Die Auswanderer
.O spricht, warum zogt ihr «o» dannen'!» —
g. Kreitigrarh.
Der Winter naht, und traurig wirft die Erde
Bon sich de» Sommer« buntes Feftgewand;
Vorüber ist nun Hitze und Beschwerde,
Doch auch der Jahres schönster Zauber schwand.
Kurz wird der Tag; der Sandmann sänmt nicht länger
Und heimset ein den Segen der Natur;
Zur Reise schaaren sich des Waldes Sänger,
Und einsam treibt der Hirt ans weiter Flur.-
Mein Vaterland! darf ich dir offen sagen,
Welch' herb' Gefühl mir durch die Seele brennt? —
Wie deine Jahreszeit in diesen Tagen
Man aus den Blättern der Geschichte nennt?-
Sieh, deine Sonne senkt sich tief und tiefer.
Weil dichter Nebel steigt ans Sumpf und Moor;
Und ihre Strahlen brechen schief und schiefer
Und selten unr durch Nachtgewölk hervor.
Und deiner Wälder buntbelebte Räume,
Wie find verlaffen sie, wie öd, wie kahl!
Der Herbstwind jagt das fahle Laub der Bäume
Mit Hohngelächter über Berg und Thal.
Wo sind die Sänger, die im Eichenhaine
Anhoben tausendstimmigen Gesang,
Daß laut vom Frühroth bis zum Abendscheine
Durch Feld und Wald der Liedeszauber klang? -
Doch horch! Sind das nicht heimathlicher Klage
Accorde, die im Abendwin« verweh'n?
Und wer find die, die dort noch spät am Tage
In grauer Ferne still und einsam geh'n?-
Ach! Deine treuesten Sänger, deine besten,
Sie find's, die, mit der Harfe io der Hand,
Gesenkten Hauptes zieh'n nach Süd und Westen,
Und dich beweinen, deutsches Vaterland!
Es wird schon kalt und leer auf deinen Auen;
Dahin der Lenz, des Sommers Farbenpracht;
Aus Baum und Strauch ist keine Frucht zu schauen: —
Hast du schon in die Speicher sie gebracht?
Wie, oder riß vielleicht des Sommers Schwüle
Die grünen Früchte dir vom welken Zweig?
Erstickte gar der Frühlings nächt'ge Kühle
Im jungen Keim schon Blüth' und Frucht zugleich??
Auf fremder Erde athmen sie nun freier.
Im kühlen Schatten müde hingestreckl,
Jndeß oft aus den Saiten ihrer Leyer
Der Zephyr spielend alte Klänge weckt.
Und wollt Ihr wissen, warum die Asreten
Der Freiheit nicht Ein Vaterland vereint,
So fragt, warum einst Israels Propheten
An Babels Strand und Salems Schutt geweint!
Georg Scherer.
Rebaction: CaSpar Braun und Friede. Schneider. — München, Verlag von Braun & Schneider,
Schnellpressen druck von I. P. Himrner in Augsburg.
.O spricht, warum zogt ihr «o» dannen'!» —
g. Kreitigrarh.
Der Winter naht, und traurig wirft die Erde
Bon sich de» Sommer« buntes Feftgewand;
Vorüber ist nun Hitze und Beschwerde,
Doch auch der Jahres schönster Zauber schwand.
Kurz wird der Tag; der Sandmann sänmt nicht länger
Und heimset ein den Segen der Natur;
Zur Reise schaaren sich des Waldes Sänger,
Und einsam treibt der Hirt ans weiter Flur.-
Mein Vaterland! darf ich dir offen sagen,
Welch' herb' Gefühl mir durch die Seele brennt? —
Wie deine Jahreszeit in diesen Tagen
Man aus den Blättern der Geschichte nennt?-
Sieh, deine Sonne senkt sich tief und tiefer.
Weil dichter Nebel steigt ans Sumpf und Moor;
Und ihre Strahlen brechen schief und schiefer
Und selten unr durch Nachtgewölk hervor.
Und deiner Wälder buntbelebte Räume,
Wie find verlaffen sie, wie öd, wie kahl!
Der Herbstwind jagt das fahle Laub der Bäume
Mit Hohngelächter über Berg und Thal.
Wo sind die Sänger, die im Eichenhaine
Anhoben tausendstimmigen Gesang,
Daß laut vom Frühroth bis zum Abendscheine
Durch Feld und Wald der Liedeszauber klang? -
Doch horch! Sind das nicht heimathlicher Klage
Accorde, die im Abendwin« verweh'n?
Und wer find die, die dort noch spät am Tage
In grauer Ferne still und einsam geh'n?-
Ach! Deine treuesten Sänger, deine besten,
Sie find's, die, mit der Harfe io der Hand,
Gesenkten Hauptes zieh'n nach Süd und Westen,
Und dich beweinen, deutsches Vaterland!
Es wird schon kalt und leer auf deinen Auen;
Dahin der Lenz, des Sommers Farbenpracht;
Aus Baum und Strauch ist keine Frucht zu schauen: —
Hast du schon in die Speicher sie gebracht?
Wie, oder riß vielleicht des Sommers Schwüle
Die grünen Früchte dir vom welken Zweig?
Erstickte gar der Frühlings nächt'ge Kühle
Im jungen Keim schon Blüth' und Frucht zugleich??
Auf fremder Erde athmen sie nun freier.
Im kühlen Schatten müde hingestreckl,
Jndeß oft aus den Saiten ihrer Leyer
Der Zephyr spielend alte Klänge weckt.
Und wollt Ihr wissen, warum die Asreten
Der Freiheit nicht Ein Vaterland vereint,
So fragt, warum einst Israels Propheten
An Babels Strand und Salems Schutt geweint!
Georg Scherer.
Rebaction: CaSpar Braun und Friede. Schneider. — München, Verlag von Braun & Schneider,
Schnellpressen druck von I. P. Himrner in Augsburg.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Auswanderer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)