Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0406
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
F l o r e n &

Sakramentsfolge, die in der Wahl der Motive an die spätere, wesentlich umfang-
reichere Rubens-Serie erinnert. Anfangs April 1596 sind drei Teppiche zur Abgabe bereit:
die Mannalese, Melchisedek bietet Abraham Wein und Brot dar und die Ausgießung
des heiligen Geistes. Die Ablieferung findet nicht statt, der Großherzog läßt die Be-
hänge dem Erzbischof von Florenz, Kardinal Alessandro de'Medici, als Geschenk über-
weisen. Die Kathedrale von Como erhält in den darauffolgenden Jahren als Ent-
schädigung eine gleichwertige Serie, die mit insgesamt 4125 Lires vergütet wird. Die
Folge hat sich in dem Dome zu Como noch erhalten, sie erschien 1874 auf der Mai-
länder Ausstellung; H. Geisenheimer widmete ihr 1906 eine Sonderstudie (26). Der
Patronenmaler war Allori, der Wirker Papini. Die Folge umfaßt die Ausgießung
des heiligen Geistes, das Zusammentreffen Abrahams und Melchisedeks (Abb. 394) —
an der Durcharbeitung ist namentlich Allori's bewährter Gehilfe Giovan Maria Butteri,
ein ßronzinoschüler, beteiligt —, die Mannalese, den Tod Abels, das Opfer Isaaks.
Der letzte Behang, wohl das beste Stück der Serie, stimmt mit dem später entstan-
denen Bilde in den Offizien (Florenz) überein. Mit besonderer Sorgfalt ist die Bordüre
behandelt, die Mittelkartusche des oberen Rahmens deckt das Zeichen der Bruder-
schaft, der Kelch, Engelsgestalten dienen als Begleitfiguren; als Gegenbild erscheint in
dem Mittelschilde des unteren Rahmens der lodernde Altar (bzw. ein Gefäß). Im
übrigen sind die beiden Fassungen symmetrisch in Fruchte und Blumengehänge, von
einem geflügelten Engelskopf überhöht, aufgeteilt. Die Seitenbordüren arbeiten mit
allegorischen, den Gedanken des Sakramentes idealisierenden Figuren, unterbrochen
und unterstrichen durch ornamentale Schilder und Girlanden.

Insgesamt liefert die florentinische Staatsmanufaktur in der Zeit vom 1. Mai 1585
bis zum 23. August 1596 nicht weniger als 52 Biidteppiche, 66 Portieren und ge-
wirkte Wagendecken, 29 «spalliere" und Bordüren „fregi" sowie verschiedene Klein-
arbeiten, mit insgesamt 4181 Quadratellen, 2 bastoni; allein die Unkosten für das Roh-
material stellen sich auf 18140 Florins. Eine Urkunde vom Jahre 1611 äußert sich im
übrigen ausführlicher über die damals üblichen Ansätze (27).

Venedig bleibt auch in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts als Auftrag-
geberin der Arazzeria Medicea treu. Ein golddurchwirkter Behang in der Markus-
Basilika zeigt den vor dem Erlöser knienden Dogen Mocenigo,; der Sockel des
Thronsitzes trägt die Jahreszahl M.D.LXXI (Abb. 395, 396). Ein Rechnungsbeleg
vom 17. April 1598 meldet „un Paliotto d'Altare d'Oro, Argento e Seta di piü colori,
figuratovi drento la Beatissa. Vergine con N. S. in collo, con altri Santi et il Sermo.

Doge (Grimani) di Venezia....." (Abb. 397). Den Entwurf lieferte Allori bereits

im Jahre 1595. Der Behang zählt noch heute zu dem Bestände von San Marco,
M. D.XCV erscheint als Jahreszahl auf dem Pilaster zur Linken.

Schon früh beginnt die Manufaktur Tafelbilder berühmter Meister, in erster Linie
Werke Raffaels, auf Wunsch der Besteller zu kopieren — gleichgültig, ob sie sich als
Wandteppichvorlagen eignen oder nicht — und in Seide und Gold — die Wolle bleibt
bei diesen kleinen kirchlichen Wirkereien nur von untergeordneter Bedeutung — zu
übertragen (28). Cristofano, Allori's Sohn, spielt (1599) bei diesen Wiedergaben eine
gewisse Rolle.

Die wesentlichste Folge der Jahre 1599/1600 steht ein metalldurchwirktes Heilands-
leben dar, das sich noch vollständig in der Galleria degli Arazzi zu Florenz erhalten
hat. Die Serie beginnt mit der Fußwaschung nach Allori's Entwürfe (Abb. 398). Die
für die späten Arbeiten des Meisters charakteristische Vorliebe für reiches, klar durch-
gezeichnetes Detail, die vornehmlich in Stoffwiedergaben Befriedigung sucht, macht
sich in noch weit höherem Maße in der Abendmahlsszene (Abb. 399) geltend. Von
Allori stammen ferner die Kartons «der Heiland im Olgarten" — im Hintergrunde
nahen die Häscher, eine mauerumwehrte orientalisierende Stadt in bergigem Gelände
verkörpert Jerusalem — und «die Kreuztragung" — der Teppich ist das Spiegelbild
(Basselissetechnik) der 1604 entstandenen «Kreuztragung11 in der Galerie Doria zu Rom.
Im Entwürfe schwach ist die Episode „Christus vor Herodes11 von dem Allorischüler

388
 
Annotationen