Das Raritäten-Cabinet.
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beschreibt seine Ueberraschung, als er auf einen Fünfthalcr-
schcin blickte, so neu und glatt, wie je einer aus der Münze
gekommen war. Mit zitternder Hand blätterte er weiter;
das Buch war in Capitel gctheilt, er fand ferner darin
Banknoten — von allen Sorten — bis zu 500 Thaler
hinauf. Es flimmerte ihm vor den Augen; der alte gc-
müthliche Sonderling hatte am Schlüsse den ganzen Inhalt
recapitulirt und ein Facit von 30,000 Thaler herausge-
bracht. Auch zuletzt noch hatte er sich des Spottes nicht
enthalten können, den der Erbe aber mit Lachen begrüßte —
als er las:
„Geld, Du bist der norvus rerum,
Wo Du fehlst, bleibt Alles stehn;
Auch beim jungen Sporn — o Jerum!
Will es ohne Dich nicht — gehn!"
Emma blickte dem Erstaunten über die Schulter und
Freudcnthränen perlten in ihren Augen.
„Ach — wenn er noch lebte, wie wollten wir ihn an's
Herz drücken!" rief sie bewegt.
Da aber der brave Onkel tief unter der Erde schlummerte,
so drückten sie sich selbst an'S Herz, in welchem die Freuden-
fcuer wieder angefacht waren und hohe Flammen schlugen.
Kilian hatte dem seligen Prinzipal ein stilles Vivat!
gebracht für den Jubel, welchen das Testament jetzt erregte.
Auch der alten Firma mußte Rechnung getragen werden.
Während die Hocherfreuten das Raritäten-Cabinet be-
wunderten und zum bleibenden Familien - Vermächtnisse be-
stimmten, hatte Kilian unbemerkt einen vergoldeten Engel in
die Krone des Christbaumcs geschoben, der eine Fahne in
der Hand hielt, auf welcher die Worte standen: „Gott zmn
Gruß und fröhliche Weihnacht!"
Einladung auf Weithinaus.
Der Sternwirth von Bitterheim begleitet seine Gäste bis
vor die Thür und spricht: „Adieu, meine Herren! kchren's
das nächste Jahr wieder ein!" — Darüber von einem
Fremden zu Rede gesetzt, erläutert er: „Die Herren kommen
allemal nur zu mir im Spätherbst, wenn sie anderswo kein
altes Bier mehr bekommen."
Warum die Soldaten in den Himmel kommen.
Geschaart wohl um ihr Banner, das hat so blut'gen Schein,
Bog einst ein Häuflein Landsknecht zum Höllenwege ein:
Es hat sic oft zum Siege geführt in Kampfesnoth,
Zu Sieg und reicher Beute und auch zum Heldentod.
Auch jetzt in letzten Nöthen sie wolltcn's lassen nicht,
Es sollte ihnen wallen voran zum Endgcricht.
Die Teufel, wie sie also die Schaar anrucken sah'n,
Da kommt sie plötzlich alle groß Angst und Zittern an:
Just solche rothe Fahne hat ja der Wcltheiland
Als er zu ihnen abfuhr geschwungen in der Hand,
Mit solcher rothen Fahne, sie denken d'ran beengt,
Hat er, der Ueberwinder, das Höllenthor gesprengt.
Den Zutritt d'rum zu wehren, verschließen sie das Thor
Und schieben feste Riegel und Eisenstangen vor.
Sie selber aber sieht man wohl mit Geschoß versehn
Auf Thürmen und auf Zinnen bereit zur Abwehr stehn.
Schon fliegen Feuerbrände wohl auf die kleine Schaar,
Die auf so warmen Willkomm gar nicht gerüstet war.
Schon sausen scharfe Lanzen, schon schwirren Pfeile spitz,
Da meinen sie das gehe doch über einen Witz.
„Oho!" so ruft d'rum Einer, „das ist 'ne neue Art
Die Gäste zu begrüßen, die Mühe Euch nur spart!
Wollt Ihr uns, dumme Teufel, bei Euch nicht lassen ein,
Wo soll denn, möcht' ich fragen, sonst unsre Herberg sein?"
Da öffnet sich ein Schieber, d'raus schaut Herr Urian:
„Was geht Euch unsre Hölle, Ihr frommen Landsknecht, an?
Die Straße rechts dort, Freunde, die führt Euch Euren Weg,
Ihr geht, scheint's, in der Irre, dort ist der Himmelssteg!"
„Viel Dank!" und Rechts um kehrt Euch! vor allen hoch
die Fahn',
So ziehn sie wohlgeordnet den neuen Weg hinan.
St. Peter sicht sie kommen: „Was wollt Ihr Zeisig' hier?
Für solche lock're Waare ist das kein Nachtquartier!
Erst Spieler, Flucher, Zecher, der Sitt', des Friedens Feind,
Und dann zum cw'gcn Frieden? So ist's doch nicht gemeint!"
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beschreibt seine Ueberraschung, als er auf einen Fünfthalcr-
schcin blickte, so neu und glatt, wie je einer aus der Münze
gekommen war. Mit zitternder Hand blätterte er weiter;
das Buch war in Capitel gctheilt, er fand ferner darin
Banknoten — von allen Sorten — bis zu 500 Thaler
hinauf. Es flimmerte ihm vor den Augen; der alte gc-
müthliche Sonderling hatte am Schlüsse den ganzen Inhalt
recapitulirt und ein Facit von 30,000 Thaler herausge-
bracht. Auch zuletzt noch hatte er sich des Spottes nicht
enthalten können, den der Erbe aber mit Lachen begrüßte —
als er las:
„Geld, Du bist der norvus rerum,
Wo Du fehlst, bleibt Alles stehn;
Auch beim jungen Sporn — o Jerum!
Will es ohne Dich nicht — gehn!"
Emma blickte dem Erstaunten über die Schulter und
Freudcnthränen perlten in ihren Augen.
„Ach — wenn er noch lebte, wie wollten wir ihn an's
Herz drücken!" rief sie bewegt.
Da aber der brave Onkel tief unter der Erde schlummerte,
so drückten sie sich selbst an'S Herz, in welchem die Freuden-
fcuer wieder angefacht waren und hohe Flammen schlugen.
Kilian hatte dem seligen Prinzipal ein stilles Vivat!
gebracht für den Jubel, welchen das Testament jetzt erregte.
Auch der alten Firma mußte Rechnung getragen werden.
Während die Hocherfreuten das Raritäten-Cabinet be-
wunderten und zum bleibenden Familien - Vermächtnisse be-
stimmten, hatte Kilian unbemerkt einen vergoldeten Engel in
die Krone des Christbaumcs geschoben, der eine Fahne in
der Hand hielt, auf welcher die Worte standen: „Gott zmn
Gruß und fröhliche Weihnacht!"
Einladung auf Weithinaus.
Der Sternwirth von Bitterheim begleitet seine Gäste bis
vor die Thür und spricht: „Adieu, meine Herren! kchren's
das nächste Jahr wieder ein!" — Darüber von einem
Fremden zu Rede gesetzt, erläutert er: „Die Herren kommen
allemal nur zu mir im Spätherbst, wenn sie anderswo kein
altes Bier mehr bekommen."
Warum die Soldaten in den Himmel kommen.
Geschaart wohl um ihr Banner, das hat so blut'gen Schein,
Bog einst ein Häuflein Landsknecht zum Höllenwege ein:
Es hat sic oft zum Siege geführt in Kampfesnoth,
Zu Sieg und reicher Beute und auch zum Heldentod.
Auch jetzt in letzten Nöthen sie wolltcn's lassen nicht,
Es sollte ihnen wallen voran zum Endgcricht.
Die Teufel, wie sie also die Schaar anrucken sah'n,
Da kommt sie plötzlich alle groß Angst und Zittern an:
Just solche rothe Fahne hat ja der Wcltheiland
Als er zu ihnen abfuhr geschwungen in der Hand,
Mit solcher rothen Fahne, sie denken d'ran beengt,
Hat er, der Ueberwinder, das Höllenthor gesprengt.
Den Zutritt d'rum zu wehren, verschließen sie das Thor
Und schieben feste Riegel und Eisenstangen vor.
Sie selber aber sieht man wohl mit Geschoß versehn
Auf Thürmen und auf Zinnen bereit zur Abwehr stehn.
Schon fliegen Feuerbrände wohl auf die kleine Schaar,
Die auf so warmen Willkomm gar nicht gerüstet war.
Schon sausen scharfe Lanzen, schon schwirren Pfeile spitz,
Da meinen sie das gehe doch über einen Witz.
„Oho!" so ruft d'rum Einer, „das ist 'ne neue Art
Die Gäste zu begrüßen, die Mühe Euch nur spart!
Wollt Ihr uns, dumme Teufel, bei Euch nicht lassen ein,
Wo soll denn, möcht' ich fragen, sonst unsre Herberg sein?"
Da öffnet sich ein Schieber, d'raus schaut Herr Urian:
„Was geht Euch unsre Hölle, Ihr frommen Landsknecht, an?
Die Straße rechts dort, Freunde, die führt Euch Euren Weg,
Ihr geht, scheint's, in der Irre, dort ist der Himmelssteg!"
„Viel Dank!" und Rechts um kehrt Euch! vor allen hoch
die Fahn',
So ziehn sie wohlgeordnet den neuen Weg hinan.
St. Peter sicht sie kommen: „Was wollt Ihr Zeisig' hier?
Für solche lock're Waare ist das kein Nachtquartier!
Erst Spieler, Flucher, Zecher, der Sitt', des Friedens Feind,
Und dann zum cw'gcn Frieden? So ist's doch nicht gemeint!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Einladung auf Weithinaus"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1120, S. 203
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg