18 Farbige Stereoskop
Von hier aus sah er nun den nächtlichen Wanderer
ganz deutlich, als er eben an ihn: vorüberkam.
Es war eine untersetzte, und doch ebenmäßig gebaute
Gestalt, und die dunkelbraune „Conföderatka" ließ das runde,
zarte Gesicht um so feiner hervortreten.
Dazu war der Gang zierlich und graziös, und der
Fuß von einer Kleinheit, welche für einen Beobachter wie
Wctterwendel zum Verräther an dem Geschlechtc seines
Eigenthümcrs werden mußte.
„Das ist sie! Das ist sie!" bebte es durch alle Fibern
Wettcrwendels. „Jetzt habe ich sie, die Pustowojtoff!!
Jetzt habe ich sie!!"
Jndcß war er immer weiter davon entfernt, sie zu
haben. Der Gegenstand von Wettcrwendels Entzücken
drohte, sich mit raschen Schritten immer weiter zu entfernen.
„Teufel! So haben wir nicht gewettet!" brummte
Wetterwendel. „Mit dem Anschauen allein sollte ich
zufrieden sein? Nimmermehr."
Und Wetter Wendel sprang aus dem Teich wieder
an's Ufer, und vor Wasser triefend, wie er war, lief er
entschlossen der Enteilenden nach.
Bald hatte er sie eingeholt.
„Entfliehen Sie nicht weiter!" stöhnte er. „Ich habe
erkannt. Seien Sie übrigens versichert, daß ich nur
in der freundlichsten Absicht von der Welt Ihnen nahe, um
meine Dienste zn Ihrer Disposition zu stellen!. Gebieten
Sic über mich."
Die Person, welche also angeredet wurde, blieb sichtlich
erschreckt stehen.
-Bilder aus Wien.
Endlich, nachdem sic Wetterwendeln prüfend ange-
sehen, sagte sie:
„Da Sie mich, ich weiß freilich nicht woher, kennen,
so haben sie Mitleid mit mir, und verrathcn Sie mich nicht!"
„Ich Sie verrathcn!" rief Wctterwendel aus, und
in seinen Augen leuchtete bereits das Feuer seiner Notabili-
täten-Verhimmlung. „Wenn Sie es wünschen, so will ich
über Ihr Geheimniß, das ich nicht einmal die Ehre habe
zu kennen, schweigen, wie das dunkle Grab! Ich schwöre es!"
„Ich habe Zutrauen zu Ihnen," sagte der junge Mensch,
denn für einen solchen hätte jeder Andere wie Wetter-
wendel die Erscheinung mit der „Conföderatka" gehalten.
„Ich betrachte es daher als eine Schickung des Himmels,
daß Sie mir in den Weg treten, denn offen gestanden, wenn
Sie mir nicht Rath zn schaffen vermögen, so weiß ich nicht,
wo ich heute übernachten, was ich überhaupt weiter anfangen
soll, da mein ganzes Vermögen sich leider nur auf 10 Neu-
kreuzer beläuft..."
Wetterwendel war sprachlos.
Fräulein Pustowojtoff bittet ihn um Rath, wo sie
heute Nacht ihr müdes Haupt hinlcgen soll! — Sie, die Gefeierte
besitzt nur 10 Neukreuzer! sie hat Zutrauen zu ihm gefaßt,
nachdem sie ihn erst seit wenigen Minuten kannte!
Um aber den Leser nicht etwa in eine falsche Schluß-
folgerung gerathen zu lassen, müssen wir ihm jetzt schon darüber
Aufklärung geben, daß der, wie ein Pole gekleidete Nacht-
schwärmer nicht nur nicht Fräulein Pustowojtoff, überhaupt
gar kein Frauenzimmer, sondern ein leibhaftiger, etwa
Ikjähriger Jüngling war, der in seinem polnischen Kostüme
allerdings sehr mädchenhaft aussah.
Leider ward Wetterwendel hierüber nicht so frühzeitig
aufgeklärt, wie der Leser, darum war er der festen Ansicht,
Frl. Pustowojtoff sei ihm hier endlich in's Garn gelaufen.
„Sie spricht etwas schüchtern," dachte er, „wie es für ein
Fräulein paßt, aber dabei denkt sie 8ans fa<;on, wie eben eine
Amazone. Ich will also nicht zurückhaltender sein, wie sie.
„Wenn es Ihnen genehm ist," wandte er sich an den
Jüngling, „so biete ich Ihnen eines von meinen Zimmern
zum Nachtquartiere an. Es wird mir eine Ehre sein_"
„Ich nehme es mit Dank an, edler Herr!"
„So kommen Sie. Es ist spät und kalt. Nehmen
Sie incinen Arm."
Und der Jüngling hängte sich in Wetterwendels Arm.
„Ich führe die Pustowojtoff zu mir nach Hause!"
schwirrte cs in Wettcrwendels Kopfe wie ein Schwarm
rebellischer Maikäfer herum.
In einem Zustande, welcher dem eines Trunkenen sehr
ähnlich war, gelangte Wetterwendel mit seinem Gefähr-
ten in Kurzem zur nahe gelegenen Wohnung des Ersteren.
Nachdem man in die Zimmer eingetreten war, wies
Wctterwendel dem Gaste sogleich sein eigenes Schlafzimmer
zur Benützung an. Der Gast äußerte, daß er seinem Wirthe
gerne seine Geschichte erzählen würde, aber er sei offen ge-
standen so müde, daß er sich nach dem Bette sehne.
Von hier aus sah er nun den nächtlichen Wanderer
ganz deutlich, als er eben an ihn: vorüberkam.
Es war eine untersetzte, und doch ebenmäßig gebaute
Gestalt, und die dunkelbraune „Conföderatka" ließ das runde,
zarte Gesicht um so feiner hervortreten.
Dazu war der Gang zierlich und graziös, und der
Fuß von einer Kleinheit, welche für einen Beobachter wie
Wctterwendel zum Verräther an dem Geschlechtc seines
Eigenthümcrs werden mußte.
„Das ist sie! Das ist sie!" bebte es durch alle Fibern
Wettcrwendels. „Jetzt habe ich sie, die Pustowojtoff!!
Jetzt habe ich sie!!"
Jndcß war er immer weiter davon entfernt, sie zu
haben. Der Gegenstand von Wettcrwendels Entzücken
drohte, sich mit raschen Schritten immer weiter zu entfernen.
„Teufel! So haben wir nicht gewettet!" brummte
Wetterwendel. „Mit dem Anschauen allein sollte ich
zufrieden sein? Nimmermehr."
Und Wetter Wendel sprang aus dem Teich wieder
an's Ufer, und vor Wasser triefend, wie er war, lief er
entschlossen der Enteilenden nach.
Bald hatte er sie eingeholt.
„Entfliehen Sie nicht weiter!" stöhnte er. „Ich habe
erkannt. Seien Sie übrigens versichert, daß ich nur
in der freundlichsten Absicht von der Welt Ihnen nahe, um
meine Dienste zn Ihrer Disposition zu stellen!. Gebieten
Sic über mich."
Die Person, welche also angeredet wurde, blieb sichtlich
erschreckt stehen.
-Bilder aus Wien.
Endlich, nachdem sic Wetterwendeln prüfend ange-
sehen, sagte sie:
„Da Sie mich, ich weiß freilich nicht woher, kennen,
so haben sie Mitleid mit mir, und verrathcn Sie mich nicht!"
„Ich Sie verrathcn!" rief Wctterwendel aus, und
in seinen Augen leuchtete bereits das Feuer seiner Notabili-
täten-Verhimmlung. „Wenn Sie es wünschen, so will ich
über Ihr Geheimniß, das ich nicht einmal die Ehre habe
zu kennen, schweigen, wie das dunkle Grab! Ich schwöre es!"
„Ich habe Zutrauen zu Ihnen," sagte der junge Mensch,
denn für einen solchen hätte jeder Andere wie Wetter-
wendel die Erscheinung mit der „Conföderatka" gehalten.
„Ich betrachte es daher als eine Schickung des Himmels,
daß Sie mir in den Weg treten, denn offen gestanden, wenn
Sie mir nicht Rath zn schaffen vermögen, so weiß ich nicht,
wo ich heute übernachten, was ich überhaupt weiter anfangen
soll, da mein ganzes Vermögen sich leider nur auf 10 Neu-
kreuzer beläuft..."
Wetterwendel war sprachlos.
Fräulein Pustowojtoff bittet ihn um Rath, wo sie
heute Nacht ihr müdes Haupt hinlcgen soll! — Sie, die Gefeierte
besitzt nur 10 Neukreuzer! sie hat Zutrauen zu ihm gefaßt,
nachdem sie ihn erst seit wenigen Minuten kannte!
Um aber den Leser nicht etwa in eine falsche Schluß-
folgerung gerathen zu lassen, müssen wir ihm jetzt schon darüber
Aufklärung geben, daß der, wie ein Pole gekleidete Nacht-
schwärmer nicht nur nicht Fräulein Pustowojtoff, überhaupt
gar kein Frauenzimmer, sondern ein leibhaftiger, etwa
Ikjähriger Jüngling war, der in seinem polnischen Kostüme
allerdings sehr mädchenhaft aussah.
Leider ward Wetterwendel hierüber nicht so frühzeitig
aufgeklärt, wie der Leser, darum war er der festen Ansicht,
Frl. Pustowojtoff sei ihm hier endlich in's Garn gelaufen.
„Sie spricht etwas schüchtern," dachte er, „wie es für ein
Fräulein paßt, aber dabei denkt sie 8ans fa<;on, wie eben eine
Amazone. Ich will also nicht zurückhaltender sein, wie sie.
„Wenn es Ihnen genehm ist," wandte er sich an den
Jüngling, „so biete ich Ihnen eines von meinen Zimmern
zum Nachtquartiere an. Es wird mir eine Ehre sein_"
„Ich nehme es mit Dank an, edler Herr!"
„So kommen Sie. Es ist spät und kalt. Nehmen
Sie incinen Arm."
Und der Jüngling hängte sich in Wetterwendels Arm.
„Ich führe die Pustowojtoff zu mir nach Hause!"
schwirrte cs in Wettcrwendels Kopfe wie ein Schwarm
rebellischer Maikäfer herum.
In einem Zustande, welcher dem eines Trunkenen sehr
ähnlich war, gelangte Wetterwendel mit seinem Gefähr-
ten in Kurzem zur nahe gelegenen Wohnung des Ersteren.
Nachdem man in die Zimmer eingetreten war, wies
Wctterwendel dem Gaste sogleich sein eigenes Schlafzimmer
zur Benützung an. Der Gast äußerte, daß er seinem Wirthe
gerne seine Geschichte erzählen würde, aber er sei offen ge-
standen so müde, daß er sich nach dem Bette sehne.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Farbige Stereoskop-Bilder aus Wien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 39.1863, Nr. 941, S. 18
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg