen seines Kam-
merdieners abwartete, um dem Feldmarschall seine Aufwartung zu
machen. „Wenn heute alles gut geht, so zweifle ich nicht, daß
mir nächstens das Glück zu Theil wird, Seine Majestät unscrn
allergnädigsten König und Herrn in Weiffig zu bcwirthen
und das soll Euch auch Segen bringen."

„Hallen zu Gnaden, mein Herr Obristlieutcnant, daß ich
diese Hoffnung nicht theilcn kann," entgegnete Scholz mit
sorgenvollem Ausdrucke in Blick und Stimme. „Wenn mich
meine innere Ahnung nicht trügt, so steht uns heute noch
manch'Unerwartetes bevor; ob cs aber zu meinem Glück aus-
fchlagen sollte, daran zweifle ich, und will wünschen, daß ich
mich täusche."

„Ihr sorgt Euch wohl noch wegen des gestrigen kühlen
Empfangs," spach lächelnd der Obristlieutcnant, „daran denkt
nicht mehr. Gestern war der Herr Generalfcldmarschall für
sich noch zu viel mit wichtigen Angelegenheiten beschäftigt,
über welche er mit mir höchst intim zu sprechen geruhte, heute
aber seid Ihr in Aktivität und er wird gewiß höchlichst erstaunen,
alles in so musterhafter Ordnung zu finden und Euer Dis-
positionstalent nicht verkennen."

„Das gebe der Himmel!" seufzte der Hauptmann und
trat zu seiner Mannschaft, denn in demselben Augenblicke
wehetc der Kammerdiener mit einem weißen Tuche aus einem
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