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Thür den Kopf hereinstreckt, hat sich Mina bereits durch die
andere sich vor der drohenden Gefahr einer Ohrfeige gerettet!
Nockelhubers Kopf zieht sich also zurück! — „Nein, diese
Rohheit! Klavier zu spielen, wo der Vater nebenan schläft,
und so, so Klavier zu spielen! Bloß — wcil's die dumme
Mod' ist, daß jeder Balg mit 8 oder 9 Jahren auch muß
klimpern können — und dafür zahlt man's theure Geld —
soll mir fehlen! Jetzt weiß der Teufel, wenn ich wieder ein-
schlaf! — Da knarzt schon wieder draußen die Thür — diese
verfluchte Thür — und da hör' ich die Stimm' von meiner
Frau, die tappt mir gewiß auch wieder herein!" (Die
Frau schleicht leise herein.) „Richtig! wenn man den Esel
nennt, dann kommt er gerennt! — Was willst denn Du da?
Weißt' nicht, daß ich schlafen möcht und daß Niemand zu mir
'rein kommen soll?"

„Ja, licbs Mannerl, verzeih' mir nur, 's is bloß auf 'n
Augenblick; ich muß Dich halt was fragen; der Herr Müller
hat grad' herg'schickt und laßt fragen, ob wir nicht am Abend
zu ihm zum Thee kommen möchten. Schau, der Bediente
is draußen und wart' auf Antwort. Wie meinst, was is?"
„Heut' Abend zu Müllers gehen? Da wird's wahrscheinlich
hübsch langweilig werden. Wer kommt denn noch hin?"
„Der Herr Fischer mit seiner Frau wird kommen!" —
„So, der Fischer! Da geh' ich nicht hin, fallt mir nicht ein,
den Fischer, den kann ich schon um die Welt nicht ausstehen."

„Ja aber schau, sic haben's eigens sagen lassen, Du sollst
auch mit kommen, geh — gutes Manncrl — thu's mir zu
lieb." „Ich geh' nicht hin — ich mag nicht, sag' ich Dir,
und am End' müßt' mer noch gar einen Frack anziehen!
Nei, lieber im Hemd spazieren gehen, als in so 'em Frack!"
— „ Ach was fallt Dir denn ein, so zieh' halt den braunen
Rock an, Du brauchst Dich ja gar nicht zu genircn, aber
geh' nur." — „No, in Teufels Namen! daß die arme Seel'
a Ruh hat, Du bettelst mich rein zu Tod!"

IV. Atzend.

Gleichwohl setzt sich um die siebente Stunde das Nockel-
huberschc Ehepaar in Bewegung, er möglichst schofel und sie
möglichst elegant. „Is das das neue Kleid, was 'der neulich
gekauft hast?" „Gel', das ist schön Mannerl, das g'fallt
Dir doch selber." „Schön? Du hast einen sonderbaren Be-
griff von schön. Weil's ganz scheckig ist; wahrscheinlich, daß
man den Papagei gleich kennt, eh er einen anschnattert.

übrigen haben wir noch ein Wort zu reden. Wo hast
denn Du das viele Geld her, um so ein Kleid zu kaufen?"

mÜ6f bitten, wer hat denn die 15000 fl... ."

„ ^til^sci, sag ich Dir, ganz still und red'mir nicht immer
drcm. -Man ist bei Müllers angckommcn, im Anfang
geht es . leidlich, beim Souper aber kömmt Herr Nockelhubcr
neben einer von den Vielen zu sitzen, von denen ihm übel
wird, wenn er sie nur sieht. „Nun, Herr Nockclhuber,"
beginnt diese, „ich Hab ja gehört, Sie wollen einHaus kaufen.

Da muß man aber Geld haben, ist es denn wahr?" —
„So," sagt der Herr Nockclhuber, mit zornigem Erröthcn,
„wer hat Ihnen denn das schon wieder g'sagt?" „Ja, das !

weiß ich gar gut, Ihre Frau selber hat mir's neulich an-
vertraut ganz im Geheimen, ich darf's aber Niemand sagen,
hat sie g'sagt. — No, ich gratulir Herr Nockclhuber!"

Eine tiefe Verstimmnng hat sich damit des Nockelhnber-
schen Herzens bemächtigt, sein Auge schießt wüthende Blitze
nach seiner Frau, die schon ahnt, was passirt sein muß. Um
eilf Uhr geht er und die stillen Straßen werden die Zeugen
seines Zornes. Aber noch ist der Becher nicht gefüllt. Zn
Haus auf dem Tisch liegt jenes Büchlein, das sich von außen
durch geringe Reinheit, von innen durch orthographische Mei-
sterstücke und durch unangenehm überraschende Zahlen vor
den übrigen Leistungen der Literatur bemerkbar macht. Dieses
Büchlein aller Büchlein ist das Küchenbüchlein. Stille zählt
die Frau Gnlden und Kreuzer zusammen — aber nun kommt
die Hauptsache. „Mannerl, liebes herziges Mannerl, cs thut
mir recht leid, aber die Köchin geht morgen früh auf den
Markt — Du mußt mir heut uoch ein Geld geben?"
Nockelhubcr schweigt, ein Blick der Wuth und Verachtung
schnellt von seinen Augen. „Ha," — sagt er endlich schwer
athmend mit schäumenden Lippen — „nun läuft's mir aber
kalt und heiß über den Buckel, nun mach', daß Du weiter
kommst, wenn Dir Dein Leben lieb ist. 'S hat mich schon
viel gereut in dieser Welt, aber daS ist doch noch die dümmste
von allen Dummheiten, die mir der Teufel ciugcblasen hat, daß
ich Dich, Du Schneegaus, genommen Hab'. Jetzt wird's mir
zu viel — mich hast Du g'sehn für heut..." Weinend geht
die Frau in ihr Zimmer hinüber; Nockclhuber nimmt Hut
und Stock und stürzt in das nächste Weinhaus, um dort
seinen Schmerz zu betäuben. Ilnsere schönen Leserinnen wer-
den aber tief gerührt die Fliegenden Blätter bei Seite legen
und denken:

Nu, abcr'ich bin froh, daß ich dem Nockelhubcr
seine Frau nicht bin!
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Tag aus dem Familienleben des Herrn Nockelhuber auf Brummelsburg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Spielkarte <Motiv>
Kartenspiel <Motiv>
Tisch <Motiv>
Übellaunigkeit
Karikatur
Ehemann <Motiv>
Krug <Motiv>
Kellnerin <Motiv>
Gaststätte
Satirische Zeitschrift
München

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 38.1863, Nr. 918, S. 47

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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