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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0095
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van den Planken und Cornaus

Bruder des Meisters, J.-B. Mola, der wie auch der bekannte Fouqieres sich in erster
Linie mit Waldlandschaften befaßte, Herman van Swanevelt u. a. mehr. Es ist außer-
ordentlich schwer, die Arbeit dieser Schüler und Gehilfen, die zum überwiegenden
Teil Flamen sind, klar von der Meistertäligkeit, die mehr oder weniger stark ver-
wischt wird, zu scheiden; am bedauerlichsten will es mich dünken, daß die Künstler
der Bordüren — es sei nur an das prachtige Abrahamsopfer im Pariser Garde-Meuble
erinnert — nicht einwandfrei festzustellen sind. Charakteristisch für die Bordüren der
flämischen Pariser Manufakturen erscheint die starke Vorliebe für silbergraue und
goldgelbe Töne, die sich in prächtigen Camai'euszenen, in großen Grisaillefiguren aus-
lebt. Die Tatsache, daß in erster Linie Paris die sonst recht schwierigen Nuancen
verwertet, dürfte sich unschwer durch die technisch besonders hoch entwickelte
Färbereiindustrie der Metropole erklären; Brüssel verwendet noch in der Spätzeit des
17. Jahrhunderts nur mit äußerster Vorsicht die grauen Töne, die neben der Ge-
wißheit des Abschießens noch die Gefahr der geringen Haltbarkeit — das Gallen-
Eisen-Verfahren zerstörte die Faser (64) — mit sich brachten. Ähnlich verhält es sich
mit den kaimoisin- und scharlachfarbenen Nuancen, die Glanzleistungen der Pariser
Färberzunft darstellen.

Personenfolgen erwähnt das Nachlaßinventar des Franz van den Planken außer den
besprochenen Serien nur noch zwei, die Illustration des altgricchischen Romans Aethio-
pica des Sophisten Heliodoros, der die wundersamen Schicksale der äthiopischen
Königstochter Chariklea und des Thessaliers Theagenes in zehn Büchern schildert —
Amyots Übertragung ins Französische erschien 1547 — und die Taten Konstantins
nach Entwürfen von Peter Paul Rubens. Für die erstgenannte Serie dienten die
15 Gemälde als Vorbild, die der Flame Ambroise Dubois, der führende Meister der
zweiten Fontainebleauschule seit Dubreuils Tod (1002), für die alte Salle Ovale des
Königsschlosses Fontainebleau schuf. Ein Behang, der mit Sicherheit der Serie zuzu-
schreiben wäre, ist mir nicht bekannt, sofern nicht der in Abb. 52 wiedergegebene
Teppich (aus einer Folge von vier Behängen) mit dem Zyklus in Verbindung zu
bringen ist. Einen prächtigen Jahreszeiten-Teppich (Herbst) in der gleichen Fassung,
die auch in Beauvais kopiert wurde, besitzt die schwedische Sammlung Langaard.
Einen schwachen Anhalt gibt das von Fernand Engerand veröffentlichte, von Nicolas
Bailly 1709/10 aufgestellte «Inventaire des tableaux du Roi (S. 331/34) (65). Die Serie
bestand aus acht Behängen, 3 Ellen hoch, 27 Ellen insgesamt lang, sie wird durch ein
weiteres neuntes Motiv ergänzt.

Die bekannte Rubenssche Konstantinsreihe habe ich bereits im ersten Teile meiner
«Wandteppiche" berührt, kann mich also kurz fassen. Den Auftrag erteilt König
Ludwig XIII., die Entwürfe gehen unmittelbar an die van den Planken-Comanssche
Manufaktur; die ersten vier „petits patrons" treffen Ende November 1622 in Paris ein;
van den Plankens kunstverständiger Freund Peiresc übernimmt Prüfung und Kritik (66).
Im Magazin des Hotel des Canaye lagern nach dem Ableben Meisters Franz 1627
zwei golddurchwirkte Konstantinsfolgen (67) (9 bezw. 12 Teppiche [68]) und ein ver-
einzeltes Stück mit Metallfaden. Ferner sind die zwölf Rubensschen Entwürfe —
«douze petits desseings peintz en huille sur des planches de bois" und „douze des-
seins peintz ä destrampe sur pappier" ordnungsmäßig vorhanden.

Das so oft erwähnte Kroninventar Ludwigs XIV. verzeichnet unter Nr. 11 der gold-
durchwirkten Folgen eine Konstantinsserie «dans une bordure fonds brun ä festons de
fleurs et de fruits avec palmes et cartouches aux quatre coins; ä Fun des costez les
armes de France, et ä Fautre les armes de Navarre" — 8 Behänge, 4'/8 Ellen hoch,
35 Ellen lang —, die Reihe wurde im glorreichen Jahre VI. verschleudert; Nr. 28,
gleichfalls mit Metallfäden, erscheint in veränderter Fassung (vgl. Abb. 53) — 4 Tep-
piche, 4 Ellen hoch, 175/8 Ellen lang —; Nr. 46 schließt die gold durchwirkten Folgen
mit 12 Behängen, 478 Ellen hoch, 51 Ellen lang —; als Zugang seit dem 22. April 1697
finden wir eine besonders eigenartige, vollständige Reihe — 12 Teppiche, 4 Ellen hoch,
583/4 Ellen lang — „avec un peu d'or dans quelques draperies . . . dans une bordure

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