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VIII. DIE OSTSIGILLATA B

Seit K. Kenyon504 wird die Bezeichnung „Sami-
sche Ware“, die auf R. Zahn505 zuriickgeht, durch
„Ostsigillata B“ ersetzt, eine Bezeichnung, die in der
Folge allgemein übernommen wird506. Damit ist eine
weit verbreitete Keramikgruppe beschrieben, die be-
sonders durch ihr Material auffällt: bräunlichen, stark
glimmerhältigen Ton und orangebraunen Überzug.
Zeitlich und qualitativ werden zwei Gruppen unter-
schieden507: die ältere, nach Robinson „Samisch B“,
nach Hayes „Ostsigillata B I“ setzte früher ein und ist
von besserer Qualität; die zweite Gruppe, „Samisch A“
oder „Ostsigillata B II“ wurde etwas später hergestellt,
stand länger in Verwendung, die Qualität dieser Stücke
ist schlechter. Die Gefäße der älteren Gruppe sind
dünnwandig, fein ausgeführt, stehen in der Form den
arretinischen Sigillaten nahe; ihr großer Formenreich-
tum fällt auf; die Gefäße sind reich verziert durch kon-
zentrische Kreise und Roulettierung; auf der Innenseite
offener Gefäße befinden sich rechteckige Stempel,
meist zentral, selten radial angeordnet, mit dem Töpfer-
namen oder einer Grußformel. Gefäße der zweiten
Gruppe sind weniger hart gebrannt, Ton und Überzug
sind von hellerer Farbe. Der Überzug bricht oft in grö-
ßeren Flecken ab, der Tauchstreifen ist seltener zu se-
hen. Die Formen sind einfacher, wiederholen sich; auf
der Außenseite der Lippe tauchen applizierte Ornamen-
te auf, die Rädchenverzierung fehlt oft. Als Stempel auf
der Innenseite überwiegen Rosetten und Sterne; dane-
ben tritt die planta pedis. Der Beginn der Produktion
der Ostsigillata B wird allgemein mit dem Eintreffen
der Arretina im östlichen Mittelmeerbereich in Zusam-
menhang gebracht, frühestens in augusteischer Zeit

504 Samaria IH (1957) 281 ff.
505 Zuletzt J.W. Hayes in: EAA Atlante delle forme
ceramiche n 49 ff; unser MS, vor allem die Gruppierung der
ephesischen Funde, war zum Zeitpunkt des Erscheinens der
wichtigen Arbeit abgeschlossen; Hinweise auf die Formen wur-
den nachgetragen; weiters Priene (1904) 445; nach Plinius Nat.
hist. XXXV, 12 (46) 160; Heberdey, FiE 1 (1901) 167 ff;
T. Knipowitsch in: Materialien zur röm.-germ. Keramik, 4, 1,
(1929) 12 ff; H. Goldman, Tarsus I (1950) 186; Waage,
AntiochIV 1 (1948) 38; ders., Hesperia 2, 1933, 291 ff; Robin-
son, Agora V (1959) 12, Anm.9; Bruneau, Delos XXVH, 240 ff,
247, „Samien Ancien“.
506 Hellström, LabraundaH 1, 1971, 28 ff, 32 f; Hayes, Rei
Cret Rom Faut Acta 5/6 (1963/64) 32 f; ders., Hesperia 42, 1973,
417 ff, 452 ff; ders., Late Roman Pottery, 1972, 9 f; Slane
Wright, Hesperia 49, 1980, 135 ff; s. auch K. Warner Slane, He-
speria 55, 1986, 271 ff.
507 Robinson a.O. 12, Anm.9, und passim Gruppen F und G,
Samian B und A; Hayes, Hesperia 42, 1973, 452 ff, B I und B II.

bzw. um die Zeitwende oder knapp danach508, ja die
Gattung wird sogar als ein östlicher Ableger der westli-
chen Sigillaten angesehen509.
Der Zeitansatz beruht einmal auf den fein profilier-
ten Formen, die einen Großteil der Gefäße charakteri-
sieren, die dadurch den westlichen Sigillaten eng ver-
bunden sind, und weiters auf den frühestens in
augusteische Zeit datierten Kontexten, in denen sich
Gefäße der Ostsigillata gefunden haben510. In diesem
Zusammenhang kommt einigen Beispielen aus Delos,
datiert in das letzte Drittel des zweiten und das erste
Drittel des ersten Jhs. v. Chr., größte Bedeutung zu511:
es handelt sich um einen Teller mit runder Wand und
breitem Ringfuß (Delos D 50), eine Schale mit runder
Wand (Delos D 52) sowie um ein größeres Gefäß mit
gerippter Wand und hohem, stufenförmigen Fuß (Delos
D53).
Bruneau weist zurecht auf die Verwandtschaft mit
Formen der Ostsigillata A hin512 und sieht hier erste
Vertreter der Ostsigillata B, die möglicherweise zusam-
men mit anderen Keramikgattungen aus dem Osten
nach Delos importiert worden sind. Der Teller und das
Schälchen mit runder Wand sind tatsächlich die älte-
sten und über lange Zeit beliebtesten Formen der
Ostsigillata A, neben die in augusteischer Zeit allmäh-
lich die Teller und die entsprechenden Schälchen mit
Steilrand traten513. Es sei daran erinnert, daß bereits
Zahn auf gewisse Zusammenhänge der Sigillaten mit
hellenistischen Gefäßen hingwiesen hatte514. Als Ent-

508 Hellström a.O. 32; Robinson a.O. 12 (nicht vor Ende des
ersten Jhs. v. Chr.); nach Hayes, Hesperia 42, 1973, 425, 468 er-
streckt sich die Entwicklung vonl über die früheren und mittle-
ren Jahre des ersten Jhs. n. Chr., II gewinnt in flavischer Zeit an
Beliebtheit; er schlägt Neudatierung der Agoragruppen vor: F
von ca. 1-20 n. Chr.; G, Level II a, ca. 1-25 n. Chr., Level Hb fla-
visch. Eine in liberianischer Zeit datierte Fundgruppe aus Ko-
rinth s. Slane Wright, Hesperia 49, 1980, 135 ff.
509 Hayes, Hesperia 42, 1973, 469, sieht die Formen Korinth
135, 136, 138, 144-148 als Imitationen der arretinischen Formen
des Service II an; nach Ch. Goudineau, BolsenaIV (1968), 338 f
kamen gegen 15 v. Chr. Impulse durch die östlichen Töpfer, die
möglicherweise der arretinischen Sigillata zu ihrem Erfolg ver-
halfen.
510 Robinson a.O. 12; Hayes, Hesperia 42, 1973, 468.
511 Bruneau a.O. 209, 247, „Samien Ancien“, D50 - D 52,
weiters nennt er etwa 12 Stücke.
512 Der Teller D 50 entspricht der OstsigillataA, Samaria
Form 1; Becher D 52 der Ostsigillata A, Samaria Form 16; für
den Krater D 51 vgl. SamariaIH, Abb.83, Nr. 7.
Samaria in (1957) 307, 315; s. unter Kapitel
„Ostsigillata A“, zu Samaria Form 14 und Form 23.

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