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IV. HELLENISTISCHE RELIEFBECHER AUS DER FORM,
(„MEGARISCHE BECHER“)338

Gemessen an anderen auf unserer Grabung gefun-
denen Keramikgruppen wie z.B. der Keramik mit
Schlickerdekor (s.o. S. 32 ff) treten die Reliefbecher
aus der Form in geringer Zahl auf; unter den Stücken
befinden sich zwei Matrizen339 (D 1, D 56).
Material
Der Ton sämtlicher Becher enthält feinen Glimmer,
meist auch kleine Verunreinigungen. Die Tonfarbe
wechselt von rötlich (vereinzelt rosa, meist herrscht der
warme Zimtton vor, dem wir hauptsächlich in Ephesos
begegnen) bis zu hell- oder dunkelgrau; der Überzug ist
matt oder glänzend, hat manchmal auch einen metalli-
schen Schimmer; hier spielt die Farbe ebenfalls von
rötlich bis grau. Auf einigen Stücken sind beide Farben
auf dem Überzug zu beobachten; auch gibt es Fragmen-
te mit rötlichem Ton und grauem Überzug. Von beson-
derem Interesse sind elf Stücke (D 19, D 26, D 27,
D 30, D 32, D 35, ev. D 41, D 42, D 49, D 55, D 63),
deren Material vollkommen den in der Basilika-Gra-
bung so beliebten „Ephesos“-Lampen entspricht340; der
Ton ist grau und glimmerhältig, der Überzug oft metal-
lisch schimmernd. Die Gefäße weisen leichte Unter-
schiede auf, vor allem im Überzug, der hell oder auch
sehr dunkelgrau, fast schwarz sein kann, trocken oder
metallisch glänzend. Die graue Farbe wurde angestrebt,
um den Bechern das Aussehen von Metallgefäßen zu

338Zahn. Priene (1904), 401 ff.; ders., Jdl 23, 1908, 45 ff.;
Courby, Les vases grecs ä reliefs, 1922, 275 ff,; Hellström,
Labraundall 1, 19 ff.; Thompson, Hesperia 3, 1934, 451 ff.;
Schwabacher, AJA 45, 1941, 182 ff.; Metzger, EretriaH (1969)
62 ff.; dies., A. Delt. 26, 1973, Mel. 41 ff.; Braun, AM 85, 1970,
146 ff.; Edwards, Corinth VII 3 (1975) 151 ff.; U. Sinn in:
Demetrias I (1976) 119 ff.; G. Siebert, Recherches sur les ateliers
de bols ä reliefs du Peloponnese ä l’epoque hellenistique (1978);
ders. in: Ceramiques hellenistiques et romaines, Centre de re-
cherches d’histoire ancienne 36 (1980) 55 ff.; Ch.M. Edwards,
Hesperia 50, 1981, 189 ff.; ders., Hesperia 55,1986, 389 ff.; Ro-
troff, Agora XXII (1982); Smetana-Scherrer in: Alt-ÄginaII 1
56 ff., 77 f.
339 Die Anzahl der Becherfragmente aus dem Prytaneion ist et-
was größer (ca. 90 Fragmente, wovon einige ev. zu Bruchstücken
aus der Basilika-Grabung passen) darunter eine Matrize.
340 Kapitel „Lampen“ folgt im 2. Teil dieser Arbeit; A. Lau-
monier, La ceramique hellenistique ä reliefs, 1, Ateliers „Ioni-
ens“, Delos XXXI (1978) 14; für graue Beispiele s.Ch.M. Ed-
wards, Hesperia 50, 1981, 189 ff.; ders. Hesperia 55, 1986,
389 ff., 404, Anm. 101; s. auch Isler, Samos IV (1978) 109; Töl-
le-Kastenbein, Samos XIV (1974) 150 ff.

verleihen, was in einigen Fällen auch überzeugend ge-
lang.
Chronologie
Unsere Fundstücke entsprechen den Bechern aus
den ,Jonischen“ Ateliers, die auf Delos gefunden und
zuletzt von A. Laumonier341 ausführlich behandelt
worden sind, in Form, Material und Motiven. Laumo-
nier datiert die delischen Becher vorsichtig in die Zeit
zwischen 166 und 69 v. Chr.342. In diesem Zusammen-
hang ist es von Interesse, daß die meisten unserer Be-
cher aus Basilika-Kontext stammen und nicht aus den
Anschüttungen für die Stoa. Falls dieser Unterschied
nicht auf einem Zufall beruht, ergibt sich konsequenter-
weise die Schlußfolgerung, daß der Bau der Halle abge-
schlossen war, bevor die Produktion der Becher in gro-
ßem Umfang eingesetzt hatte, sodaß die Bruchstücke
noch nicht in den Füllschutt gelangt waren (s. dazu Ein-
leitung S. 13f.).
Formen
An den vierzehn abgebildeten Beispielen (mit Aus-
nahme der Modeln D 1 und D 56) beobachten wir eine
Variation der Formen: vorherrschend ist der Becher mit
einwärts biegender Lippe und runder Wand; dabei ist
die Lippe meist verdickt oder auch leicht abgesetzt
(D 39, D 43, D 44, D 49, D 51, D 58); daneben treten
Becher auf, bei denen die Lippe vertikal oder etwas
nach außen gebogen und durch einen leichten Wulst
von der Wand abgehoben ist (D 38, D 41); eine gerade
oder in sanftem S-Schwung nach außen biegende Lippe
finden wir bei drei weiteren Beispielen (D51, D 52,
D 60), während in einem Fall die Lippe wie bei helleni-
stischen Schälchen der Fimiskeramik horizontal nach
außen ragend gebildet ist. Die gemeinsamen Merkmale
treten an Bechern auf, die sonst weder durch das Mate-
rial noch den Dekor zu bestimmten Gruppen zusam-
mengefaßt werden können; Beispiele aus Delos weisen
im übrigen dieselben Formunterschiede auf343. Der Bo-

341 Laumonier a.O. passim, bes. 3 zu den Beispielen aus Ephe-
sos.
342Laumonier a.O. 7; vielleicht etwas früher s.Ch.M. Ed-
wards, Hesperia 50 (1981) 198 (Hinweise auf Funde aus der Hal-
le Philipps V, also um 200 v.Chr.); ders., Hesperia 55 (1986)
409, Hinweis auf P. Callaghan, BSA 75, 1980, 42, der die ersten
drei Werkstätten sicher schon vor 166 v.Chr. ansetzt.

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