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Brief aus Schleswig-Holstein.

auf den Damfwagm giefen aber auf den Bahnhof Bier auf
sich, damit Sie hibfch frisch bleiben.

Nein aber so etwas habe ich mein Lebdage nicht gesehn,
wie so eine Eisenbahn. Denkt euch da liegen liebe Eltern und
Geschwüster, auf der Erde lange Eisenstangen und darauf leuft
der ganse Blunder und gans alleine. Vorneweg zuerst ist die
Lakemitife daS ist der Wagen wo der Dampf oben herauskomt
und den laufen die gansen andern Wagen nach. Ich war mit
osenen Munde stchm gebliben weil ich so was mein Lebdage
noch nicht gesehn hatte und der Korberal mußte mir einen
Eksdraripenstos geben als cs fortgehm sollte weil ich vor Der-
wunterung gar nicht wieder zu mir kommen konte.

Jetz mußtm wir in die Wagen einsteichen es waren aber
nicht genug da und darum mußtm die zuletzt angekommen waren
in die schlechtesten. Ich kam in einen wo lauder Gitter links-
herum waren aber kein Deckel obmdrauf und keme Size aber
eS wurdm Bretter gebracht. Mir sagte Jemand das dies eichent-
lich die Wagen weren worin die Ochsen und das liebe Fieh
vortgedranzbortirt würde aber das glaube ich nicht denn die
Ochsm werdm nicht mit den Damfwagm fahren die könnm
laufen. Und wmn es auch wahr ist so schatet es auch nichts
das ich in einen Ochsenwagen gefahren bin denn ich bleibe deshalb
doch immer euer lieber Sohn und der Korberal fuhr auch mit. Und
wie stch jetz die Zeiten äntem kann es wohl auch noch dahin
kommen das speter die Ochsm nur in der ersten Klaffe aus dm
gebolsterdm Damfwagm fahren wollen, was mich recht freuen
sollte.

Aber ging das rasch als es erst fortging das pfif nur so
das einen ortentlich die Nasmspitze gans roth wurde. Und gans
voran auf die Lakemitife stand einer der mußte eine gans merk-
wirtig gute Lunge habm denn alle Minuten pfif er einmal das
uns Hörm und sehen verging.

Zuerst kamen wir nach Leibzig aber wir konnten von der
Stadt nicht viel sehn dmn wir marschürten um die Thore hemm
wo die Anlagm find welche sehr schön find. Aber wir musten
auf dem Fahrwege marschürm der sehr schmutzig war weil es
grade regnete. An einer Stelle ich glaube Sie nanntm es der
Roßblatz lag der Schmuz auf den Fahrwege so hoch, das mehre
von uns die Stiefeln stecken liesm und wir nur im Drauer-
marschschrit weiter konntm. Auser diesen unreinligen Schmuz

und Regen auf den Fahrwege haben wir aber von Leibzig nichts
gesehn was übrigens sehr schön ist.

Es ging sogleich wider auf einen andem Bahnhof wo wir
wider eingebackt und vortgedranzbortirt wurdm allein aber erst
mußtm wir eine ganse Zeit lang in Regen stehn und in Näßen
das ich einen infahmen Schnubfen bekam und in einen fort
niesen mußte als der Generall vorbei ging und wir das Gewehr
prösmdirten wamm mich der Korberal einen Esel nannte was
aber doch ganz unrecht ist.

Endlich stigen wir in die Wagm und dismal kam ich mit
in einen sehr schönen Wagen wo gewöhnlich nur Menschen fahren
wie mir ein Kamerat sagte. Derselbe Kamerat sagte mir auch
das das Pfeifen auf der Lakemitife kein Mensch ist sondem es
die Lakemitife selbst gans von alleine macht, was ich dann auch
selber mit angesehn habe.

Nun ging es fort und zwar nach Berlin wie ich underwegs
hörte; vor Berlin fürchte ich mich ortentlich dmn unser Pater
hatte gesagt das in Berlin ein abscheiliches Volk wohne die
immer nur plindem und morten wamm der liebe Herrgott jetzt
auch Berlin in Belacherungsstand erklärt hätte. Ich war des-
halb gans engstlich.

Der Weg bis Berlin ging in einer sehr ttaurichen Gegend
und ich glaube man kann das nicht einmal eine Gegend nennen
denn man steht nichts als Feld. Die Berge scheinen Sie zu
der Eisenbahn gebraucht und abgedragen zu haben denn manch-
mal geht es ungeheier hoch auf grosen Dämmen das man
meinm kennte es ging in den Himmel wmn es so sott ginge.
Manchem«! geht es aber auch tief in die Erde hinein das ich
einmal laut anfing zu schrein denn ich dachte es ginge schon
mit Damf in die Hölle weil unser Pater einmal gesagt hat
das die Eisenbahnen eine Erfintung des Teifels weren. Wer
es machte stch und wir kamen wider an das Dageslicht warum

ich ortentlich froh wurde. —
So kamen wir nach Berlin.
Nun dachte ich jetz kommt
Dein letztes Stindlein nimm
Dich in Acht dmn die Leite
haben es hier auf Dich ab-
gesehn. Aber wie sehr mußte
ich mich erstaunen als die
Berliner grade so aussahm
wie die andem Deutschm
und von Plintern und mor-
ten war gar keine Rede nicht.
Das sagt nur unsem Pater
Hochwirden das hette ich
gesagt.

Aber ist das eine Stadt
das Berlin! Sttaßen so lang
und breid das man gar nicht
driber hinaussehe kann und
alle geflastert warum mir
aber meine Hihneraugen sehr
weh thaten. Hier bleibn
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Brief aus Schleswig-Holstein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Lichtenheld, Wilhelm
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Stiefel
Soldat <Motiv>
Schlamm
Weg <Motiv>
Kompanie
Pfeifen
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 9.1848, Nr. 205, S. 98
 
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