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Der Freischütz.

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„Anfängen — anfangen" — schrie das Publicum — „das
wähn ja cne Ewigkeit!" piepte eine einzelne Stimme —
„wir wollen milhelfen," antworteten andere. — „Anfängen
— Vorhang auf!" tobte das Chor wieder, und Magnus,
schnell gefaßt, ergriff die Klingel, und bearbeitete sie nach
Leibeskräften.

„Herr Jeses — ich habe den Drehschwärmer noch nicht
fest!" rief Samiel erschrocken.

„Thut Nichts" — beruhigte ihn der Direktor — „ich
klingelte nur, damit die Flegel da vorne glauben sollten, es
ginge an, und Ruhe halten." Das Mittel erwies sich auch
als probat, denn der Sturm war beschwichtigt, und Alles
harrte, in gespannter Erwartung, der Dinge die da kommen
sollten.

„Wär' es nicht besser, wir sähen uns die Wvlfsschlucht
von draußen mit an?" frug Osfeld den Freund — „der Ein-
druck ist auf jeden Fall stärker."

„Gern!" erwiederte Jener, „aber waS zum Henker macht
denn der dort mit dem Werg?"

Sein Ausruf bezog sich auf einen kleinen dünnen Mann,
der hinter der ersten Coulisse niedergekauert saß, und mit der
ernsthaftesten Miene von der Welt das Werg in kleine Kügel-
chen zusammendrehte und neben sich legte. Eben, als sie ihn
über deffen beabsichtigte Nutzbarkeit fragen wollten, hatte der
auf's neue erwachte Unmuth deS jetzt kaum noch zu bezähmen-
den Publicums seinen Glanzpunkt erreicht, und die Klingel
tönte nun in gutem Ernst, so daß die Beiden kaum noch Zeit
behielten vorzuspringen und ihre Plätze wieder einzunehmen.
Da rollte der Vorhang auf und zugleich tönte des Direktors
Stimme von Innen hervor:

„Lichter aus!"

Das ließ sich denn auch die liebe Jugend nicht zweimal
sagen — unter lautem Jubelruf fielen sie mit Mützen und
Händen über die unglücklichen Talglichter her — denn Jeder
wollte des Ruhmes theilhaftig sein, bei dem
„Theater" mitgewirkt zu haben — und in
wenigen Sekunden herrschte finstere graufige
Nacht in der „Schreckensschlucht."

Kaspar stand in der Mitte und legte den
Zauberkreis von Dresdner Straßenpflaster,
während dicht neben ihm ein mit Augen und
Nasenhöhlen versehener Kürbis, Gastrollen als
Todtenkopf gab.

„Chorsingen!" schrie da eine Stimme aus
, dem Publicum — aber „Ruhe — Ruhe!"
gebot es von allen Seiten, und der gottlose
Jäger begann, gerade als hinten auf einer
großen blechernen Kanne zwölfe geschlagen
wurde, seine Beschwörung. Kein Laut regte
sich weiter — kaum alhmen hörte man die
fest zusammengedrängte Menschenmaffe — auf
den Zehen, mit vorgestreckten Hälsen und zum
Aeußersten ausgeriffenen Augen starrten sie hin
auf das, was sich jetzt vor ihnen entwickeln

sollte — aber Nichts — gar Nichts konnten sie sehen. Sa-
miel erschien — wenigstens vernahmen sie seine Stimme —
doch tiefe Nacht deckte, höchst allegorisch, den Fürsten der
Finsterniß, — Mar trat auf, und die Gestalt wurde, als sie
in den Vordergrund schritt, allerdings sichtbar, wie er aber
rief: „er sähe seiner Mutter Geist — s o lag sie im Grab —"
und von Agathe erzählte, die in den Fluß svringen wollte, da
brummte der kleine dicke Fischer, der jetzt ganz behaglich einen der
leergewordenen Stühle eingenommen hatte, leise vor sich hin:

„Der muß drämen — ich sehe weeß Gott nischt."

Der Kugelsegen kam jetzt, und mit ihm das ganze Schauer-
liche der Schlucht; Magnus postine sich daher hinter die Eule
und zog ruckweise an einem dort befestigten Bindfaden, um
dieser die Flügel zu lösen; in der Maschinerie selbst mußte
aber wohl etwas versehen sein, denn der einzige Erfolg des
Ziehens war das Herunterfallen des Lichts, wobei die Eule
natürlich die Augen schloß, als ob ihr die ganze Schlucht
zuwider gewesen wäre.

„Zwei!" sagte Kaspar, und aus der linken Couliffe flog
ein Irrlicht in Gestalt einer brennenden Flocke Werg, und
zwar gerade auf des Kugelgießenden Leib geschleudert — der
sich dessen jedoch noch entledigte.

„Drei!" und mehre Irrwische zuckten in schneller Reihen-
folge auf den ttotzigen Jägerburschen ein.

„Werfen Sie doch nicht so hierher" — flüsterte dieser
schnell und heftig in die Coulisse hinein — „Sie brennen
Einem ja die Lumpen an — Vier!"

Immer dichter flogen die leuchtenden Flocken, und aus der
gegenüberstehenden Baumgruppe kam ein einsamer Schwäroier
herausgezischt.

„Fünf!" sagte Kaspar — zwei Schwärmer prasselten da-
bei von der linken, ein dritter von der rechten Seite los, und
hinten wälzte sich etwas Schwarzes über die Bühne; was?
konnte natürlich nicht ergründet werden, und nur eine Fra^n-

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Freischütz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Spuk <Motiv>
Furcht <Motiv>
Jäger <Motiv>
Karikatur
Schlucht <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Eulen <Motiv>
Thema/Bildinhalt (normiert)
Der Freischütz <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 6.1847, Nr. 138, S. 139
 
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