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Eine Nacht auf der Lausche.

(Fortsetzung.)

„Land," schrie der Doktor, welcher die Höhe erreicht
hatte, und ermuthigt dadurch, versuchte nun auch der Amt-
mann demselben nachzukommen; aber eben auf dieser kahlen
Höhe und in einer noch bedeutenden Entfernung von dem
Gasthause der Lausche, welches, in Abenddunkel gehüllt, vor
ihnen lag, brach der Sturm und der Regenguß des immer
wilder tobenden Gewitters so furchtbar los, daß die beiden
Touristen, ihre Plaids um Kopf und Nacken geschlungen, nun
nur Schritt vor Schritt vorwärts dringen konnten, und total
durchnäßt endlich das Wirthshaus erreichten. In der Gast-
stube warf sich der Amtmann, nach Luft schnappend, auf die
ihm zunächst stehende Bank, iudeß der Doktor sich und seinem
erschöpften Gefährten die vom Regen triefenden Plaids ab-
nahm und solche einer eben eintretenden Magd zum Trock-
nen überreichte, dann aber den Amtmann nöthigte, die Bank
zu verlassen, unter welcher sich bereits ein großer Wasser-
tümpel gesammelt hatte. Beide nahmen nun vor dem gro-
ßen Küchofen Platz, der trotz des Augustmonats geheizt war
und dessen Wärmeausströmung den durchnäßten Reisenden
wohl that, welche auf des Doktors Anrathen es sich nun
so bequem als möglich machten, ihre Röcke auszoge» und
nahe dem Ofen aufhingen, und welchen der Amtmann
auch Weste, Halstuch, Vorhemdchen und Vatermörder hin-
zufügte.

Unter diesen Vorbereitungen war die Magd eingetreten
und stellte eine Flasche Rothwein mit zwei Gläsern auf den
Tisch, welche der Doktor bei seinem Eintritte verlangt hatte,
und als dieser und der Amtmann das erste Glas geleert und
Beide sich wieder behaglicher fühlten, begann der Letztere, kopf-
schüttelnd in der dürftig ausgestatteten Gaststube umherschauend:

„Na, Doktor, das ist sa eine abscheuliche Spelunke hier

oben. Sehen Sie nur diese defekten Tische und Stühle und
diese Plautze dort mit dem zerrissenen schmutzigen Ucberzug,
das Ding soll wohl ein Sopha vorstellen?"

„Lieber Freund," entgegnete lächelnd der Doktor, „hier
oben hören die Ansprüche auf elegantes Meublement auf, denn
in solchen einsam und dritthalbtausend Fuß über der Meeres-
fläche gelegenen Bergschenken muß inan froh sein, wenn man
ein gutes Glas Wein und etwas Brod und Fleisch bekomme»
kann und erhalten wir dazu eine reinliche Streu, so wollen
wir zufrieden sein!"

„Wie?! auf einer Streu soll ich schlafen, nach solch'
einer Strapaze?" frug der Amtmann verdrießlich. „Giebt es
denn hier keine Betten?!"

„Das weiß ich nicht," fuhr der Doktor ruhig fort.

„Aber, wenn es keine giebt, so werden wir auf einer Streu
sicher eben so gut schlafen, denn ich wenigstens fühle jetzt,
daß ich müde bin."

„Na, da hört alle Gemüthlichkeit auf!" polterte der

Amtmann. „Ich, Esel, wäre ich doch in Waltersdorf ge-

blieben, wie ich es anfangs mir vorgenommen, da hätte ich
mich nicht brauchen abzuhetzen bei dieser nichtswürdigen Klet-
terei und dann noch vom Sturm und Regen auspeitschen

zu lassen, um in dieser elenden Baracke nicht einmal ein
ordentliches Nachtlager zu haben."

„Ei was, wenn wir morgen einen schönen Sonnenauf-
gang genießen, werden Sie es nicht bereuen, die Lausche be-
stiegen zu haben," eiferte der Doktor. „Uebrigens erinnert
mich mein Magen, daß e§. trotz der Müdigkeit Zeit zum
Abendessen ist, und wir müssen den Wirth herbeischaffen; ich
sah ihn vorhin im Halbdunkel,, als er am Fenster vorüber-
ging und habe auch gehört, daß er mit Jemand sprach."
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