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XIV. UNGUENTARIEN

Flaschen und Näpfchen, vielseitig verwendbar zur
Aufnahme von parfümierten Ölen, Salben, Gewürzen,
Medizinen, auch Schminke, stammen sowohl aus Häu-
sern oder Geschäften als auch aus Gräbern und Heilig-
tümern; sie dienten demnach religiösen und profanen
Zwecken; in manchen Fällen kam ihnen vielleicht nur
dekorative oder symbolische Funktion zu755.
Ein Wandbild aus dem Haus der Vettier in Pompeji
zeigt Eroten mit der Herstellung und dem Verkauf von
Parfum beschäftigt; auf dem Ladentisch stehen diesel-
ben Gefäße, die wir hier in der Folge behandeln: eine
Flasche und ein niedriges Töpfchen756.
VORKOMMEN IN DER BASILIKA: aus unserem
Material gewinnen wir keinen Hinweis auf die ur-
sprüngliche Verwendung, da es aus der Anschüttung
der Basilika-Fundamente bzw. aus Schichten der Vor-
gängerbauten stammt.
Hier werden solche Gefäße angeführt, deren Form
vollständig oder ergänzbar ist; die Menge der Bruch-
stücke, besonders der Flaschen, ist natürlich größer;
zahlreich sind vor allem Fragmente, die von den bau-
chigen Amphoriskos-Typen (wie 0 1-04, 07-
0 11) stammen; sie sind brauntonig und glimmerhäl-
tig, oft mit beigem oder braunem Schlicker überzogen
und mit bräunlichen Streifen versehen. Gering vertre-
ten sind die grautonigen Fragmente. Der Stempel
NIKIAS/AYKIOS auf dem Salbtöpfchen 0 27 weist
auf Import aus Lykien.

755 P. Hellström, Labraundali 1, 23 ff; A. Mau, RM 15, 1900,
138 ff; H. Thompson, Hesperia 3, 1934, 311 ff, 472 ff; F.F. Jones
in: Tarsus I, (1950), 171 f, 200; O. Vessberg u. A. Westholm,
SCE IV 3, (1956), 53 ff; H. Robinson, Pottery of the Roman Pe-
riod, Agora V, (1959), F48, F49; E, Sjöqvist, 44, 1960, 78 ff;
C. Biegen - H. Palmer - R.S. Young, The North Cemetery, Co-
rinth XIII, (1964), 167; B. Schlörb-Viemeisel, AM 81, 1966,
4 ff; U. Knigge, AM 81, 1966, 112 ff; Ph. Bruneau, La maison
des comediens, Delos XXVII, (1970), 239 ff; Sparkes - Talcott,
Black and Plain Pottery, Agora XU, (1970), 155 ff; Ph. Bruneau,
BCH 94, 1970, 437 ff; G.R. Edwards, Corinthian Hellenistic Pot-
tery, Corinth VH 3, (1975), 98 f; U. Knigge, Der Südhügel,
Kerameikos IX, (1976); St. Drougou - G. Touratsoglou, Veria,
(1980), 123 ff; C.Tsakos, Adelt 32, 1977 (1982), 344 ff;
V. Anderson - Stojanovic, AJA 91, 1987, 105 ff, dort auch wei-
tere Lit.
756 A. Rumpf, AM 45, 1920, 163 ff, 165; Mau a.O. 138;
L. Curtius, Die Wandmalerei Pompejis (1929), Abb.90, 403; Un-
guentarien auf der Trapeza finden wir auf Totenmahlreliefs, Mo-
saiken u.a.

Flaschen und Salbtöpfchen
hellenistischer Zeit
(0 1-0 37; Taf.206-215)
Flaschen
Die ersten vier Flaschen (01-04) lassen sich zu
einer Gruppe zusammenschließen, bei der von einem
breiten Fuß aus ein bauchiger Körper ansteigt, ohne ei-
nen Stamm zu bilden; die größte Weite liegt im oberen
Teil; die kleineren Beispiele 07-0 11 folgen dieser
Formgebung; sie sind nach dem Wandschwung und ih-
rem Fassungsvermögen recht einheitlich, nur Oll ist
etwas gestreckter und mit einem kleinen Stamm verse-
hen. O 1 - O 4, bei denen Hals und Lippe fehlen, sind
auf eine Höhe von ungef. 0,13 m zu ergänzen, während
die kleineren Gefäße 0 7-011 ungef. 0,9 m betrugen;
zwischen beiden Gruppen liegt das vollkommen erhal-
tene Gefäß O 5, welches im ganzen schlanker ist. Sämt-
liche Beispiele, mit Ausnahme von O 6, sind mit bei-
gem Tonschlicker überzogen und mit Streifen in Rot,
Braun oder Schwarz auf Hals, Schulter und Bauch
überzogen. Nur O 6 ist auf Außen- und Unterseite voll-
kommen mit einem festen roten Überzug versehen.
Auf keinem unserer Gefäße ist ein Henkel oder An-
satz dafür erhalten; trotzdem sind unsere Flaschen wohl
von Amphoriskoi abzuleiten, welche wir in der zweiten
Hälfte des vierten Jahrhunderts und gegen 300 v. Chr.
in Gräbern finden757.
Henkellose, breite Flaschen treten auch an anderen
Fundplätzen auf, wir treffen sie allgemein in zwei Aus-
führungen. Weiter verbreitet scheinen die tongrundigen
Unguentarien zu sein; durch die beige, graue oder auch
leuchtend rote Tonfarbe wird jeweils ein völlig anderer
Eindruck herbeigerufen. Braune, schwarze oder auch
weiße Streifen zieren Hals, Schulter und Bauch;
manchmal ist die Schulterpartie einheitlich braun über-
zogen758. Der Ursprung dieser tonfarbenen Flaschen ist
möglicherweise in Zypern759 bzw. im Bereich des östli-
chen Mittelmeerraumes zu suchen. Die angeführten
Beispiele werden in das vierte Jh. datiert760, die Form
hält sich aber länger761.Neben den tongrundigen Ha-
schen gibt es in Attika eine schwarzgefimißte Variante

7$7 Aus dem Kerameikos: Schlörb-Viemeisel a.O. 85, 144,
Beil. 55, 3, dat. 3. Viertel 4. Jh.; aus Kozani: B. Kallipolitis -
D. Feytmans, AEphem 1948/49, 107, Abb.26, Nr. 37; die Auto-
ren verweisen auf die Vorbilder aus dem östlichen Mittelmeer-
raum; etwas schlanker und jünger ein Beispiel aus Veria; Drou-
gou - Touratsoglou a.O. 1260, 127, Anm. 42, Taf. 16.

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