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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0259
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Felletin

drouze'schen Betriebe zugute. Die Frage der Patronenmaler bleibt nach wie vor
heikel. Leider sind die urkundlichen Belege, soweit Maler und Färber in Frage
kommen, mehr als dürftig. Außer dem bereits erwähnten Antoine de La Roche l'aine
(f 1676) und seinem Sohne Claude de La Roche, der sich gleichfalls als Maler und
Wirker betätigt, ist mir lediglich Antöine Dumonteil bekannt, der am 8. Dezember
1630 mit SeTtastien Lespict, einem Wirker in Bellegarde, in geschäftlicher Verbindung
steht. Auf die Tätigkeit des königlichen Malers Jean-Joseph Dumons, der ähnlich wie
für Aubusson auch für Felletin — allerdings in weit geringerem Maße — zur Ge-
stellung geeigneter Patronen verpflichtet war, ist bereits verwiesen. Daneben betätigen
sich die Leiter der Aubussoner Zeichenschule mehr oder weniger regelmäßig für die
Ateliers der Nachbarstadt. Der jüngere Roby liefert als Nachfolger seines Vaters ab-
wechselnd mit dem Maler La Seigliere de la Cour seit 1770 jährlich zwei Verdüren-
entwürfe gegen ein Entgeld von 220 Livres; die gleiche Praxis übt der ältere Roby
seit 1759. Im übrigen arbeiteten die Wirker Händler von Felletin bei weitem nicht
in dem Umfange auf Vorrat wie die Betriebe des Nachbarortes Aubusson. Nur die
bedeutendsten unter ihnen besaßen eigene Lager in Paris — in der rue de la Huchette
an der St. Michaelsbrücke und in der rue Boucher —, Toulouse, Nantes, Lyon, Nancy,
Nimes, Bordeaux und Marseille. Die weniger mit Glücksgütern gesegneten Meister
durchzogen auf kümmerlichem Wagen, der ein oder mehrere Probeteppiche und die
notwendigsten Handwerkzeuge enthielt, das Land, um in den Klöstern und den Sitzen
des Adels nach Ausbesserungsarbeiten, und wenn das Glück hold war, nach Neu-
aufträgen Ausschau zu halten.

Die Aufstellung vom Jahre 1779 benennt die wesentlichsten Bildteppichwirker Felle-
tins. Die Sallandrouze bedürfen keiner weiteren Erwähnung. Choupineaux (Choupi-
naux), Vater und Sohn, beschäftigen rund 70 Angestellte, der Betrieb ist seit 120 bis
130 Jahren im Besitze der Familie; Vergne aine hat 80 Wirker und Wirkerinnen in
seinen Diensten, die Manufaktur besteht seit einem Jahrhundert — es sei nur an die
golddurchwirkte Folge der „berühmten Frauen des Alten Testaments" von Barjon La
Vergne erinnert. Tixier des Coup res (40 Leute), Jourdain Lejeune (40 Angestellte)
und Jean Moreau (7 Leute) beschäftigen sich in erster Linie mit der Fertigung der ge-
wirkten Fußteppiche (tapiz raz). Sowohl aus den Ateliers der Vergne wie der Chou-
pineaux hat sich eine Anzahl Teppiche erhalten. Perathon verzeichnet eine Land-
schaftsfolge — im Vordergrunde erhebt sich auf zerklüftetem Felsen ein malerischer
Pavillon, im Hintergrunde bahnt sich ein Fluß das Bett, Gebirgszüge mit vorgelagerten
Dörfern dienen als Abschluß, üppiger Baumschlag — wie üblich fehlen die Papageien
nicht — als Fassung. Die Blumenbordüre zeigt ein malerisches Durcheinander von
Rosen und Tulpen. Die Signierung der braunen Lisiere meldet: M. R. DE FELETIN.
VERGNE. (aus dem Atelier des älteren Francois Vergne). Von Pierre Vergne d. Ä.
— der Meister ist 1789 Syndikus der Bruderschaft St. Barbara — stammt eine
Wiederholung der bekannten Lebrun'schen Alexanderfolge (im französischen Privat-
besitz) — der Held überschreitet den Granikus —; die «bordure ä la romaine" arbeitet
mit einer Häufung von Waffen und Trophäen, die Wirkerkante trägt die Legende:
M. R. D. FELLETIN. P. VERGNE, die Ausführung ist mäßig. Die Felletiner Familie
der Vergne ist im übrigen nicht mit dem Aubussoner Zweig zu verwechseln, den Furgaud
de la Vergne, die durchaus vollwertige Arbeiten zeitigten. Von Pierre Choupineaux
(1735 bis etwa 1770) stammt eine mit drei Behängen unvollständig erhaltene Jagdfolge
(Schloß Bonlieu-Creuse) im Stile Oudry's — Hirsch-, Wildschwein- und Rebhuhn-
jagd — mit der Signatur M. R. De. F. P. CHAUPINAVX. Die vier Jahreszeiten, ein
Motiv, das sowohl in Aubusson als auch in Felletin außerordentlich oft wiederholt
wurde, tragen die Signatur CHOPINAUX. Der Frühling wird durch ein Mädchen
mit Garben, der Sommer durch eine blumengekrönte Schöne und ein spielendes Kind,
der Herbst durch eine Dame, die dem Kavalier das Weinglas reicht, der Winter
durch die übliche Glutpfanne und ein Kind, das Pflanzen birgt, charakterisiert. Wahr-
scheinlich handelt es sich um Christophe Choupinaux, den gleichen Meister, der mit

H6 Gabel, Wandteppiche IT.

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