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Die beiden Geiger.


von grünem Tuch, wie es die Meister der Stadt zu weben
wußten. Der trutzige Konrad trug daher seine Bitte auch nicht
sonderlich demüthig. sondern mit einer gewissen, anmuthigen
Keckheit vor, die zwar durch seine fcuchtschimmernden Augen
etwas gedämpft ward, die aber dem würdigen Herrn Valentin
Goßwein doch höchlich zu mißfallen schien; denn nachdem dieser
eine Weile schweigend zugchört, stand er Plötzlich von seinem
Sitze auf. stellte sich breit und drohend vor dem Bittenden
auf und rief in Hellem Zorn: „Ja. seid Ihr denn alle Beide
närrisch. Ihr Landstreicher, oder wollt Ihr mich zum Besten
haben? Morgen kommt Ihr Beide hicher zur Stelle, und
dann soll Eure Kunst ein Wörtlcin dreinreden, denn Euer
Anliegen ist zu hirnverbrannt, als daß ein Christenmensch
daraus klug zu werden vermöchte!" — —
Und am andern Tag standen sie richtig Beide vor dem
gestrengen Schiedsrichter, der wieder im vollen Amtsstaat prunkte,
obwohl keine Sitzung des
Magistrates bevorstand, und
an dessen Seite ein' hoher,
wohlwollend aussehender
Herr in reicher Nittertracht
mit edlem Angesicht und
wohlgepflegtem, schwarzem
Barte saß.
Fried, dessen Antlitz
wieder klar, obwohl noch
etwas matt und schwermüthig
d'reinschaute von den über-
standenen Schmerzen, war
der Erste, den der Herr
Bürgermeister zum Spielen
aufrief. Mit aller Innigkeit
einer vom ersten, tiefen
Liebeswch ergriffenen Seele
führte er den Bogen, und
die Töne, die den Saiten
entströmten, mochten ihm
wohl selbst das innerste Herz
erschüttern und rühren, denn Thräne auf Thräne floß während
seines Spiels von den langen, dichten Wimpern nieder.
„Nun. seht nur Herr Burggraf", sagte Herr Valentin,
nachdem der Geiger geendet, zu dem Herrn an seiner Seite,
„so prächtig versteht der Schelm seine Kunst; dabei will er
aber die Ehre des Stadtpfeifcramtes gar nicht für sich haben,
sondern kommt und erfleht dieselbe für seinen Freund, dem ich
als kleine Zugabe noch meine Tochter mit auf den Lebensweg
geben soll. Sieht Euch der Junker aus, ob er beides wcrth sei?"
Mit erzwungenem Ernst deutete er auf den betroffenen
Konrad; dieser aber sah und hörte in diesem Augenblicke nichts
mehr von dem, was um ihn her vorging. Er war auf Fried
zugeeilt und erfaßte jubelnd seine beiden Hände.
„Das thatest Du für mich. Du Lieber, Du Treuer?" sagte
er unter Lachen und Rührung. „Ach. und dasselbe glaubte ich
Dir. meinem Genoffen, schuldig zu sein. Gestern, als Du

schliefst, als ich Dir Dein Geheimniß, während Du träumtest,
von den Lippen gelesen, flehte ich den Herrn Bürgermeister
um seine gute Meinung für Dich — und jetzt wiederhole
ich's — ich. der ich noch vor Keinem, als vor meinem
Kaiser gekniet habe, gebt ihm das Amt. gestrenge Herren, und
Ihr, Herr Bürgermeister, legt ihm getrost Euren Schatz an's
Herz, — so wahr Gott lebt, er ist seiner wcrth!"
Erschüttert war der starke Mann zu den Füßen des Ge-
strengen nicdergcsunkcn; dieser winkte ihm ruhig und voll
Würde, aufzustch'n, und sagte, während er dem lächelnden
Burggrafen in's Antlitz schaute: „Ja. das Amt könnte man
ihm allenfalls lassen — aber das Mädchen?"
„Ruft sie nur", sagte der Graf, während er belustigt mit
der wohlgcpflegten Rechten über den Bart strich.
Ein paar Augenblicke waren daun die beiden Geiger mit
dem vornehmen Herrn allein, denn der Bürgermeister schien,
der Länge seines Aus-
bleibens nach, sein Töchter-
chcn erst durch Zureden zum
Kommen bewegen zu müssen.
Während dieser Zeit
sprach der Graf freundlich
und viel mit Konrad über
seine Nittcrzcit, über des
Kaisers Walten in Böhmen,
und den Segen, den er
durch die Gründung der
Hochschule dem Lande er-
wiesen.
Die Antworten des
jungen Mannes schienen dem
Andern zu gefallen; er nickte
immer freundlicher; nur
schien cs, als gelte dies
Nicken mehr einer inneren
Gcdankcnkette, die er an
irgend einen Punkt des Ge-
spräches angeknüpft und
sortgcsponucu, als Konrad's Reden.
Fried stand indessen bescheiden von fern und hielt seine
sanften träumerischen Augen auf die Schwelle geheftet, hinter
der der Bürgermeister verschwunden. Endlich erschollen dessen
feste Tritte, begleitet von einem leisen Rauschen und Flüstern.
Nun öffnete sich die Thür, und hinter der breiten Gestalt des
Herrn Valentin erschien ein schlankes, weißgekleidetes Mädchen,
bei deren Anblick der junge Konrad. trotz all seiner opfcr-
müthigcn Vorsätze einen leuchtenden Blick innersten Entzückens
nicht zu verbergen vermochte.
Aber nun? Was bedeutete das? Auf der Schwelle wandte
sich das erröthendc Mädchen um. als schicke sic sich zum Gehen;
— doch nein, sie blieb und winkte nur mit den Augen und der
kleinen weißen Hand, und da kam — o liebliches Wunder! —
! eine zweite Mädchengestalt im Rahmen der Thür zum Vorschein,
ein mit satteren, volleren Farbentöuen gemaltes Abbild der
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die beiden Geiger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Wagner, Erdmann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mittelalter
Freundschaft <Motiv>
Wunsch
Burggraf
Violinspiel
Vorspiel <Musik>
Richter <Motiv>
Geiger <Motiv>
Vorsprechen
Eheschließung
Schloss
Zugeständnis
Freude
Karikatur
Saal
Liebeswerben <Motiv>
Junge Frau <Motiv>
Happy End
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 88.1888, Nr. 2220, S. 58
 
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