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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0147
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Gobelins

Die zweite Hautelisseserie wird 1669 in den Werkstätten des jüngeren Jans und
Lefebvres begonnen und auf Befehl Louvois', des Nachfolgers Colberts, unterbrochen (19).
Sie besteht aus drei Behängen — Dünkirchen, der päpstliche Legat, Douai —; die
Bordüren sind die gleichen, die drei Stücke zählen noch heute zu den Perlen des
staatlichen französischen Textilienschatzes.

Die dritte Wiederholung wird um 1670 als golddurchwirkte Basselissefolge mit
14 Behängen in dem Atelier Jean Mozins begonnen. Der letzte Teppich, der Besuch
des Königs in den Gobelins, bleibt bei der Schließung der Manufaktur 1694 unvollendet,
möglicherweise wird er zur Vervollständigung der vierten De la Fraye'schen Beihe
benutzt. Die Serie ist mit elf Teppichen — die „Einnahme von Douai" und die
»Audienz des spanischen Gesandten" sind verloren gegangen — im französischen Staats-
besitze erhalten geblieben. Die Höhe beträgt im Durchschnitt 3,75 m.

Die 1694 unterbrochene Werktätigkeit der Gobelins wird im Januar 1699 wieder auf-
genommen, die »Geschichte des Königs" erfährt jedoch erst seit 1704 neue W iedergaben.
Die vierte golddurchwirkte Basselisseserie (20) (Souet, DelaCroix, Vater und Sohn, De la
Fraye, Le Blond), 14 große Behänge und 6 Zwischenfenster — Marsal, die Zusammenkunft
der beiden Könige, Lille, Tournai, Marsin, der Legat —, die sich auf die Wiedergabe
der Mittelgruppe des betreffenden Hauptteppichs beschränken, gelangt erst im Januar
1715 zur Ablieferung. Der Quadratellenpreis von 260 Livres wird 1706 auf 280 Livres
erhöht. Die an und für sich vollständigste Serie erleidet ein seltsames Schicksal. Vier
große Behänge — Krönung, Zusammentreffen der Herrscher, Vermählung, Bündnis
mit den Schweizern — und vier Entrefenötres — Legat, Tournai, Lille, Marsal —
wandern als diplomatische Geschenke 1723 an den Herzog von Braunschweig. Die
Gabe wird später (1726) durch den „Sühneakt des Dogen von Genua" ergänzt. Die
Teppiche fallen bei dem Brande des Braunschweiger Schlosses (7. IX. 1830) der Ver-
nichtung anheim. Der Best der Folge, 10 große Behänge und zwei Zwischenfenster
— Königsbegegnung, Marsin —, wird auf königlichen Befehl dem französischen Ge-
sandten in Born, Herzog de Saint-Aignan, zur Verfügung gestellt und durch acht in
der Zeit von 1725—1731 gewirkte Teppiche (De la Fraye, Le Blond, De la Croix,
Monmerqu6), die den Braunschweiger Behängen entsprechen, wieder auf den alten
Bestand gebracht. Die Behänge kehren 1742 in das Magazin der Gobelins zu-
rück und wandern nach mehrfachem diplomatischem Hin und Her teilweise weder
nach der ewigen Stadt. In den Sammlungen des Vatikans befinden sich zur Zeit
„Vermählung" (Abb. 88) und „Empfang des spanischen Gesandten." Dem französischen
Staatsbesitz erhalten geblieben ist lediglich der „Empfang des Legaten" und das zu-
gehörige Zwischenfenster. Das „Bündnis mit den Schweizern" ging nach gewissen
Zwischenwegen aus der Sammlung der VTe Dreyfus im Juni 1896 in den Besitz des
Züricher Museums über, das Zwischenfensterstück „Belagerung von Tournai" ver-
zeichnet eine französische Privatkollektion. Die fünfte, in Hautelissetechnik — ohne
Gold — von De la Tour durchgeführte Serie wurde bereits kurz gestreift. Sie um-
faßt lediglich die drei Ergänzungsteppiche: 1. die Gründung der „Invalides" (H. 4,90 m,
L. 6,53 m); 2. die Genugtuung durch den Dogen von Genua, und die Taufe des
Dauphins (Abb. 87). Die Teppiche werden in den Jahren von 1716—1730 fertig-
gestellt; der Einheitspreis beträgt 380 Livres, er erhöht sich 1720 auf 419 Livres, senkt
sich 1721 auf 404 Livres, 1726 auf 394 Livres, 1729 auf 391 Livres. Der erste und
dritte Behang sind im Pariser Garde-Meuble noch vorhanden, der zweite Teppich der
Serie ging bei dem Brande des Braunschweiger Schlosses zugrunde.

Ein freundlicheres Geschick ward den beiden letzten Wiederholungen der „Geschichte
des Königs" zuteil. Die sechste, in Basselissetechnik unter Verwendung von Metallfäden
gewirkte Folge entsteht 1729—1736 in den Ateliers von De la Croix, Monmerqu6 und
Le Blond, sie umfaßt die vierzehn großen Stücke und zwei Zwischenfensterteppiche
Königszusammenkunft und Marsal —, das Höhenmaß ist wie in allen Basselisse-
folgen reduziert, es beträgt im Durchschnitt 3,75 m. Die Serie ist noch vollständig
im französischen Staatsbesitze vorhanden. Das gleiche gilt von der siebenten und

Gäbe], Wandteppiche II.

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