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Rusticaquadern mit innerem Füllwerk ohne jeden Mörtel. Das Material ist überall am Orte
selbst gewonnen; in Fig. 6 sieht man noch drei Steinbrüche in der Nähe der Mauer, auf
der Höhe des Koressos wurden einige in Cisternen verwandelt. Die größte der dort
vorhandenen Cisternen schätzte ich auf 6 Meter Breite, io Meter Länge und eine noch
größere Tiefe.
Bildet der beschriebene Mauerring eines der größten Befestigungssysteme, die uns
das Altertum hinterließ, so wird sinnfällig, daß ihn der fortificatorische Zwang des Terrains,
selbst von den unbebaubaren Steilhängen abgesehen, beträchtlich weiter zog, als die da-
malige Bevölkerung benötigte. Deshalb verstärkte Lysimachos diese durch Ansiedler aus
den eroberten Städten Kolophon und Lebedos. Aber auch mit einem solchen plötzlichen
Zuwachs wird sie noch immer den weiten Gürtel nicht gefüllt haben.1) Es bedurfte dazu
einer langen Entwicklung, wie sie bis in die Zeit der Antonine hinein in der Tat stetig
stattfand. Als aber später die Zahl der Bewohner wieder abnahm und endlich zu schwach
wurde, um den langen Mauerzug zu verteidigen, mußte er verkleinert werden. In byzan-
tinischer Zeit wurde der ganze rückwärtige Teil der Stadt und der lange Koressos auf-
gegeben. Eine aus Bruchsteinen und festem Mörtel aufgeführte Mauer, in die antike In-
schriften, Bauglieder und Sculpturen verbaut sind, bezeichnet das engere Ausmaß. Sie
läuft von der südlichen Anhöhe des Pion, wo sie an die Lysimachische Mauer anschließt,
zum Theater herab und durchquert nördlich der Agora die Ebene in merkwürdig gebro-
chener Linie bis zum Südostende des Hafens, wo ein dicker Turm steht, während sie
sonst ohne Türme ist; ein Stück des Mauerzuges ist auch nördlich des Gymnasiums am
Hafen verfolgbar, wieder im Anschluß an die Königsmauer. Geschützt war also nur das
Hafenviertel mit den einstigen öffentlichen Gebäuden und auch dies nicht einmal voll-
ständig. Vergleichbar ist unter anderem2) die sogenannte Valerianische Mauer in Athen,
die der fränkischen Zeit von der neuesten Forschung zugeschrieben wird.
In den langen wechselnden Kämpfen der aus dem Reiche Alexanders entstandenen
Großmächte spielt der Kleinstaat Ephesos die passive Rolle weiter, an die er seit Jahr-
hunderten gewohnt war, und ist zeitweise den Seleukiden, den Ptolemaiern, schließlich
den Pergamenern zugehörig. Nach jeweilig kurzem Widerstande ergibt er sich jedem
Mächtigen und hält es mit ihm so lange, bis ein Mächtigerer diesen wieder aussticht; selbst
in Wünschen und Keimen fehlt es an einem politischen Aufstreben, wie es einen andern
x) Vgl. Frontin III 9, 10. Antiochus aduersus Ephesios
Rhodiis, quos in auxilio habebat, praecepit, ut nocte portum
cum magno strepitu inuaderent; ad quam partem omni multi-
tudine cum tumultu decurrente, nudatis defensore reliquis
munitionibus, ipse a diuerso adgressus ciuitatem cepit. Das
Ereignis fällt in den zweiten syrisch-ägyptischen Krieg des
Antiochos II Theos gegen Ptolemaios II, B. Niese a. a. O.
II 135. — Der Flächeninhalt der Stadt innerhalb der Mauern
im Grundriß gemessen beträgt nach Hauptmann A. Schindler
316 Hektar. Beloch, Die Bevölkerung der griechisch-römischen
Welt 486 hatte ihn (wohl nach der Kartenskizze Humanns)
auf 415 Hektar gemessen und gibt für Athen samt dem Pei-
raieus einen Flächeninhalt von 585 Hektaren an.
2) Geizer, Pergamon unter Byzantinern und Osmanen 70.
Rusticaquadern mit innerem Füllwerk ohne jeden Mörtel. Das Material ist überall am Orte
selbst gewonnen; in Fig. 6 sieht man noch drei Steinbrüche in der Nähe der Mauer, auf
der Höhe des Koressos wurden einige in Cisternen verwandelt. Die größte der dort
vorhandenen Cisternen schätzte ich auf 6 Meter Breite, io Meter Länge und eine noch
größere Tiefe.
Bildet der beschriebene Mauerring eines der größten Befestigungssysteme, die uns
das Altertum hinterließ, so wird sinnfällig, daß ihn der fortificatorische Zwang des Terrains,
selbst von den unbebaubaren Steilhängen abgesehen, beträchtlich weiter zog, als die da-
malige Bevölkerung benötigte. Deshalb verstärkte Lysimachos diese durch Ansiedler aus
den eroberten Städten Kolophon und Lebedos. Aber auch mit einem solchen plötzlichen
Zuwachs wird sie noch immer den weiten Gürtel nicht gefüllt haben.1) Es bedurfte dazu
einer langen Entwicklung, wie sie bis in die Zeit der Antonine hinein in der Tat stetig
stattfand. Als aber später die Zahl der Bewohner wieder abnahm und endlich zu schwach
wurde, um den langen Mauerzug zu verteidigen, mußte er verkleinert werden. In byzan-
tinischer Zeit wurde der ganze rückwärtige Teil der Stadt und der lange Koressos auf-
gegeben. Eine aus Bruchsteinen und festem Mörtel aufgeführte Mauer, in die antike In-
schriften, Bauglieder und Sculpturen verbaut sind, bezeichnet das engere Ausmaß. Sie
läuft von der südlichen Anhöhe des Pion, wo sie an die Lysimachische Mauer anschließt,
zum Theater herab und durchquert nördlich der Agora die Ebene in merkwürdig gebro-
chener Linie bis zum Südostende des Hafens, wo ein dicker Turm steht, während sie
sonst ohne Türme ist; ein Stück des Mauerzuges ist auch nördlich des Gymnasiums am
Hafen verfolgbar, wieder im Anschluß an die Königsmauer. Geschützt war also nur das
Hafenviertel mit den einstigen öffentlichen Gebäuden und auch dies nicht einmal voll-
ständig. Vergleichbar ist unter anderem2) die sogenannte Valerianische Mauer in Athen,
die der fränkischen Zeit von der neuesten Forschung zugeschrieben wird.
In den langen wechselnden Kämpfen der aus dem Reiche Alexanders entstandenen
Großmächte spielt der Kleinstaat Ephesos die passive Rolle weiter, an die er seit Jahr-
hunderten gewohnt war, und ist zeitweise den Seleukiden, den Ptolemaiern, schließlich
den Pergamenern zugehörig. Nach jeweilig kurzem Widerstande ergibt er sich jedem
Mächtigen und hält es mit ihm so lange, bis ein Mächtigerer diesen wieder aussticht; selbst
in Wünschen und Keimen fehlt es an einem politischen Aufstreben, wie es einen andern
x) Vgl. Frontin III 9, 10. Antiochus aduersus Ephesios
Rhodiis, quos in auxilio habebat, praecepit, ut nocte portum
cum magno strepitu inuaderent; ad quam partem omni multi-
tudine cum tumultu decurrente, nudatis defensore reliquis
munitionibus, ipse a diuerso adgressus ciuitatem cepit. Das
Ereignis fällt in den zweiten syrisch-ägyptischen Krieg des
Antiochos II Theos gegen Ptolemaios II, B. Niese a. a. O.
II 135. — Der Flächeninhalt der Stadt innerhalb der Mauern
im Grundriß gemessen beträgt nach Hauptmann A. Schindler
316 Hektar. Beloch, Die Bevölkerung der griechisch-römischen
Welt 486 hatte ihn (wohl nach der Kartenskizze Humanns)
auf 415 Hektar gemessen und gibt für Athen samt dem Pei-
raieus einen Flächeninhalt von 585 Hektaren an.
2) Geizer, Pergamon unter Byzantinern und Osmanen 70.