Metadaten

Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Forschungen in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 1:, 1906

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43825#0084
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
78

von dem das erste und letzte Tageslicht in die l iefe glänzt, zur Warte der Hera wurde,
von der sie den geheimen Vorgang im Talgrunde belauern konnte. Der Bach hat hier, wo
er sich der Ebene nähert, eine hohe, rasch abfallende Mure abgesetzt, die der weiteren
Niederung eine stärkere Neigung gibt, als sie das altephesische Seitental besitzt. Auf dieser
Mure liegt der heutige Weiler Arvalia. In und um ihn gedeihen eine Menge schöner Pyra-
midenpappeln, die den Anblick eines kleinen Waldes geben, des einzigen, der (seit kurzem
durch Anbau von allerhand Fruchtbäumen vermehrt) in den Niederungen des Landes vor-
handen ist. In der Schlucht oberhalb des Weilers stehen auch hohe Platanen vor einer
senkrechten Felswand, an deren Fuße sich die Wasser des Baches zu einem geschlossenen
Becken sammeln. Dieser sofort sich auszeichnende, idyllisch anheimelnde Naturwinkel ließe
sich geradezu als das Adyton der Entbindung und die Badestätte der Leto vergegenwärtigen,
wenn der antike Boden nicht auch hier vermurt wäre; doch geht dieser Gedanke vielleicht
trotzdem nicht fehl, da gerade die Felswand, wenn sie einst höher freilag und zum Adyton
gehörte, das Rätsel erklären könnte, warum Pausanias in einer summarischen Aufzählung
ephesischer Naturmerkwürdigkeiten (S. 52, 5) auch des Kenchrios gedenkt, der sonst nicht
das geringste Auffällige bietet. Zu allem aber hat Arvalia eine Seehöhe von nur 100 bis
120m, ohne von der nahen Flußebene aus gesehen zu werden, und auch dies harmoniert
überraschend mit den Angaben Strabons. Ortygia lag dann in der Tat ,etwas über' dem
einstigen Golfe und wurde von dem Periplus als nicht bemerkbarer Binnenort übergangen.
Der in historischer Zeit zugewanderte Letomythos hatte sich der alten Landesreligion
anzugleichen, und infolge davon gewann, im Gegensätze zu Delos, Artemis den Vorrang,
während Apollon zurücktrat. Nicht minder handgreiflich ist seine Anpassung an die Ört-
lichkeit, wo er sich niederließ und Wurzel schlug. Die merkwürdige, ihm in anderweiten
Culten fremde Rolle der Hera erscheint gleichsam hervorgebildet aus der Scenerie von
Ortygia. Wie ein von da sich ausbreitendes Gewächs überspann er aber auch weitere
Stätten der Ephesia. Auf dem Koressos kannte man einen heiligen Bezirk, in dem nachmals
ein Altar der Artemis geweiht war (S. 59, 2). Dorthin hält Leto ihren Kirchgang mit der
jungen Tochter, um auf ihre Frage, wie die Stätte heiße, mit dem Wortspiele zu antworten:
κόρη, σός, eine anekdotische Erzählung also, die, wie immer bewertet, doch nur Sinn hat,
wenn der Altarbezirk dem Geburtsorte irgendwie benachbart war. Hochpoetisch ist eine
Sage, die in diesem Zusammenhänge gleichfalls Licht empfängt. Nach Überlieferungen, die
in variierenden Ausdrücken auf Herodian zurückgehen,1) besteigt Hermes im Auftrage des

*) Herodian ed. Lentz I 373, 22 (aus Theognost p. 129, 8):
Κηρύκειον δνομα λόφοι), ού φασιν τον Έρμήν άναβάντα την γέννησιν
τής Άρτέμιδος τοΐς θ·εοΐς άνακηρύξαι, τού Διδς τούτο προστάξαντος. —
Hesychios s. ν. Κηρύκιον δρος τής Εφέσου, έφ’ ου μυθ·εύουσι τον
Έρμήν κηρύξαι τάς γόνας Άρτέμιδος. — Suidas s. ν. Κηρύκεια . . .
καί’Κηρύκειον, δρος Εφέσου. — Etymologicum magnum ρ. 511,

35 s· ν· Κηρύκειον . . . Έστι καί δνομα λόφου τής Εφέσου, έν φ
άνήλθ-εν δ Ερμής κατά βούλησιν των θ·εών, καί έκήρυξε τήν γέννησιν
τής Άρτέμιδος. Gleichlautend das Etymologicum Gudianum
s. ν. Κηρύκειον von Ηρακλής, wie früher auch im Etymologicum
magnum ediert wurde, ehe Gaisford aus guten Handschriften
Ερμής restituierte. Das Richtige hatte bereits Lobeck, Aglao-
 
Annotationen