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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0411
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Florenz

öffnet eine Tür den Einblick in die anstoßende Stube mit einer tafelnden Gesollschaft,
die offene Loggia zur Rechten zeigt, von einer Draperie halb verdeckt, ein btraüen-
bild. Der Herbst schließlich (L. 4,55 m) bringt Winzorszenen. Er stammt aus der
Werkstatt der Pietro und Bernardino van Asselt, Söhne des 1629 verstorbenen Direk-
tors Jacopo Ebert van Asselt; das Verzeichnis vom 5. Mai 1643 nennt drei von ihnen
gelieferte Bildteppiche: den Sonnenwagen Apolls (Tag), Frühling und Herbst. Es ist
wahrscheinlich, daß die Folge, die überdies durch Supraporten — Fruchtgirlanden,
Maska.ons, buntfarbige Vögel - ergänzt wird, eine mehrfache Wiederholung erfuhr.
Zweifelhaft erscheint es, ob das bekannte Stechen im Palazzo Pitti, das augenscheinlich
im Entwürfe auf den Patronenmaler des Frühlings zurückgeht, das in der Bordüren-
lösung an die Fassung der Jahreszeitenfolge anklingt, dem Atelier Feveres oder der
Werkstatt der Gebrüder van Asselt entstammt. Die Fische in der unteren Mittel-
kartusche lassen vermuten, daß das Stück zu einer Monatsfolge gehört, das von Putten
flankierte Wappenschild der Medici beherrscht die obere Leiste. Trotz des archaisti-
schen Eindrucks der Bilddarstellung — die Verwendung früherer Kartons ist keine
Seltenheit — ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß der Teppich mit dem „panno
rappresentante il Giucio del Calcio in Piazza S. Croce», das am 25. Januar 1640 ur-
kundliche Erwähnung findet, identisch ist.

1642 (4. September) kommen drei Behänge einer Alexandergeschichte nach Agostino
Melissi, dem beschäftigsten Patronenmaler der Manufaktur, zur Ablieferung: Jupiter
thront in den Wolken, Alexander nimmt den vom Ar zte gereichten lrank, die Jiltern
des großen Mazedoniers. Die Serie findet 1648-1651 durch zwei von Fevere ge-
lieferte Behänge, die in der gleichen oberflächlichen Weise unbedeutende Geschehnisse
aus dem Leben Alexanders zur Wiedergabe bringen, eine Ergänzung; das van Asselt -
sehe Atelier stellt 1650 vier weitere Motive zur Verfügung (Alexander und die rrauen
desDarius, der Held erweist dem Hohenpr iester der Juden seine Verehrung, Alexander
und Diogenes, der Arzt des großen Königs, die Niederlage des Darius); drei Supra-
porten beschließen die Reihe (der Unterricht des jugendlichen Alexander durch Aristo-
teles, der König weilt am Grabe Achills, Alexander und Phocion). Im übrigen kommen
1642 verschiedene Portieren- und Bordürenaufträge zur Erledigung. 1643 und 1644
sind die Gezeuge für auswärtige, in den Belegen leider nicht näher erläuterte Serien
zum Teil belegt. Wahrscheinlich entstand um diese Zeit im Auftrage der Barberini
die Venus- und Äneasserie, die mit drei Behängen - Jupiter erscheint der Venus, die
Göttin leitet Äneas aus dem brennenden Troja, der Held segelt nach Karthago_—m
die Sammlung Ffoulke überging (jetzt Hotel Biltmore). Die Signatur nennt OP.lEVKli.
Die breiten Bordüren zeigen in den oberen und unteren Leisten Muschelkartuschen
und Fruchtgehänge, Waffentrophäen decken die seitlichen Rahmen. 1644 erscheint
zum ersten Male Giovanni Rosi als Patronenmaler, der uns bereits bekannte Lorenzo
Lippi zeichnet die Kartons der Paulusgeschichte und liefert den Entwurf einer nur
flüchtig erläuterten Portiere: „due pultini d'un cartone di una Porticra . Am i8 Fe-
bruar 1645 bringt Fever e die fünf ersten Teppiche der Paulusgesch.chte zur Ab rete-
rung (Saulus auf dem Wege nach Damaskus, der Apostel wirft auf Malta die Viper
in die Flammen, die Taufe des Paulus, die Predigt in Athen die Niederschrift der
Episteln); die Serie wird im darauffolgenden Jahre durch die Himmelfahrt des Paulus
(aus der Werkstatt Fevere's) und die Enthauptung des Apostels (aus dem Atelier des
Bernardino van Asselt) ergänzt. Meister Bernardino tritt bereits 1645 mit einer beilie-
lung Christi, die nach Genua geht, in Erscheinung; er nimmt geschickt das vorüber-
gehende Ausscheiden Fevere's wahr und erlangt seit 1646 die Leitung einer selbstän-
digen Werkstatt im Palazzo Vecchio.

Am 3. Juli 1647 bringt das Fevere'sche Atelier eine dekorativ nicht uninteressante
Arbeit zur Ablieferung, eine umfangreiche gewirkte Himmelbettgarnitur; das Haupt-
stück — der Himmel — zeigt „La Toscana", eine allegorische Frauengestalt, die Bor-
düre arbeitet mit einer Verbindung von Maskarons und Delphinen, die Seitenteile
zeigen in den Mitten das Wappen der Medici, umgeben von den Schildern der Städte

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