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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0450
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Neapel

1877 (Catalogo generale dell'arte antica S. 243) trägt die Signatur Domenico del Rosso
1746. Auch an reinen Porträtwirkereien fehlt es nicht; als Erstlingsarbeiten (1739)
bringt Giuseppe de Filippis die Bildnisse des Bourbonen Karl und der Königin Maria
Amalia Walburga zur Ablieferung.

Pietro Duranti, der Leiter eines römischen Ateliers, wird 1757 nach Neapel berufen
und unter dem 13. April des gleichen Jahres endgültig angestellt. Mit ihm hält die
Hautelisse-Technik, die bislang gegenüber dem ticflitzigen Verfahren erheblich zurück-
trat, ihren sieghaften Einzug. Pietro beweist in seinem neuen Wirkungskreise eine
bemerkenswerte Tatkraft, es gelingt ihm nach kurzer Zeit tüchtige Hilfskräfte aus
Rom und Turin für sein in San Carlo untergebrachtes Atelier zu verpflichten. Der
Meister bezieht einen Monatssold in Höhe von 18 Dukaten, daneben eine Jahresgrati-
fikation (40 Dukaten) und einen Wohnungsgeldzuschuß (144 Dukaten). Alle von ihm
gelieferten Neuwirkereien werden besonders vergütet; der vereinbarte Preis für die
Quadratpalma, die neapolitanische Elle (0,26 qm), beläuft sich bei Bilddarstellungen auf
sechs, bei Bordürenarbeiten auf drei Dukaten; schließlich wird dem Meister ein später zu
verrechnender Vorschuß von 1200 Dukaten gewährt. Der Intendant Marquese Angelo
Acciaiuoli wird seitens des Königs beauftragt, das neue Hautelisse-Atelier schnellmög-
lichst in Gang zu bringen. U. a. werden die Hochstühle, die der Fürst von S. Severo
in der Residenz Portici hatte aufstellen lassen, nach San Carlo geschafft.

Neben dem Hautelisse-Atelier arbeitet auch weiterhin eine Basselisse-Werkstatt, die
seit 1754 einem Mailänder Wirker untersteht, namens Michelangelo Cavanna, dessen
laufende Einkünfte sich auf 24 Dukaten monatlich und 30 Dukaten Jahres-Mietsent-
schädigung beziffern. Cavanna befaßt sich im wesentlichen mit Kleinwirkereien. Er
überträgt eine Maria Magdalena nach Guido Reni, sowie den heiligen Hieronymus
des Guercino nach der im Palazzo Reale zu Neapel noch erhaltenen Halbfigur. Der
König äußert seine allerhöchste Zufriedenheit und beauftragt den Meister mit den
Kopien verschiedener Gemälde aus der Galerie des Palazzo di Capodimonte, sowie
mit der Wiedergabe der Porträts des königlichen Paares. 1759 erfolgt die Berufung
des Landesherrn auf den Thron von Spanien, der Herrscher legt die Krone Neapels
in die Hände seines Sohnes Ferdinand (1759—1825). Bis zur Zeit der Volljährigkeit —
der König ist am 12. Januar 1751 geboren — führt der Minister Marchese Tanucci,
ein verständnisvoller Förderer der Künste, der bereits dem Vater als treuer Berater
zur Seite stand, die Staatsgeschäfte, am 12. Januar 1767 übernimmt Ferdinand V. die
Regierung.

Ein rundes Jahrzehnt lang klafft eine starke Lücke in der Tätigkeit Cavanna's. 1770
erhält der Meister den Auftrag, das Porträt Ferdinands nach Francesco Liano und das
der Königin nach Giuseppe Bonito in die Bildwirkertechnik zu übertragen. Der Tod
(1772) setzt der Vollendung der begonnenen Arbeiten ein vorzeitiges Ziel, Duranti
stellt das Bild des Königs fertig. Von den Gemälden des Schlosses Capodimonte ge-
langt lediglich ein Ecce homo nach Guido Reni zur Durchführung.

Der Wirkerbestand der königlichen Manufaktur füllt sich nach Ausbildung der
Lehrlinge und infolge Zuzugs fremder Kräfte langsam auf. Wir finden als Zuwachs
Francesco Pieri, Francesco Piro, Francesco d'Agostino, Carlo di Filippo (seit 1757, 1777
erblindet), Girolamo Caporri (seit 1768), Giovanni Guidi (seit 1760) (5), ferner Dome-
nico Cipriani, Vincento Pieroni (gest. Dezember 1750), Antonio Rispoli und Niecola
Petroni (seit 1754, gest. 7. L 1765); der von Pietro Duranti berufene Wirker Carlo
Lubis segnet bereits 1758 das Zeitliche. Gaspare Gagliardi, der in den Jahren von
1772 bis 1779 in Neapel tätig ist, besitzt ein über das Durchschnittsmaß hinausgehen-
des Können, der König von Dänemark verleiht dem Künstler in Anerkennung seiner
hervorragenden Leistungen 1772 eine goldene Medaille (6). Der uns bereits bekannte
Florentiner Orlando Filippini (seit 1737) betätigt sich zugleich als Leiter der soge-
nannten „piecola accademia"; er wird 1767 an Stelle des in den Ruhestand tretenden
Domenico del Rosso zum Direktor der Accademia del Disegno und der R. Arazzeria
berufen; seit 1768 verschwindet sein Name aus den urkundlichen Belegen (7).

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