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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0148
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Gobelins

letzten Wiederholung — Basselisse ohne Gold, Cozette und Le Blond sind die Wir-
ker —, die sechs Behänge (Douai, Tournai, Marsal, Lille, Dünkirchen, Marsin) um-
faßt; die Entstehungszeit fällt in die Jahre von 1736—1742, die Höhe beträgt im Durch-
schnitt 4,10 m. Die Bordüre entspricht, abgesehen von der mageren Zeichnung der
Blumengirlande, der üblichen Rahmung der Basselissereihen.

4. Die Königsschlösser (Monatsreihe).

Das Memorandum des jüngeren Jans (1691) äußert sich ausführlicher über die am
Entwürfe beteiligten Künstler (21).

Die Serie besteht, den Monaten entsprechend, aus zwölf großen Teppichen; jeder
Abschnitt wird durch das königliche Schloß, in dem der Monarch in der Zeitspanne
zu weilen pflegt und durch die Beschäftigung des Königs verkörpert. Die vier in
größeren Höhenabmessungen (4 m bis 4,10 m) gehaltenen Hautelissewiederholungen
unterscheiden sich, abgesehen von der Spiegelbildwiedergabe des Vordergrundes und
der Landschaften mit den Figurenszenen in den tieflitzigen Reihen •— das Schloß er-
scheint dagegen in beiden Verfahren in gleichem Sinne —, von den Basselissefolgen
(H. 3,25 m) auch insofern, als die architektonische Fassung bei allen Basselissestücken
durchgängig an dem Säulen-Pilaster-Motiv festhält, während die Hautelisseserien die
Lösung lediglich für die sechs ersten Teppiche — Januar bis Juni — verwerten,
während in den letzten Behängen — Juli bis Dezember — an Stelle der Säulen Karya-
tiden treten. Januar, der erste Behang, mit dem Zeichen des „Wassermanns" im
blumenbekrünzten Medaillon unter dem königlichen Wappen, zeigt in dem Durch-
blick eine Opernvorstellung; im Hintergründe bauen sich die Louvrekolonnaden auf,
in den Wolken schweben olympische Gottheiten. Draperien und Fruchtgehänge
schmücken das architektonische Gerippe der Vorderbühne. Im Februar, mit dem
Zeichen der Fische, geht ein Ballett im großen Saale des Pariser Palais Royal in Szene;
März — Widder — eröffnet den Blick auf das Schloß Madrid, der König pflegt der
Hirschjagd (Abb. 90); den April mit dem Zeichen des Stieres beherrscht das Schloß
von Versailles in seiner alten Gestalt (1668), der königliche Wagenzug durchquert die
Szene; Mai — Zwillinge — zeigt das neue Schloß Saint-Germain an den Ufern der
Seine, der König erscheint mit seiner Gemahlin und den Damen des Gefolges hoch
zu Roß; für den Juni — Krebs — wird das Schloß Fontainebleau und eine Hirsch-
jagd als Motiv gewählt; Juli — Löwe — ist durch Schloß Vincennes und eine Jagd-
szene; August — Jungfrau — durch Schloß Marimont und ein Jagdmotiv; September

— Wage — durch Schloß Chambord und eine Wagenfahrt (Abb. 91); Oktober

— Skorpion — durch die Tuilerien und den königlichen Wagenpark; November

— Schütze — durch Schloß Blois und eine Spazierfahrt; Dezember schließlich, mit dem
Zeichen des Steinbocks, durch Schloß Monceaux und die Wildschweinsjagd charakteri-
siert. Die Personen- und Tierstaffage des architektonischen Gerüstes im Vordergrunde
wechselt ständig; es erscheinen Diener mit prächtigen Gefäßen, ein Kind macht sich mit
einem Hunde zu schaffen, Gitarrenspieler nehmen zwischen den Säulen Aufstellung,
Jungmädchen tragen Blumenkörbe usw.; die Balustrade, mit farbenprächtigen Teppichen
geschmückt, wird mit Pfauen und ähnlichem prunkvollen Getier, Musikinstrumenten,
goldenen und silbernen Gefäßen in malerischen Gegensatz gestellt. Die Seitenbor-
düren, stark von der italienischen Spätrenaissance beeinflußt, zeigen in den Mitten die
von der Krone überhöhten königlichen Initialen ; Dreifüße tragen Rankenwerk und
Vasen, Hirsche nehmen auf konsolenartigen Gebilden Aufstellung. Der abschließende
Eierstab verläuft an den Längsseiten unmittelbar über dem Architrave und unter
der Leiste des Vordergrundes (Abb. 90). Die Basselisserahmung beschränkt sich auf
gleichmäßig die vier Seiten fassendes gewundenes Akanthuslaub, das sich um einen
Blumenstab schlingt; die privaten Folgen lassen naturgemäß die Hoheitszeichen missen,
die in den offiziellen Serien als Initialen in den Seitenbordüren, als Lilienwappen in
der Architravmitte erscheinen. Die acht Zwischenfensterteppiche der Hautelissereihen

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