To urs.
To uraine.
Grenzgebiete
1520. Die Datierung stimmt wenig zu dem Stil der Behänge, die m. E. in
den ersten Jahren des 16. Säkulums entstanden sind. Es liegt viel eher die Annahme
nahe, in der Fassung den Hochzeitsknoten zu erblicken und die Behänge mit dem
Vermahlungsjahre Margaretens und Pierre's in Verbindung zu bringen. Es handelt
sich einmal um Passionsteppiche, zum zweiten um eine Heldinnenserie und schließlich
um eine besonders wesentliche Reihe, die Szenen aus dem Feudalleben. Die erst er-
wähnte Folge zeigt kniende Engel; sie tragen in den Händen die Leidenswerkzeuge
des Heilandes, den Beutel mit den dreißig Silberlingen, Lanze, Ruten, Säule und
Geiseln, den mit Galle getränkten Schwamm, das Waschgefäß und den Wasserkrug
des Pilatus sowie das Schweißtuch der Veronika. Reiche Dalmatiken mit prächtigen
Brokatmustern umhüllen die Gestalten, ein schmales Band, von einem Kreuze über-
höht, deckt die Stirn; die Himmelsboten breiten umfangreiche Spruchbänder mit den
auf das Sterben des Gottessohnes bezüglichen Legenden. Den dunkelblauen Grund
füllt blühendes Pflanzenwerk, das in seiner Regelmäßigkeit stark an die gleich-
zeitigen Tournaiser Arbeiten erinnert, die Fauna wird vornehmlich durch die Vogel-
welt vertreten. An das Hauptstück fügt sich in dem unteren Teile eine schmale
Boi'düre: Pflanzenbüschel mit aufgelegten Kreuzen, dem Hoheitszeichen des Marschalls
und dem umknoteten Allianzwappen. Ein Teil der Folge (Höhe 1,80 m) befindet sich
heute mit drei Teppichen und sieben Motiven im Besitze der Kathedrale zu Angers,
weitere Bruchstücke eignen dem Musöe des Gobelins.
Die gleiche Anordnung in Gestalt eines breiten Mittelstückes und eines angesetzten
schmalen unteren Bordürenstreifens zeigt ein Fragment, wiederum im Besitze der
Kathedrale zu Angers, das aller Wahrscheinlichkeit nach einst die Residenz des Mar-
schalls Rohan, das Schloß Verger im heutigen Departement Maine-et-Loire, schmückte
(H. 1,90 m, L. 1,20 m). Vom tiefblauen mit blühenden, ziemlich regelmäßig gesetzten
Pflanzenbüscheln übersäten Grund hebt sich die Gestalt der Amazonenkönigin Pen-
thesilea, eine der neun Heldinnen. Den nervigen, elegant gezeichneten Körper schützt
eine Rüstung, die trotz der phantastischen Beigaben ihre Entstehung um die Wende
des 15. Säkulums nicht zu verbergen weiß; rockartig umwallt ein rotes (blaues) Ge-
wand die Hüften der Herrin; die Linke ruht auf dem Griffe eines unförmig breiten
Schwertes mit den Buchstaben 0 N, die Rechte hält eine Art Stab. Die Reste eines
Schildes, drei übereinander gesetzte gekrönte Frauenköpfe, beziehen sich augenschein-
lich auf das angebliche Wappen der Königin. Ein Spruchband in gotischen Buch-
staben erläutert zu Häupten das Motiv. Phyllis Ackerman (37) liest den Schnörkel
vor dem O als M, deutet den Namen MON als Möns und bringt ihn mit dem 1499
bei dem Tournaiser Maler Roger Holtelz tätigen Bernard de Möns in Verbindung.
Eine ähnliche Signatur — NNMON — findet sich in dem Perseusbehang des Cleve-
land Museum of Art, dessen steife Figurenstaffage mit den vielfachen Verzeichnungen
sich stilistisch mit der federnd schreitenden Penthesilea keinesfalls in Verbindung
bringen läßt, ebensowenig wie der typische steife Tournaiser Pflanzenwuchs — unter
dem Pferde des Perseus — nähere Beziehungen mit der völlig gelockerten Flora des
Heldinnenteppichs aufzuweisen hat.
Das Gepräge des dem Penthesileateppich angesetzten unteren Streifens — blühende
Blumenbüschel auf blauem Grunde, zwischen denen sich zwei Hasen tummeln —
nähert sich weit eher der Flora des Cleveland-Behanges, es weicht aber so stark von
dem Verdürengrunde des Hauptteiles ab, daß es fraglich erscheint, ob das Stück
zu dem ursprünglichen Bestände des Teppichs gehört. Die vorherrschende Blume,
der rote Fingerhut, ist ganz in der schematisierten Art der Wirkereien von Tournai
erfaßt; mit geometrischer Regelmäßigkeit wiederholen sich die Blumenbüschel. Ein
weiteres Stück einer Heldinnenfolge — die Königin Semiramis kämmt ihr Haar, die
Dienerin hält den Spiegel, ein Gewappneter trägt den pfeilartigen Spieß — mit nah-
verwandtem Verdürenfond (als Hintergrund der Figur) und französischem Begleittext,
eignet der Firma Duveen.
Zu dem ehemaligen Bestände des Rohan-Schlosses Verger zählte schließlich ein
274
To uraine.
Grenzgebiete
1520. Die Datierung stimmt wenig zu dem Stil der Behänge, die m. E. in
den ersten Jahren des 16. Säkulums entstanden sind. Es liegt viel eher die Annahme
nahe, in der Fassung den Hochzeitsknoten zu erblicken und die Behänge mit dem
Vermahlungsjahre Margaretens und Pierre's in Verbindung zu bringen. Es handelt
sich einmal um Passionsteppiche, zum zweiten um eine Heldinnenserie und schließlich
um eine besonders wesentliche Reihe, die Szenen aus dem Feudalleben. Die erst er-
wähnte Folge zeigt kniende Engel; sie tragen in den Händen die Leidenswerkzeuge
des Heilandes, den Beutel mit den dreißig Silberlingen, Lanze, Ruten, Säule und
Geiseln, den mit Galle getränkten Schwamm, das Waschgefäß und den Wasserkrug
des Pilatus sowie das Schweißtuch der Veronika. Reiche Dalmatiken mit prächtigen
Brokatmustern umhüllen die Gestalten, ein schmales Band, von einem Kreuze über-
höht, deckt die Stirn; die Himmelsboten breiten umfangreiche Spruchbänder mit den
auf das Sterben des Gottessohnes bezüglichen Legenden. Den dunkelblauen Grund
füllt blühendes Pflanzenwerk, das in seiner Regelmäßigkeit stark an die gleich-
zeitigen Tournaiser Arbeiten erinnert, die Fauna wird vornehmlich durch die Vogel-
welt vertreten. An das Hauptstück fügt sich in dem unteren Teile eine schmale
Boi'düre: Pflanzenbüschel mit aufgelegten Kreuzen, dem Hoheitszeichen des Marschalls
und dem umknoteten Allianzwappen. Ein Teil der Folge (Höhe 1,80 m) befindet sich
heute mit drei Teppichen und sieben Motiven im Besitze der Kathedrale zu Angers,
weitere Bruchstücke eignen dem Musöe des Gobelins.
Die gleiche Anordnung in Gestalt eines breiten Mittelstückes und eines angesetzten
schmalen unteren Bordürenstreifens zeigt ein Fragment, wiederum im Besitze der
Kathedrale zu Angers, das aller Wahrscheinlichkeit nach einst die Residenz des Mar-
schalls Rohan, das Schloß Verger im heutigen Departement Maine-et-Loire, schmückte
(H. 1,90 m, L. 1,20 m). Vom tiefblauen mit blühenden, ziemlich regelmäßig gesetzten
Pflanzenbüscheln übersäten Grund hebt sich die Gestalt der Amazonenkönigin Pen-
thesilea, eine der neun Heldinnen. Den nervigen, elegant gezeichneten Körper schützt
eine Rüstung, die trotz der phantastischen Beigaben ihre Entstehung um die Wende
des 15. Säkulums nicht zu verbergen weiß; rockartig umwallt ein rotes (blaues) Ge-
wand die Hüften der Herrin; die Linke ruht auf dem Griffe eines unförmig breiten
Schwertes mit den Buchstaben 0 N, die Rechte hält eine Art Stab. Die Reste eines
Schildes, drei übereinander gesetzte gekrönte Frauenköpfe, beziehen sich augenschein-
lich auf das angebliche Wappen der Königin. Ein Spruchband in gotischen Buch-
staben erläutert zu Häupten das Motiv. Phyllis Ackerman (37) liest den Schnörkel
vor dem O als M, deutet den Namen MON als Möns und bringt ihn mit dem 1499
bei dem Tournaiser Maler Roger Holtelz tätigen Bernard de Möns in Verbindung.
Eine ähnliche Signatur — NNMON — findet sich in dem Perseusbehang des Cleve-
land Museum of Art, dessen steife Figurenstaffage mit den vielfachen Verzeichnungen
sich stilistisch mit der federnd schreitenden Penthesilea keinesfalls in Verbindung
bringen läßt, ebensowenig wie der typische steife Tournaiser Pflanzenwuchs — unter
dem Pferde des Perseus — nähere Beziehungen mit der völlig gelockerten Flora des
Heldinnenteppichs aufzuweisen hat.
Das Gepräge des dem Penthesileateppich angesetzten unteren Streifens — blühende
Blumenbüschel auf blauem Grunde, zwischen denen sich zwei Hasen tummeln —
nähert sich weit eher der Flora des Cleveland-Behanges, es weicht aber so stark von
dem Verdürengrunde des Hauptteiles ab, daß es fraglich erscheint, ob das Stück
zu dem ursprünglichen Bestände des Teppichs gehört. Die vorherrschende Blume,
der rote Fingerhut, ist ganz in der schematisierten Art der Wirkereien von Tournai
erfaßt; mit geometrischer Regelmäßigkeit wiederholen sich die Blumenbüschel. Ein
weiteres Stück einer Heldinnenfolge — die Königin Semiramis kämmt ihr Haar, die
Dienerin hält den Spiegel, ein Gewappneter trägt den pfeilartigen Spieß — mit nah-
verwandtem Verdürenfond (als Hintergrund der Figur) und französischem Begleittext,
eignet der Firma Duveen.
Zu dem ehemaligen Bestände des Rohan-Schlosses Verger zählte schließlich ein
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