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186 Nichts übereilt!

mehr? O Theres, für so schlecht hätt' ich Dich nicht ge-

halten ! “

Die Theres hatte diesen Ausbruch erwartet. Denn sie
kannte die Männer gar wohl, daß sie nur solche Opfer
bringen mögen, die, wenigstens nach einer Seite hin, auch
ihr Angenehmes haben, nicht aber solche, die ganz nur beißen
und brennen. Diese überlassen sie lieber dein schwächeren
Geschlechts. Sie war also ans Xavers Entrüstung gefaßt
und vorbereitet, sie zu bekämpfen. So cntgegnete sie ihm,
daß seine Bäurin offenbar ein zäheres Leben habe, als ihr
Bauer, daß, was er bei sich für gut angesehen habe, auch
bei ihr nicht für schlecht gelten könne, daß der Bauer ihr
bereits ein stattliches Witthum ausgeworfeu habe, und daß,
nachdem sic einmal übereingekommen seien, nur mit einem
schönen Vermögen anzufangen, das, was sie auf diese Weise
zubringc, gerade noch nöthig sei, um ihren künftigen Wohl-
stand zu begründen.

Der Xaver war ein Mensch, der mit sich reden ließ
und, wie wir bereits wissen, praktischem Handeln sehr zugc- .
neigt war. Nachdem daher seine Aufregung sich gelegt
hatte, fand er sich bald in diesem zweiten Akt des von ihm
in Scene gesetzten Drama's zurecht, gab der Theres noch
verschiedene gute Lehren mit auf den Weg, die sic getreulich
zu befolgen versprach, und sic schieden im vollkommensten
Einverständnisse.

So waren denn die Lebenswege beider auf dem Punkte
angelangt, wo jede menschliche Thätigkcit mitzuspielen anfhörtc,
und alles nur in der Hand des Schicksals lag. Wie nun
aber die beiden jungen Leute bei ihrem Handeln von dem
Grundsatz ausgegangen waren, daß es nicht pressire, so dachte
das Schicksal auch. Der Bauer und die Bäurin ließen
sich's an der Seite ihrer jugendlichen Ehegesponsen recht
wohl gefallen und sogen mit neuer Lebenslust auch neue
Lebenskraft ein. Und das muß man den beiden nachsagen,
daß sie in ihren Provisorien sich musterhaft hielten, nie
den gebührenden Respekt versäumten, nie Ungeduld zeigten,
vielmehr alles thaten, um Dank und Pflicht gegen ihre
Wohlthäter auf's pünktlichste zu erfüllen. Es ging übrigens,
wie die Theres vorausgesagt hatte. Ihr Bauer war der
erste, der das Zeitliche segnete und sie als recht vermögliche
Wittwe zurückließ. Jetzt konnte sic dem Xaver recht beweisen,
wie treu sie ihm ergeben war. Denn die Versuchung trat
in Gestalt von allen möglichen Freiern an sie heran. Aber
sie hielt standhaft aus, obgleich die wunderbare Dauerhaftig-
keit der Bäurin ihr die Zeit ziemlich lang machte. Endlich
wurde auch der Xaver frei, und seine treue Pflichterfüllung
fand den verdienten Lohn: die Bäurin hatte ihn in ihrem
Testament über Erwarten reichlich bedacht. Und nun meinten
die Leute, da die beiden so auf dieselbe Weise zu einem so
ziemlich gleichen Vermögen gekommen seien und auch im
Alter so ganz für einander paßten, so wäre nichts natürlicher,
als daß sie Mann und Frau würden und so mit dem beider-
seits ehrlich Erworbenen tüchtig zusammenhausten, wo sie
dann leicht recht wohlhabende Leute werden könnten. Und

wie sie einfältige, offenherzige Leute waren, sprachen sie diese
ihre Herzensmeinung, ohne ein Arg darin zu finden, gleich
nach dem Begräbnisse der Bäurin im Trauerhause selbst aus,
indem sie der Meinung waren, einen besseren Trost könnten
sic dem Xaver in seiner betrübten Lage nicht geben. Die
beiden folgten also nur der allgemeinen Stimme, als sie,
nach streng eingehaltener Trauerzeit, zu ihrer Verbindung
schritten.

Manche zwar, die sich von früher her noch erinnerten,
wie man damals geglaubt hatte, der Xaver und die Theres
hätten ein Vcrhältniß mit einander, meinten, das, was sic
jetzt thäten, hätten sic schon früher haben können, aber freilich,
setzten sic als verständige Leute gleich hinzu, das wäre eine
Hungerwirthschaft geworden, und cs sei für beide ein rechtes
Glück, daß sic dazumal nichts von einander gewollt hätten.

So ist also des Zinsbauern Großvater zu seinen:
Vermögen gekommen.

Aber, wird der Moralist sagen, ist denn da alles ganz
richtig und säuberlich zugegangcn? Welch eine lare Moral
würde mit solchen Eheprovisorien in die Welt gebracht!

, Wenn das gelten soll, was ist daun noch unerlaubt im
Leben? Wir wollen dem eifernden Moralisten nicht entgegen-
j halten, daß die Handlungsweise der Beiden bereits äs facto
gerechtfertigt ist. Denn: Unrecht Gut gedeihet nicht, sagt
das Sprichwort; das zusanunengebrachtc Gut beider aber
! gedieh und mehrte sich auf eine Weise, daß unverkennbar
ein Segen darin liegen mußte. Aber etwas Anderes wollen
wir bemerken: wenn das, was der Xaver und die Theres
thaten, auch nicht nach Jedermanns Moral war, so war es
doch nach ihrer eigenen. Sic zweifelten keinen Augenblick
daran, daß sic vollkommenes Recht hätten, so zu thun, wie
sie thaten. Sic handelten in der wichtigsten Frage ihres
Lebens nicht nach den Eingebungen der Leidenschaft, sondern
mit Verstand und ruhiger Ueberlegung und verzichteten vor-
läufig auf ein Glück, um es später ungetrübter, voller zu
genießen. Sic gingen ihre Provisorien ein mit der Gesinn-
ung , mit der eine Verbindung zwischen jüngeren und so
viel älteren Leuten überhaupt eingegangen werden kann, und
erfüllten, nachdem sic dieselbe eingcgangen, ihre Pflicht auf's
vollkommenste. So sagte ihnen denn auch ihr Gewissen
nichts, gar nichts, was einem Tadel gleich sah, und da sie
so ganz beruhigt waren in ihrem Innern, so wollen wir
sie auch in Ruhe lassen.

Wenn Einem das Bier nicht bekömmt.

Frau: „Aber Mann! Jö cs denn möglich, bat Du

so viel Bier drinkst, wenn Du schonst weißt, das dat Bier
Dir nicht bekommt?"

Mann: „Siehste, liebe Frau, deswegen drinke ich

alleweile eben recht viel. Denn wenn o och das Bier mir nicht
bekommt, warum soll ick nicht das Bier bekommen?"
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