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XIII. DIE KAISERZEITLICHE RELIEFKERAMIK AUS
DER FORM

Anzahl und Repertoire der in der Basilika gefunde-
nen Stücke kaiserzeitlicher Reliefware sind äußerst ge-
745
ring .
Das leicht gekrümmte Wandfragment N 1 gehört
vielleicht zu einer Pilgerflasche. Die Darstellung ist nur
noch fragmentarisch erhalten und zeigt eine unbeklei-
dete weibliche Gestalt in leicht gleitender Haltung, hin-
ter der, auf der Ebene des zurückgestellten Fußes, noch
die Beine einer zweiten, etwas gebückt stehenden Ge-
stalt zu erkennen sind, die ev. die vordere stützt (?). Die
Ausführung ist grob und flüchtig, nachträglich mit dem
Modellierholz überarbeitet (Schamhaare, Zehen und
Falten). Der Raum unterhalb der beiden Gestalten ist
von einer Kreisrille umgrenzt, unter der sich Reste ei-
ner Weinranke erkennen lassen; auch hier sind die
Blättchen plump und sehr vereinfacht angegeben. Hin-
ter der gleitenden Gestalt und auf ihrem rechten Ober-
schenkel sind Reste von Drapierung erhalten. Wegen
der Weinranke denkt man an eine dionysische Sze-
ne745 746.
Die zweite Gruppe ( N 2 - N 4) ist durch drei kleine
Näpfe vertreten, mit glatter, konischer Basis und einer
fast gleich gebildeten Schale, die nur wenig höher und
bauchiger ist. Sie ist unvollständig; ihre Form kann je-
doch durch ein gut erhaltenes Beispiel aus dem Askle-
pieion von Ephesos747 ergänzt werden (s. Taf. 204).
Das Näpfchen, vielleicht ein Räucherständer, bestand
aus zwei Hälften, aus der Form gewonnen und grob an-
einander gesetzt mit wulstig verstrichenen Randflä-
chen748. Auf der Außenseite der Schalen befindet sich

745 U. Hausmann, AM 69/70, 1954/55, 135 ff; ders., AM 71,
1956, 107 ff; ders. JbRGZM 5, 1958, 266 ff; L.G. Kahil, Mon
Piot 51, 1960, 73 ff; J.W. Hayes, Late Roman Pottery, 1972,
411 f; St. Türr in: PF 1, (1972), 208 ff; D.M. Bailey, Rei Cret
Rom Faut, Acta 14/15, 1972/1973, 11 ff; G. de Luca, AvP XI 2,
(1975), 102 ff; U. Heimberg, JdJ 91, 1976, 251 ff mit weiterer
Lit.; W. Radt, AA 93 (1978) 417, Abb.8, Anm. 13; J.W. Hayes,
Supplement to LRP, (1980), 533 f; de Luca in: AvP XI4, (1984),
26 ff.
746 vgl. de Luca a.O. Nr. 469, 470, Nr. 7 auf Taf.56; ähnliche
Haltung auch bei der Darstellung der Aphrodite, vgl.
O. Oswald, Index of Figure-Types on Terra Sigillata, 1936-1937,
36, Nr. 333, Taf.XVU; Th. Oziol, Salamine de Chypre VU, les
lampes du Musee du Chypre, (1977), 191, Nr. 562, Taf.31;
E. Simon, Die Götter der Griechen, (1969), 232, Abb.219 führt
ein vergoldetes Silbermedaillon der römischen Kaiserzeit aus
Galaxidi an, welches die Geburt der A. Urania wiedergibt, die
nach Paus. V 11,8 auf der Basis des Zeusthrones in Olympia an-
gebracht war.
747 ASKL 11.124, 65/1972; H 0,10 m; Weinranke im Relief.

die Reliefdarstellung, eine Weinranke, die bei allen
Beispielen ähnlich, aber nicht identisch gestaltet ist.
Schälchen N 2 steht dem Fragment aus dem ephesi-
schen Asklepieion näher, beide sind naturalistischer ge-
bildet. Dagegen fallen die Fragmente N 3 und N 4 mit
der schematischen Wiedergabe der Weinblätter ab.
Material
Allen Stücken gemeinsam ist der braune Ton, der
Glimmer und einige weißliche Einsprenkelungen ent-
hält und überwiegend hart ist, mit Ausnahme von dem
etwas weicher gebrannten Fragment F 4. Der Überzug
ist etwa tonfarben, trocken aber fest aufgetragen und
leicht fleckig verfärbt, ins Graue spielend.
Die wenigen Fragmente aus der Basilika sind in die
große Klasse der kaiserzeitlichen Reliefware einzurei-
hen (s. Anm. 745), von der auch eine Gruppe z.B. in
Pergamon749 entstanden ist, eine andere in Knidos750;
unsere Fragmente weichen jedoch durch den starken
Glimmergehalt im Material ab; außerdem läßt sich
m.E. weder eine Parallele für die Darstellung auf der
Scherbe N 1 finden noch für die Form der hier als Räu-
cherständer bezeichneten Näpfchen.
Zeitlich gehören die Fragmente nicht mehr zum
Basilika-Kontext, stammen höchstens von späteren
Umbauten. Da die Herkunft an sich ungenau ist, besit-
zen wir auch keine datierenden Mitfunde und sind für
einen ungefähren Zeitansatz auf Vergleiche mit Bei-
spielen von anderen Fundplätzen angewiesen.
Die schwerfällige Weinranke auf N 3 und N 4 ver-
gleichen wir mit zwei Beispielen der „Gladiatorenwa-
re“ aus Pergamon751; das Fragment vom Asklepieion in
Ephesos sowie der Napf N 2 wirken flacher und
schwungloser als andere bekannte Beispiele752. Unse-
rer unbekleideten weiblichen Gestalt auf N 1 haftet
trotz der unausgebildeten Füße noch eine gewisse Ele-

748 Dieselbe Technik wie allgemein bei der kaiserzeitlichen
Reliefware, vgl. de Luca a.O. 103.
749 Türr a.O. 222; de Luca a.O. 108 ff; Türr datiert die Beispie-
le in das vierte Jh., während die Gattung nach de Luca a.O. 109
nicht über das dritte Jh. hinausgeht.
750 Bailey a.O. 11 ff.
751 Türr a.O. Abb.21 und 23.
752 vgl. die Relieflagynos aus Berlin, A. Greifenhagen, 21.
Ergh. Jdl, (1963), 66 ff, Abb. 64; ferner Heimberg a.O. 282 ff,
Abb. 16-18; Hausmann, AM 69/70 Beil. 44-47.

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