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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0254
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Felletin

Ähnliche Behänge finden sich in dem Nachlaßinventar der Jeanne de Bourdeille
(27. X. 1595) auf Schloß Lammary (Perigeux): „ung chaslit, le tour du lict estant de
felletin. Plus une austre chambro avec neuf pieces de tapisserie ä menuz feuillages
avec bßtes sau vages".

Jean Beraigne siedelt 1473 nach Riom über, das ihm Steuerfreiheit in Aussicht
stellt; ein Anthoine du Puy-Judault ist noch 1530 in Felletin tätig; der Vater des
1500 geborenen Jehan de Ribeyrey, der 1530 in Pontgibaud ansässig ist, betreibt
zu Ende des 15. Säkulums eine nennenswerte Manufaktur, Simon Darquet und dessen
Sohn Antoine Darquet finden 1559 urkundliche Erwähnung; um 1547 liefert ein
nicht näher bekannter Felletiner Meister der Sakramentsbruderschaft von Sankt
Peter zu Saumur „deux aultres pieces de tapisserie de Filtin oü sont deux histoires
de sainet Pierre et Symon Magus". Um 1560 äußert sich Evrard d'Ahun, der Chro-
nist der Marche, in etwas ruhmrediger Weise: «La plus eminente et la populeusc
de toutes les villes de notre contree est Felletin, maintenant exaltee sur toutes les
autres, tant pour Fopulence de richesses qui est enclose dans icelle, que pour ses hono-
rables bourgeois d'une excellente et constante vertu en la vraie religion" — Felletin
war im Gegensatze zu Aubusson eine rein katholische Stadt — „et aussi est habitee
d'un grand nombre d'artisans de diverses officines et meme en l'art buphique (Gerbe-
reien) et lanifiques (Tuchmachereien), et autres ouvrages ingenieux de tapisseries tex-
tile de diverses forfilures (parfilures? Fadenarbeit) et couleurs en haute et bassc
lice . . ." Selbst vorausgesetzt, daß das Glaubensbekenntnis des alten Geschichts-
schreibers eine gewisse Voreingenommenheit gegen Aubusson bedingt, läßt sich die
Überlegenheit Felletins, soweit das 16. Jahrhundert in Frage kommt, doch nicht ab-
streiten. Ei'st verhältnismäßig spät erscheinen die Bildwirkereien Felletins in den zeit-
genössischen Zoll- und Steuerverordnungen. Der Erlaß vom Mai 1581 (2) nennt Felle-
tin an letzter Stelle: „Tapisserie ou tapis dudit Feietin, d'Auvergne et de Lorraine et
autres semblable cinquante livres (au dit cent)". Unklar ist die Bezeichnung „d'Au-
vergne", die ohne Rücksicht auf die geographische Abgrenzung im 16. und 17. Jahr-
hundert wahllos Aubusson, Felletin und Bellegarde zugeteilt wird. Im letzten Drittel
des 16. Säkulums scheint ein erneutes Aufblühen der Bildwirkerei eingesetzt zu haben.
Die Annahme gründet sich auf die stärker in den Urkunden vertretenen Meisternamen,
wobei allerdings zugegeben werden muß, daß gewisse Zufälligkeiten eine nicht zu
unterschätzende Rolle spielen können. In den achtziger Jahren scheint Anthoine Diver-
nesse den Bildteppichhandel Felletins im wesentlichen beherrscht zu haben. Der Meister
arbeitet vielfach gemeinsam mit Fachgenossen von Aubusson, eine Tatsache, die sich
im Laufe der folgenden Jahrhunderte noch des öfteren feststellen läßt, die sich durch
familiäre und geschäftliche Beziehungen unschwer erklärt, die sich ungleich stärker
ausprägt, wie etwa die Beziehungen zwischen den Ateliers von Tournai und Oude-
naarde. Verschiedene Geschlechter, wie z.B. die Tixier, besitzen Ateliers in beiden Städten;
es kommt nicht allzu selten vor, daß die Felletiner Filiale die Aubussoner Marke be-
nutzt, eine Quelle ständiger Streitigkeiten, die im 17. Jahrhundert zu wenig erfreu-
lichen Erlassen führt. Am 27. Juni 1586 schließt Meister Anthoine Tixier, gemeinsam mit
Leonard Garreau aus Aubusson, einen Vertrag mit dem Statthalter der Marche, Georges
de Villequier, vicomte de la Guierche, auf Lieferung einer aus acht Behängen zu-
sammengestellten nicht näher erläuterten Folge (75 Quadratellen) (3). Die Bezahlung
erfolgt unter dem 20. Juli 1587 in Höhe von 2627-2 Sonnentalern (zu 5 livres 4 sols).
Der verhältnismäßig hohe Quadratellenpreis von rund 18 Livres läßt unschwer auf
eine Serie von Bedeutung folgern; wahrscheinlich handelte es sich um eine feiner
durchgeführte Personenreihe. Im Juli 1586 steht Johanne Moron, „veufve de feu hono-
rable homme Jehan Claveau laine" mit dem Magistrate von Tours in Verbindung. Es
handelt sich um die Ausstattung der Räumlichkeiten des Statthalters Mgr. de Arpentiz.
Die einheimischen Ateliers der altberühmten Wirkerstadt fallen aus, die Witwe erhält
den Zuschlag auf zwölf Wandteppiche „facon de Filtin"; die Vergütung beläuft sich
auf 100 ecus. Zu Ende des 16. Säkulums ist Leonard Deyrolle 01588, 1595) — die

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