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Die Gartenkunst — 29.1916

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Beitz, Georg: Von dänischer Gartengestaltung, [2]: die Friedhöfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.20814#0050

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Stile Ludwigs XV. um den achteckigen Friedrichs-
platz errichteten einheitlichen Baugruppen der
Amalienborg und die benachbarte Marmorkirche,
einen wirkungsvollen Kuppelbau.

Einen dritten Bestandteil des alten Kopen-
hagen bildet das jenseits des Hafen gelegene,
unter Christian IV. der Hauptstadt einverleibte
Christianshavn, wo manches alte Haus, beson-
ders aber die Vor-Frelsers-Kirche mit ihrem
eigenartigen Schneckenturm an die alte Zeit er-
innern.

Die im Laufe der späteren Entwickelung hin-
zugetretenen jüngeren Stadtteile dehnen sich
hauptsächlich nachWesten, Nordosten und Norden
aus. Sie werden durchzogen von zahlreichen
breiten, die Verkehrswege der Innenstadt fort-
setzenden Straßenzügen und sind durch Weit-
räumigkeit und klare Gliederung bemerkenswert,
eine Eigenschaft, die überhaupt ganz Kopenhagen
auszeichnet.

Diese Gliederung wird wesentlich unterstützt
durch ausgedehnte Grün- und Wasserflächen. In
dieser Beziehung spielt der betriebsreiche Hafen,
der den Stadtteil Christianshavn von der übrigen
Stadt trennt, eine bedeutsame Rolle. Kleinere
Wasserarme erstrecken sich von ihm aus in die
Altstadt hinein. Ein breiter Gürtel von Grün-
anlagen umspannt die ältere Stadt, beginnend
im Nordosten am Hafeneingang mit den grünen
Wällen des Kastells, fortgesetzt durch die auf
den Flächen der früheren Umwallung entstan-
denen Parkanlagen: Östre-Anlage, Botanischer
Garten, beiderseits ergänzt durch die Anlagen
eines städtischen Krankenhauses und den Rosen-
borgpark; weiterhin der Örstedspark, der Aborre-
park und die geräumigen Freiflächen um das
Rathaus, die Glyptothek und Tivoli, der ganzen
Länge nach eingefaßt durch breite Straßenzüge.

Es folgt ein nicht sehr breiter Streifen be-
bauten Geländes, das nach außen hin durch die
spiegelnden Wasserflächen des Sortedamssees,
des Peblingesees und des St. Jörgenssees be-
grenzt wird. Die Uferstraßen dieser das Stadt-
bild sehr wirksam belebenden Wasserflächen
sind mit Baumreihen besetzt. (Bilder Seite 45.)

Die äusseren Stadtteile sind durch ausge-
dehnte Freiflächen unterbrochen, von denen der
Fälledpark, der große Assistents-Friedhof, der
Frederiksbergpark, der Zoologische Garten und
der Park Sondermarken die hauptsächlichsten
sind. Noch weiter nach außen lockert sich die Be-
bauung immer mehr, geht in anmutige und aus-
giebig mit Gärten durchsetzte Landhausviertel
über und löst sich allmählich in die freie Land-
schaft auf, in die zahlreiche größere und kleinere
Herrensitze mit Parkanlagen eingestreut sind.

Es fehlen mir die Zahlen für einen Vergleich
der Grün- und Wasserflächen mit den bebauten
Gebieten. Aber schon ein Blick auf den Plan
dürfte jeden, der sich mit ähnlichen städtebau-

lichen Fragen befaßt hat, davon überzeugen,
daß es um Kopenhagen in dieser Beziehung
äußerst günstig bestellt ist.

Der auf diese Weise entstandene Grundriß
ist die gegebene Vorbedingung für eine vernünf-
tige Bebauung. Daß diese an manchen Stellen,
was die gute Form anbelangt, zu wünschen übrig
läßt, ist ein Umstand, den Kopenhagen mit fast
allen Großstädten teilt, die sich im letzten halben
Jahrhundert stark entwickelt haben; aber Ent-
gleisungen wirken nicht mit solch brutaler Auf-
dringlichkeit, wie an vielen anderen Orten; sie
werden gemildert durch das Überwiegen eines
anspruchslosen gesunden Durchschnittes und auf-
gewogen durch manchen guten Bau. Es würde zu
weit führen und ist auch nicht unsere Aufgabe,
hierauf des Näheren einzugehen und die nicht
geringe Anzahl guter, zum teil hervorragender
Bauten, die die Stadt aufweist, zu würdigen. Es
mag genügen, festgestellt zu haben, wie die
Stadtentwickelung vor sich gegangen ist und wie
sich die Stadt gliedert, und darauf verwiesen wer-
den, daß sowohl für den Blick von der See her,
wie auch, wenn man von einem hochgelegenen
Standort Umschau hält, das Stadtbild ein hoch-
erfreuliches ist.

Dagegen sollen die Grünanlagen, die das
Stadtbild so wesentlich beeinflussen, noch etwas
ausführlicher besprochen werden. Außer den be-
reits erwähnten größeren Gärten findet man
durch die Stadt verstreut auch Anlagen von
geringerem Umfang. Aber man kann ohne Be-
dauern feststellen, daß Kopenhagen sich von der
Sucht der meisten größeren und kleineren Städte
Mittel- und Westeuropas freigehalten hat, jedes
irgend verfügbare Plätzchen mit „Schmuckan-
lagen" auszustatten. Die räumliche und archi-
tektonische Wirkung der Stadtplätze und Stras-
senausbuchtungen, die vielfach mit schönen Brun-
nen, Denkmälern und dgl. ausgestattet sind, ist
glücklicherweise ungeschmälert geblieben durch
unangebrachte Gärtnerkünste. Auch dieBepflan-
zung der breiten Straßen mit Bäumen hat in
Kopenhagen bei weitem nicht den Umfang an-
genommen, den wir in deutschen Städten, ohne
daß dadurch eine besondere Verbesserung des
Stadt- und Straßenbildes erzielt ist, feststellen
können. Um so mehr treten dann die Sraßen-
züge, welche mit teilweise bereits altem Baum-
bestand versehen sind, hervor.

Von den großen Anlagenflächen ist ein Teil
älteren Ursprungs. DerRosenborgpark, gewöhn-
lich Kongens Have genannt, in dem das 1610
von Christian III. gegründete und, seit es nicht
mehr als Wohnsitz der königlichen Familie be-
nutzt wird, als Familienmuseum eingerichtete, im
Stil der niederländischen Renaissance gehaltene
reizende Schloß eingebettet liegt, stammt aus
dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Er ist in
französischem Stil angelegt, später etwas durch

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