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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0436
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Rom. Barberini

des Hauses Barberini 1889 in den Besitz der Sammlung Ffoulke (Washington) über,
sie beginnt mit der „Verkündigung", es folgen die unbezeichnete Anbetung der Hirten,
die drei Weisen, die Flucht nach Ägypten, die Taufe des Heilandes, die Verklarung
Christi, das Abendmahl, Jesus am ölberg (Abb. 428, signiert IAC. D. L. RV), Kreuzi-
gung, Auferstehung (Abb. 429, sign. IAC. D. L. R1V.), Schlüsselübergabe; als zwölftes
Sonderstück erscheint die gewirkte Karte des Heiligen Landes. Die Teppiche wan-
derten aus der Ffoulke-Collection über die Sammlung John W. Simpson in den Be-
sitz (durch Schenkung) der Cathedral of Saint John the Divine in New York (9).

Rein dekorativ genommen erscheint eine zweite Arbeit bedeutungsvoller, die dem
Atelier zuteil wird: „sei pendenti d'arazzo di seta, oro et stami, fatti con figure, e con
armi di N. S. per il baldachino dell' altare della cappella pontificea . . (10). Die
Anlieferung der sechs Behänge erfordert elf Monate, die Übergabe erfolgt am 26. Januar
1637, von den Gesamtkosten in Höhe von 600 Talern entfallen 345 auf die reine
Wirkerarbeit.

Mit den sechs Wappenteppichen sind die heraldischen Arbeiten der Barberini'schen
Manufaktur durchaus nicht erschöpft. Nach den Zusammenstellungen von Monsignore
Barbier de Montault (11) und Pietro Gentiii (12) sowie nach dem Bestände der vati-
kanischen Sammlungen zu urteilen, handelt es sich um folgende Wappenserien:

1. Zwölf goldgewirkte Wappenportieren. Der mächtigen, das Mittelfeld beherr-
schenden, von einem Maskaron und der offenen Krone überhöhten Kartusche
sind die drei Bienen des Hauses Barberini aufgelegt. Die unteren Zwickel
füllen Rüstungen und Wraffentrophäen, in den oberen Ecken sitzen geflügelte,
palmentragende Genien, in den erhobenen Händen — in der Mitte oben —
das lorbeerumwundene Zeichen Christi eine rahmende Bordüre ist nicht
vorhanden. Die Formen atmen den Geist des wuchtigen römischen Barocks.
Die Entwürfe gehen auf Pietro da Cortona zurück.

2. Zwölf Portieren mit der Säule der Fürsten Colonna. Die Disposition dürfte eine
ganz ähnliche gewesen sein. Behänge sind mir nicht bekannt.

3. Sechs Behänge mit dem Wappenbaum der Barberini. Der Typ findet sich be-
reits in zahlreichen gleichzeitigen und früheren Teppichen der Niederlande. Dem
Lorbeerbaum ist das Wappenschild des Hauses aufgelegt, überdeckt von der
Krone. Das Spruchband H1C DOMVS ist mit der Stadt Palestrina, dem alten
Barberini'schen Besitz, die im Hintergrunde des Teppichs angedeutet ist, in Ver-
bindung zu bringen.

4. Eine Serie von langen niedrigen (ob zwölf?) Balkonbehängen (Abb. 430), durch
schmälere Stücke (Supraporten?) (Abb. 431) und einen großen Wappen-Loggia-
Teppich ergänzt, der bei dem öffentlichen Segen des Papstes Urban's VIII (gest.
1644) als dekorativer Hintergrund Verwendung fand: das ovale Mittelfeld trägt
die drei Bienen, Ornamente — wiederum mit den Bienenemblemcn — decken
die Zwickel; die oberen und unteren Bordüren ahmen Architrave nach, als
Mittelstücke erscheinen Inschriftenkartuschen von einem Maskaron überhöht, von
Fruchtgewinden begleitet, Weingerank füllt den restlichen Grund; in den Seiten-
leisten finden Blumengefäße auf wuchtigem Blattwerksockel Aufstellung, an
Bändern hängt eine kurze, schwere Girlande.

Die figürlichen Folgen gliedern sich in die Kopien nach früheren und zeitgenössischen
Brüsseler und Pariser Folgen und in die Neukompositionen.-

Zwischen 1637 und 1642 wiederholt Romanelli die prächtige Puttenfolge Giovanni da
Udine's aus dem Atelier des Pieter van Aelst, unter dem Mamen „Bett Leo's X." be-
kannt (13). Die Teppiche (Abb. 99, Teil I) gingen kurz vor dem Weltkrieg in den
Besitz der Münchener Kunsthandlung L. Bernheimer über — sie stammen aus dem 1904
versteigerten Nachlaß der Prinzessin Mathilde —, sie sind in alle Winde zerstreut und
befinden sich zum Teil noch heute im Kunsthandel (14). Die Technik der Behänge
ist eine durchaus sorgfältige, die Arbeit spricht für die Güte der Manufaktur des della
Riviera, der übrigens nur die ersten Stücke der 1637 begonnenen Folge fertigstellte.

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