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III. Die Keramik mit aufgesetzten Reliefs251

In diesem Kapitel fassen wir Gefäße zusammen,
die — im Gegensatz zu den aus der Form gewonnenen
Bechern — mit aufgesetzten Reliefs geschmückt sind.
Die reliefierte Plakette wird auf der Innenseite von
Schalen oder auf der Außenseite der Gefäße ange-
bracht; der Rand der Plakette bleibt entweder erhalten
oder wird rundherum abgeschnitten, sodaß nur das ei-
gentliche Bild stehen bleibt. Gestalten sind einzeln auf-
gesetzt oder befinden sich auf derselben Reliefplatte.
Besonders interessant sind die Medaillonschalen
(C 1 - C 12), für die wir nach dem Material annehmen
dürfen, daß sie in Ephesos selbst hergestellt worden
sind; sowohl die Köpfchen — Satyrn, Mänaden
usw. — als auch die Eroten gehören dem dionysischen
Kreis an. Hierdurch ist ein Hinweis auf die Verwen-
dung der Schalen bei Festen zu Ehren des Gottes ange-
geben. Dieselben Motive finden sich in hellenistischer
und römischer Zeit auf zahlreichen Gegenständen252;
in Ephesos lassen sie sich z.B. auch auf den Griffstüt-
zen grautoniger Prachtlampen erkennen.
Neben Schälchen mit Dekor auf der Innenseite dür-
fen wir auch Kannen reihen, deren Vertikalhenkel mit
applizierten Reliefs verziert sind253. Von Kännchen
und ev. Situlen stammen unsere Köpfe C 26 - C 28. Die
Produktion von reliefverzierten Gefäßen, besonders
Schalen, in Ephesos selbst beweisen auch die Matrizen,
die wohl für die Verzierung von Paterae mit Tierkopf-
henkeln bestimmt waren (C 14, C 15); die Matrize C 13
könnte, wenn sie nicht auch die Innenseite einer Schale
bildete, den Deckel einer Pyxis geziert haben, eine Ge-
fäßgattung, die wir besonders in Makedonien antref-
fen254.
Die Matrize C 17 war wohl für architektonische
Zwecke bestimmt. Die Gefäße C 18 - C 25, bei denen
die Reliefs auf der Außenseite angebracht sind, gehören
einer Gruppe an, deren Ursprung für Pergamon nachge-

251 Die Bezeichnung stammt von Schäfer, PF 2 (1968) 64 ff.;
er verwendet sie für die in Pergamon hergestellte Gattung; wir
übernehmen die Bezeichnung für sämtliche Gefäße hellenisti-
scher Zeit, die mit einem applizierten Motiv geschmückt sind.
Die Arbeit von Barr-Sharrar, The decorative Bust, (1987) konnte
nicht mehr für dieses Kapitel verwendet werden.
252 s. Richter, AJA 62, 1958, 373, 376 f.
253 Pfrommer, Jdl 98 (1983) 254, Abb. 12, 15: Bronzeeimer
aus Derveni, Bronzelampe aus Vergina; auf Kannen in Ägypten
s. Thompson, Ptolemaic Oinochoai (1973) passim; auf Metallge-
fäßen s. auch „The Search for Alexander“ (1980), Nr. 133 (Leky-
thos), Nr. 109 (Amphora), Nr. 165 (Alabastron), Nr. 163 (Oino-
choe).
254 Drougou - Touratsoglou, Veria, 140 ff.

wiesen ist255. Dabei ist nicht auszuschließen, daß nach
anfänglichem Import die Gattung auch in Ephesos
selbst hergestellt worden ist. Zwei Gefäße (C 29, C 30)
sind mit einem Löwenkopf-Ausguß geschmückt. Die
glattwandigen Schalen C 31 - C 39 standen auf Mu-
schelfüßen; auch diese Gruppe entstammt lokalen Ate-
liers, wie nicht nur das Material sondern auch die ein-
heitliche Bearbeitung der Muscheln zeigen.
Medaillonschalen
(C 1 - C 12; Taf. 64-66)
Zu der Gruppe von Schalen, die auf der Außenseite
horizontale Riefen aufweisen und innen mit Schlicker-
dekor und Ritzung versehen sind2,56, muß auch eine
kleine Zahl von Schalen gerechnet werden, bei denen
statt des gemalten Stemmotivs in der Mitte ein Relief
aufgesetzt ist257. Nach Pagenstecher258 finden sich
auch in Kleinasien Vorstufen für die sogenannte caleni-
sche Keramik, wobei er gewisse Unterschiede in der
Technik beobachtet, die jedoch nicht als zeitliches Kri-
terien zu werten, sondern auf die Fabrikationsorte zu-
rückzuführen sind: die Reliefs können einzeln ausge-
schnitten und nebeneinander aufgeklebt sein oder —
häufiger in Griechenland — in einem aus der Form ge-
hoben und aufgesetzt, wobei der Rand verstrichen wird.
Gemessen an der gesamten Menge des Keramikmateri-
als aus dem Basilika-Bereich in Ephesos müssen wir
die Zahl der Medaillonschalen als gering bezeich-
259
nen .

255 Schäfer, PF 2, 64 ff.
256 s. Kapitel „Die Keramik mit Schlickerdekor“; Richter,
AJA 63, 1959,249, Anm.85.
257Deubner, AA, 1939, 340 f; Courby, BCH 37, (1913),
418 ff; ders., Les vases grecs ä reliefs, 330 f., Abb. 62, XUI; Pa-
genstecher, 8. Ergh. Jdl (1909); ders., AJA 13, 1909, 387 ff.;
ders., Jdl 27 (1912) 146 ff.; Züchner, Jdl 65/66 (1950/51) 182 ff.;
ders., Klappspiegel; Richter, AJA 63, 1959, 241 ff.; dies., AJA
62, 1958, 370 ff.; dies, in: Festschrift A. Grenier, 1322 ff.,
Taf. 259, 3-5;M.-O. Jentel, CVA Louvre 23 (1968) 21 ff.; dies.,
Les vases de Cales conservds au Mus6e du Louvre (1964-65)
393 ff.; A. Rocco in: EAAII (1959) 271 f; s. auch für die frührö-
mischen Medaillonschalen: Samaria lll, 346, zu Taf. XXII, 1;
Robinson, Agora V, zu M 31, Taf. 43; Strong, Greek and Roman
Gold and Silver Plate, 111 ff.; Sinn in: Demetrias I, 96 ff., 121 f.;
Mitsopoulos-Leon in: Praktika (1982), 85 ff; Morel, La Cerami-
que Campanienne in: Ceramiques hellenistiques et romaines, 94.
258 Pagenstecher, 8.Ergh. Jdl (1909) 11 ff.; s. dazu Morel a.O.
94; freundliche Auskunft M.-O. Jentel: Schalen aus Izmir im
Louvre.

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