Tours. Touraine. Grenzgebiete
zu Mans besaß. Ob und inwieweit seine Vorgesetzten sich an der frommen Stiftung
beteiligten — Beispiele dieser Art sind nicht allzu selten — entzieht sich zunächst
meiner Kenntnis. Im letzten Behang der Folge erscheint in der üblichen Anordnung
das Stifterbildnis, die beigefügte lateinische Schriftrolle nennt 1509 als Jahr der Voll-
endung (Abb. 329). Zwei weitere Szenen fielen bereits vor längerer Zeit dem Ver-
derben anheim, sie brachten wahrscheinlich die Eingangsbilder der Folge, das Leben
der Eltern der beiden Märtyrer. Die ersten noch erhaltenen Episoden behandeln das
Martyrium des dem Heilandsglauben ergebenen Vitalis und seiner Gattin Valeria an
Hand der Schilderungen der Legenda aurea des Jacobus de Voragine (68).
Die eigentliche Geschichte der Heiligen beginnt. Gervasius und Prothasius ver-
teilen den Erlös ihrer Habe an die Armen, kleiden sich in weiße Gewänder und ver-
lassen, gemeinsam mit Sankt Nazarius und dem Knaben Celus, Ebrudunum; sie ge-
langen nach Mailand und werden dort getauft. Eine Serie von Wundern rollt sich
ab. Als erstes erscheint die übliche Dümonenaustreibung. Auf blumiger Wiese
knien Vater und Tochter vor den beiden Heiligen, die segnend und das Kreuz
schlagend die Hände erheben. Im Hintergrunde links geht die Beschwörung des
Satans ohne den sonstigen Aufwand an Menschen vonstatten. Der Vater hält die
kniende Jungfrau, ein schwarzes Teufelchen entweicht aus dem Munde. Den Ab-
schluß der Szene zur Linken bildet, wie üblich, ein ornamentierter Renaissance-
pilaster (69).
Kaiser Nero erfährt von dem strafwürdigen Tun der Vier und entsendet seine
Schergen. Das Verhör beginnt. Die Heiligen bleiben standhaft, ein Blitzstrahl zuckt
nieder, der das Antlitz des christenfeindlichen Kaisers vollkommen schwärzt. Der
Herrscher verspricht im 10. Bilde den beiden Brüdern viel Gut und Ehre, sie weisen
die Schätze verächtlich zurück. Nero läßt (in der 11. Episode) die Heiligen in das
Gefängnis werfen. Die 12. Szene ist von verhältnismäßig kleiner Abmessung; Gerva-
sius und Prothasius liegen in kahlem Kerkerraum, ein Engel spricht ihnen tröstend
zu. Die durch die üblichen Pilaster umrahmte 13. Episode ist von besonderem Reize.
Der Präfekt tritt aus seinem Palaste in den gepflasterten Vorhof, das Verhör der
beiden Gefangenen, von Bewaffneten und Angehörigen des Hofstaates des Mailänder
Machthabers umringt, geht in Szene. Im Hintergrund baut sich der Innenhof einer
Burg mit Turm- und Hausanlagen auf. Die Erzählung rollt sich mit außerordent-
licher Frische ab, sie erinnert stark an die Methode der gleichzeitigen Miniaturen-
malerei (70).
Gervasius wird an eine Säule gebunden, mit Peitschen geschlagen und mit bren-
nenden Kerzen gefoltert. In der 15. Episode vollzieht sich die Enthauptung des
Prothasius (71). Die Wiederauffindung der Reliquien arbeitet in der üblichen Weise
mit den Traumerscheinungen. Mit dem Stifterbildnis schließt die Legende (Abb. 329).
Auf den am 26. Februar 1510 (n. St.) verstorbenen Martin Gu6rande gehen als Stifter
noch veischiedene kleinere Wirkereien, die zur Ausstattung der Kanzeln dienten,
zurück. Es handelte sich insgesamt um vier Serien, um die zwölf Apostel, die vier
großen lateinischen Kirchenväter, die vier Kardinaltugenden und die zwölf Sibyllen.
Von dem ursprünglichen Bestände sind lediglich die beiden ersten Reihen fragmen-
tarisch auf uns gekommen. Die Methode der Darstellung ist ungewöhnlich. Jeder
Apostel erscheint tten buste'1; Säulen, auf denen ein Fries lagert, trennen die einzelnen,
von gedrückten Arkadenbögen gefaßten Felder. Gotische Lettern nennen die Namen
der Dargestellten. Die Reihe beginnt mit Sankt Peter — roter Rock, blauer
Mantel —, in der Rechten die Schlüssel, in der Linken ein geöffnetes Buch; im
Hintergrund erscheint eine Landschaft; die Legende nennt: Sainct Pierre. In ähn-
licher Auffassung ziehen Andreas, Johannes der Evangelist, Bartholomäus, Jacobus d. Ä.,
Philippus, Thomas, Mathäus, Jacobus d. J., Simon, Mathias und Juda an uns vorüber.
Die Höhe des Behanges mißt 0,80 m, die Gesamtlänge 13,45 in. Die Kirchenväterserie
weist die gleiche Höhendimension auf, die Länge beschränkt sich bei den drei Dar-
gestellten — Gregor der Große, Augustinus, Ambrosius — auf 2,60 m.
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zu Mans besaß. Ob und inwieweit seine Vorgesetzten sich an der frommen Stiftung
beteiligten — Beispiele dieser Art sind nicht allzu selten — entzieht sich zunächst
meiner Kenntnis. Im letzten Behang der Folge erscheint in der üblichen Anordnung
das Stifterbildnis, die beigefügte lateinische Schriftrolle nennt 1509 als Jahr der Voll-
endung (Abb. 329). Zwei weitere Szenen fielen bereits vor längerer Zeit dem Ver-
derben anheim, sie brachten wahrscheinlich die Eingangsbilder der Folge, das Leben
der Eltern der beiden Märtyrer. Die ersten noch erhaltenen Episoden behandeln das
Martyrium des dem Heilandsglauben ergebenen Vitalis und seiner Gattin Valeria an
Hand der Schilderungen der Legenda aurea des Jacobus de Voragine (68).
Die eigentliche Geschichte der Heiligen beginnt. Gervasius und Prothasius ver-
teilen den Erlös ihrer Habe an die Armen, kleiden sich in weiße Gewänder und ver-
lassen, gemeinsam mit Sankt Nazarius und dem Knaben Celus, Ebrudunum; sie ge-
langen nach Mailand und werden dort getauft. Eine Serie von Wundern rollt sich
ab. Als erstes erscheint die übliche Dümonenaustreibung. Auf blumiger Wiese
knien Vater und Tochter vor den beiden Heiligen, die segnend und das Kreuz
schlagend die Hände erheben. Im Hintergrunde links geht die Beschwörung des
Satans ohne den sonstigen Aufwand an Menschen vonstatten. Der Vater hält die
kniende Jungfrau, ein schwarzes Teufelchen entweicht aus dem Munde. Den Ab-
schluß der Szene zur Linken bildet, wie üblich, ein ornamentierter Renaissance-
pilaster (69).
Kaiser Nero erfährt von dem strafwürdigen Tun der Vier und entsendet seine
Schergen. Das Verhör beginnt. Die Heiligen bleiben standhaft, ein Blitzstrahl zuckt
nieder, der das Antlitz des christenfeindlichen Kaisers vollkommen schwärzt. Der
Herrscher verspricht im 10. Bilde den beiden Brüdern viel Gut und Ehre, sie weisen
die Schätze verächtlich zurück. Nero läßt (in der 11. Episode) die Heiligen in das
Gefängnis werfen. Die 12. Szene ist von verhältnismäßig kleiner Abmessung; Gerva-
sius und Prothasius liegen in kahlem Kerkerraum, ein Engel spricht ihnen tröstend
zu. Die durch die üblichen Pilaster umrahmte 13. Episode ist von besonderem Reize.
Der Präfekt tritt aus seinem Palaste in den gepflasterten Vorhof, das Verhör der
beiden Gefangenen, von Bewaffneten und Angehörigen des Hofstaates des Mailänder
Machthabers umringt, geht in Szene. Im Hintergrund baut sich der Innenhof einer
Burg mit Turm- und Hausanlagen auf. Die Erzählung rollt sich mit außerordent-
licher Frische ab, sie erinnert stark an die Methode der gleichzeitigen Miniaturen-
malerei (70).
Gervasius wird an eine Säule gebunden, mit Peitschen geschlagen und mit bren-
nenden Kerzen gefoltert. In der 15. Episode vollzieht sich die Enthauptung des
Prothasius (71). Die Wiederauffindung der Reliquien arbeitet in der üblichen Weise
mit den Traumerscheinungen. Mit dem Stifterbildnis schließt die Legende (Abb. 329).
Auf den am 26. Februar 1510 (n. St.) verstorbenen Martin Gu6rande gehen als Stifter
noch veischiedene kleinere Wirkereien, die zur Ausstattung der Kanzeln dienten,
zurück. Es handelte sich insgesamt um vier Serien, um die zwölf Apostel, die vier
großen lateinischen Kirchenväter, die vier Kardinaltugenden und die zwölf Sibyllen.
Von dem ursprünglichen Bestände sind lediglich die beiden ersten Reihen fragmen-
tarisch auf uns gekommen. Die Methode der Darstellung ist ungewöhnlich. Jeder
Apostel erscheint tten buste'1; Säulen, auf denen ein Fries lagert, trennen die einzelnen,
von gedrückten Arkadenbögen gefaßten Felder. Gotische Lettern nennen die Namen
der Dargestellten. Die Reihe beginnt mit Sankt Peter — roter Rock, blauer
Mantel —, in der Rechten die Schlüssel, in der Linken ein geöffnetes Buch; im
Hintergrund erscheint eine Landschaft; die Legende nennt: Sainct Pierre. In ähn-
licher Auffassung ziehen Andreas, Johannes der Evangelist, Bartholomäus, Jacobus d. Ä.,
Philippus, Thomas, Mathäus, Jacobus d. J., Simon, Mathias und Juda an uns vorüber.
Die Höhe des Behanges mißt 0,80 m, die Gesamtlänge 13,45 in. Die Kirchenväterserie
weist die gleiche Höhendimension auf, die Länge beschränkt sich bei den drei Dar-
gestellten — Gregor der Große, Augustinus, Ambrosius — auf 2,60 m.
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