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Der Schar
Das Publikum hatte sich wieder einmal getäuscht. Elise
war nicht mehr verschollen. Die Voruntersuchungshaft hatte
sie nach drei Jahren ausgespieen, um ihr Urtheil sprechen
zu lassen.
Sie war unschuldig; aber man sah es ihr nicht an.
Tausende von jungen Leuten waren herbeigeströmt, um
die bewunderte Schönheit im Elende zu sehen. Sie verhüllte
ihr Antlitz; aber der Glanz schimmerte durch die rohe Leinwand.
Zweites Kapitel.
George blieb verschollen. Daher war er der Theilnahme
am Verrath verdächtig. Wer hätte sonst darum gewußt, als
er, der es gestand?
Die Sitzung wurde eröffnet. Sämmtliche Ballgäste und
I Kellner waren als Zeugen vorgeladen. Der Präsident schwelgte.
Millionen von Juristen waren herbeigeeilt, um die holde
Elise zu vertheidigen. Aber der Staatsanwalt hatte alle Ge-
schwornen verworfen, welche nicht blind waren, damit sie nicht
durch Elisens Schönheit geblendet würden. Seine Worte
donnerten die Gegner wie Revolverschüsse nieder.
Alles fürchtete Alles.
Drittes Kapitel.
In diesem Augenblicke — Aha, wird der Leser sagen.
frichter re.
in diesem Augenblicke kommt George aus der Verschollenschaft
zurück, vertheidigt Elise, sie wird freigesprochen, und — falsch
gerathen, naseweiser Leser. So schnell enden wir nicht; nein
— in diesem Augenblicke — zog sich der Gerichtshof zurück.
Wertes Kapitel.
Das Publikum wartete auf das Wiedererscheinen des
Gerichtshofes mit der Gespanntheit, mit welcher der Leser das
vorige Capitel durcheilte.
Aber er kam nicht.
„Ach, mich hungert so sehr," sagte da eine Stimme aus
der Menge; denn es war spät geworden. Sie wurde sogleich
verhaftet.
Trotzdem entfernte sich das Publikum langsam.
Drittes Buch.
Erstes Kapitel.
2 Jahre und 7 Monate lassen wir rückwärts fließen
im Strome der Zeit. Die spanische Revolution war ausge-
brochen. Eben wurde ein Nonnenkloster aufgehoben.
Rosuita stand weinend am Fenster, um welches sich die
Cypressen vom Todtenhofe einer entschwundenen Zeit rankten.
Unten an der Thüre donnerten die Kolbenstöße Olozaga's.
Rosuita rang die Hände; sie wollte vortreten — wieder
bebte sie zurück.
„Oeffne, Bürgerin'. Im Namen der Freiheit!" tönte
es von unten.
„Großer Gott!" betete Rosuita.
Sie öffnete.
(Schluß folgt.)
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Der Schar
Das Publikum hatte sich wieder einmal getäuscht. Elise
war nicht mehr verschollen. Die Voruntersuchungshaft hatte
sie nach drei Jahren ausgespieen, um ihr Urtheil sprechen
zu lassen.
Sie war unschuldig; aber man sah es ihr nicht an.
Tausende von jungen Leuten waren herbeigeströmt, um
die bewunderte Schönheit im Elende zu sehen. Sie verhüllte
ihr Antlitz; aber der Glanz schimmerte durch die rohe Leinwand.
Zweites Kapitel.
George blieb verschollen. Daher war er der Theilnahme
am Verrath verdächtig. Wer hätte sonst darum gewußt, als
er, der es gestand?
Die Sitzung wurde eröffnet. Sämmtliche Ballgäste und
I Kellner waren als Zeugen vorgeladen. Der Präsident schwelgte.
Millionen von Juristen waren herbeigeeilt, um die holde
Elise zu vertheidigen. Aber der Staatsanwalt hatte alle Ge-
schwornen verworfen, welche nicht blind waren, damit sie nicht
durch Elisens Schönheit geblendet würden. Seine Worte
donnerten die Gegner wie Revolverschüsse nieder.
Alles fürchtete Alles.
Drittes Kapitel.
In diesem Augenblicke — Aha, wird der Leser sagen.
frichter re.
in diesem Augenblicke kommt George aus der Verschollenschaft
zurück, vertheidigt Elise, sie wird freigesprochen, und — falsch
gerathen, naseweiser Leser. So schnell enden wir nicht; nein
— in diesem Augenblicke — zog sich der Gerichtshof zurück.
Wertes Kapitel.
Das Publikum wartete auf das Wiedererscheinen des
Gerichtshofes mit der Gespanntheit, mit welcher der Leser das
vorige Capitel durcheilte.
Aber er kam nicht.
„Ach, mich hungert so sehr," sagte da eine Stimme aus
der Menge; denn es war spät geworden. Sie wurde sogleich
verhaftet.
Trotzdem entfernte sich das Publikum langsam.
Drittes Buch.
Erstes Kapitel.
2 Jahre und 7 Monate lassen wir rückwärts fließen
im Strome der Zeit. Die spanische Revolution war ausge-
brochen. Eben wurde ein Nonnenkloster aufgehoben.
Rosuita stand weinend am Fenster, um welches sich die
Cypressen vom Todtenhofe einer entschwundenen Zeit rankten.
Unten an der Thüre donnerten die Kolbenstöße Olozaga's.
Rosuita rang die Hände; sie wollte vortreten — wieder
bebte sie zurück.
„Oeffne, Bürgerin'. Im Namen der Freiheit!" tönte
es von unten.
„Großer Gott!" betete Rosuita.
Sie öffnete.
(Schluß folgt.)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Scharfrichter oder Ein treues Herz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 51.1869, Nr. 1262, S. 91
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg