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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0449
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Neapel

Die Festlegung der endgültigen Statuten der Manufaktur zieht sich bis zum Jahre
1740 hin (3). Viel Schwierigkeiten bereitet zunächst, wie in den meist neugegründeten
Ateliers, die Einfärbung der Wollen und Seiden, an deren Lichtechtheit naturgemäß
hohe Anforderungen zu stellen sind. Die Meister Neapels sind nicht ohne weiteres
auf die Tapisserietechnik eingestellt. Der aus Florenz mitübernommene Färber Andrea
Camici ergeht sich in wenig freundlichen Äußerungen. Ein Probefärben — ein Lot
wird dem ortsansässigen Sachverständigen, ein zweites Meister Andrea zur Bearbeitung
überwiesen — führt zu keinem abschließenden Ergebnis. Die Zankerei endet damit, daß
Andrea Camici wegen angeblich absichtlich schlecht angesetzter Farben 1743 seines
Dienstes enthoben wird, an seine Stelle tritt der Sohn eines einheimischen Färber-
meisters, Gennaro Celentano, der später Mariano Savarese den Platz räumt.

Die erste größere Serie, die (1743) in Angriff genommen wird, sind die vier Ele-
mente. Domenico del Rosso und Carlo Mugnai übernehmen die figürlichen Teile der
„Luft", Marco Gosler bearbeitet die Staffage, Bernardino Cavaliere die Wolken, An-
tonio Luigi Minchioni die Rahmung. Beim „Wasser" wird Antonio Valente mit der Bor-
düre betraut, in entsprechender Weise ist Orlando Filippini an der „Erde" beschäftigt.

Die Folge, gegenwärtig in der Vorhalle des Palazzo Reale zu Neapel, war ursprüng-
lich für den Palazzo de Caserti bestimmt. Außer den vier großen Wandteppichen
zählen verschiedene Supraporten, Portieren und Überfensterwirkereien die Landschafts-
motive nach den Entwürfen des Clementa Ruta zum Gegenstande der Darstellung
wählen, zu dem Bestände der Serie.

Die Fertigstellung der Folge zieht sich ungebührlich in die Länge, erst unter Duranti
gelangt die Reihe (Mai 1763) zum Abschluß. Als Patronenmaler ist ursprünglich An-
tonio del Po in Aussicht genommen, sein Entwurf scheint nicht zugesagt zu haben;
der „Raub der Proserpina", das Symbol des Feuers, wird nach einem Karton des
Girolamo Starace Franchis durchgeführt. Der von zwei Rossen gezogene Wagen mit
Pluto und Proserpina stürzt sich in den flammensprühenden Schlund. Amoretten und
die auf einem Fabelwesen reitende allegorische Gestalt vervollständigen den figürlichen
Apparat der phantastischen Brautfahrt. Im Gegensatze zu dem llorentinischen Pro-
serpinateppich greift die gut gelöste Bordüre stark in das Mittelbild ein. In der oberen
Fassung hält ein Phönix in Flammen die weit überfallende Kette des Goldenen Vließes-
In den Seitenbordüren packt ein Adler den funkensprüheuden Blitz, der Glast bringt
eine Bombe zur Entzündung. Im unteren Rahmen wird die Kartusche mit dem von
Flammen umzüngelten Salamander in Verbindung gebracht; eine Legende erläutert
das Motiv. Im übrigen decken Muschelwerk und architektonischer Aufbau die Frei-
flächen der Bordüre. Die Signatur nennt P. DURANTI . R . F . NEAPOLI MDCCLX1II
(4). Zeichnung, Technik, Farbengebung und Erhaltung sind gleichermaßen vollendet.

Wesentlich schwächer wirken die unter del Rosso's Leitung gefertigten drei Be-
hänge. Die „Luft" wird durch eine schwebende allegorische Gestalt — die entschwin-
dende Nacht — und die vier Winde verkörpert, im Hintergrunde blaut das Meer.
Die Seitenleisten zeigen karyatidenähnliche Frauenleiber, über ihnen blähen Winde
die Backen, unten treiben ibisartige Vögel ihr Wesen. Die Kartusche in der Mitte
des unteren Rahmens bringt die übliche Legende: devote Lobsprüche auf den könig-
lichen Besteller. In ähnlicher Weise, vielleicht noch etwas langweiliger, sind „Erde"
und „Wasser" charakterisiert. Die Farbengebung sticht ungünstig gegenüber dem
Duranti'schen Behänge ab, auch die technische Durchführung zeigt nicht die gleiche
Sorgfalt.

Ähnlich wie in Florenz befaßt sich die Manufaktur neben den großen Serien mit
religiösen Kleinwirkereien, u. a. nimmt Carlo Mugnai 1743 einen St. Annenteppich in
Angriff: die Mutter Mariens weiht ihr Kind dem Höchsten. Von dem gleichen Wirker
stammt ein Madonnenbild (1742) und ein dekorativer Behang (1742) — Monumental-
figuren (Giganten) in Verbindung mit Blumendekorationen und architektonischen Mo-
tiven (Wasserfall) —, jedes der beiden Stücke wird mit 70 Dukaten vergütet. Ein
nicht näher erläuterter Teppich der Esposizione Nazionale di belle arte in Neapel von
 
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