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Abenteuer in Australien.

daß fich die Oberfläche des Wassers lebhaft bewege, oder, wie
eigentlich hier der richtige Ausdruck wäre, lebhaft bewegt wurde.

Ich bin sonst gerade kein besonders kurageuser Kerl, hier
fangen mir aber doch die Glieder am ganzen Leibe an zu zittern,
und das Gewehr flog mir in der Hand herum, als ob ich
Fackeball damit spielte. Das dauerte aber nicht lange, und ist,
wie mir Müller nachher sagte, das Hirschfieber — oder in die-
sem Fall, das .unbekannte Bestienfieber- gewesen.

Das Schnarchen oder Schnauben dauerte indessen immer
fort, blieb dusemang auf derselben Stelle, und schien akurat
hinter dem Felsklumpen vorzukommen, der am Wasser lag.

Eine volle Viertelstunde hielt ich's so aus, schrie weder um
Hülfe, noch regte ich mich sonst, hielt aber die geladene Büchse
fortwährend in der Hand und gerade auf den Stein zu gerich-
tet, damit ich gleich, rechts oder links, wo etwas heraus kom-
! men sollte, hinfahren könnte, und sah mir bald die Augen aus
dem Kopfe — aber es kam Nichts, und was für ein Ungeheuer
es nun auch war, es blieb jedenfalls kluger Weise hinter dem
; Stein liegen.

Da faßt ich mir endlich ein Herz, schnallte mir meinen
Riemen, den ich um den Leib trug, ein Loch enger, damit ich
im Nothfall recht tüchtig ausgreifen könnte, drückte mir den
Hut fest in die Stirn, nahm noch einmal einen tüchtigen Schluck
aus meiner Wachholderflasche, die ich, Gott sei Dank, bei mir
führte, und schlich so leise auf dem grauen feuchten Sand und
Lehm hinter meinem Busch vor die Uferbank hinunter, daß ich
nicht um einen Louisdor einen Schritt von mir selber hören
konnte. So kam ich endlich bis dicht an den Stein, und das
Herz schlug mir so laut in der Brust, daß es Schultze wollte
! oben auf der Userbank gehört haben, glitt leise rechts herum,
daß ich das Wasser dicht davor überschauen konnte und — sah
nicht das mindeste — der Platz war öde uno leer, das Schnau-
ben hatte aber ebenfalls ausgehört, und nur von der anderen
Seite schien mir noch so ein halblautes Röcheln herüber zu
I tönen.

Vorn herum genirt ich mich zu gehen, so ein Ungethüm
konnte auf einmal aus dem Wasser fahren, und ich bin von je
schreckhaft gewesen; ich kroch also deshalb wieder zurück, umging
den runden Felsblock und suchte ebenso vorfichtig von der an-
deren Seite anzukommen. — Aber auch hier Nichts — die-
j selbe Stille; ich wartete wohl eine Viertelstunde — Gott be-
wahre, nicht die Spur von einer Bestie. Sowie ich aber zu
meinem Versteck zurückkroch, ging der Spektakel von Neuem
los, und näherte ich mich dem Fels wieder, so konnte ich mich
auch darauf verlassen, daß ich mich umsonst bemüht hatte. Um
den Stein herum kam ebenfalls Nichts, und ich versuchte des-
halb ein Auskunstsmittel; ich wollte nämlich auf den Stein
hinaufllettern, mich oben flach auf den Bauch legen, und dann
erwarten, ob das Ungethüm — denn daß dieses es sein mußte,
daran zweifelte ich jetzt nicht im Geringsten mehr — dadurch
! verlockt, aufs Neue herauskomnien würde, wonach ich vielleicht
j im Stande war, ihm ganz ungesehen, und da oben auch ficher,

| eins auf den Pelz zu brennen.

Das war aber ein schwerer Stück Arbeit, als ich im An-

fang vermuthet, und der Fels, wenn auch nicht ganz glatt und
eben, sondern eher mit einer Masse von rauhen Stellen bedeckt,
doch sonst so feucht und schlüpferig, daß ich wohl sechs bis
fieben Mal den Versuch machte, immer aber wieder ausrutschte
und zurückfiel. Die Flinte genirte mich dabei, da ich .sie bis
jetzt in der Hand gehalten; ich hing sie also auf den Rücken,
und umging nun noch einmal die Stelle, irgend vielleicht einen
Sprung oder Spalt entdecken zu können, in den ich mich hinein-
zwingen und darin hinauf arbeiten konnte. Glücklicher Weise
fand ich eine Art Vorsprung, der mir unter dem Fuß wie mit
Moos bewachsen schien, trat hinauf, ergriff mit beiden Händen
eine Art kurzes hartes Gras, das oben wuchs, und war eben
im Begriff den Gipfel zu gewinnen, als ich ein furchtbares
Schnauben, anscheinend dicht unter mir, vernahm, und dabei
schien der ganze Fels, als ob fich irgend ein Koloß dagegen
werfe, zu erbeben.

3n Angst und Entsetzen riß ich meine Büchse von der Schul-
ter, ließ aber dadurch meinen Halt fahren, rutschte aus und
kam, ich weiß jetzt selbst nicht mehr wie, an den Drücker, der
Hahn schlug nieder, der Schuß fuhr heraus, und bei dem Knall
war es, als ob die ganze Erde unter mir zusammenbräche —•
der Boden wankte unter mir, ich wurde — wie mir es im
ersten Augenblick schien — in die Mitte nächster Wache hinein-
geschleudert — und blieb dann wahrscheinlich befinnungsloS am
Boden liegen. Als ich wenigstens später wieder erwachte, ver-
sicherten auch meine Kameraden, die mich jetzt alle umstanden,
daß ich eine volle Stunde, und zwar von neun bis acht Uhr
in diesem Zustand gelegen habe.

Aber — Entsetzen — ich sprang auf und schaute mich in
sprachlosem Erstaunen ringsum — der Felsblock — über den
ich noch vor kurzer Zeit meine Bettachtungen angestellt — der
Felsblock, um den ich rechts und links, die Bestie dahinter ver-
muthend, herumgekrochen, der Felsblock, auf den ich — unseli-
ges tollkühnes Menschenkind ich — hinauf geklettert — war
verschwunden, und mir jetzt Nichts weiter übrig geblieben,
als fest davon überzeugt zu sein, jener runde kolossale Klumpen
sei eben das Ungeheuer gewesen, das wir gesucht, und daß fich
hier auf so eigenthümliche Weise mir gezeigt habe.

Meine Kameraden wollten es mir im Anfang nicht glauben,
die vorige Wache bestätigte aber, daß ein solcher dunkler Kör-
per, den sie ebenfalls für einen Fels gehalten, dort gelegen
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Abenteuer in Australien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Lichtenheld, Wilhelm
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Abenteurer <Motiv>
Fluss <Motiv>
Nacht <Motiv>
Schießen
Karikatur
Ungeheuer
Schusswaffe <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Australien

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 9.1848, Nr. 197, S. 34
 
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