Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0455
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Neapel

Zusammenstellung (Abb. 473). Die Farbengebung ist, abgesehen von dem starken
Ausbleichungsprozeß, wenig erfreulich; gelbgraue Töne machen sich aufdringlich be-
merkbar.

Im übrigen finden sich im Saale der Psyche des Palazzo Reale zu Neapel noch ver-
schiedene Stücke, die gleichfalls in der Duranti'schen Manufaktur entstanden sein dürften.
Vier Behänge bringen in gelbem Camaieu je eine antike Gestalt: Numa Pompilius,
Lykurg, Solon und eine weitere Persönlichkeit. Allzu grau in der Farbengebung
wirken die Adler-Supraporten. Wahrscheinlich stammen auch die beiden Behänge
im anstoßenden Baume der Arazzeria Napoletana: aus Blumen und Früchten erhebt
sich eine Amorette, in der Hand die Lanze, ein Pfau zeigt sein schillerndes Gefieder.
Die fein durchgeführte Bahmenbordüre zeigt in den vier Ecken kleine Kartuschen
mit den Initialen König Ferdinands.

Auf die Mitwirkung des Hofarchitekten Fuga geht mit ziemlicher Sicherheit
die gleichfalls in der letzten Epoche der Manufaktur entstandene Musenreihe in der
Gemäldeabteilung des National-Museums zu Neapel zurück. Die Vertreterinnen der
Künste und Wissenschaften stehen als Statuen, mit den entsprechenden Attributen
versehen, in den Nischen einer allzu architektonisch gelösten Pergola (Abb. 474). Das
Motiv ist langweilig und dem Wesen des Wandteppichs wenig angepaßt.

Von den kleineren Arbeiten Duranti's ist eine Kleopatra in Halbfigur zu erwähnen,
für die der Meister 1778 den Betrag von 225 Dukaten erhält, ferner eine heilige
Cacilia (1778). Schließlich ist eine Apotheose König Karls III., wahrscheinlich auch
aus der Werkstatt Duranti's, bekannt. Fraglich erscheint es dagegen, ob die mit dem
Malernamen Desiderio de Angelis 1796 (der Künstler ist ein bekannter Kopist) ge-
zeichnete Wirkerei mit der neapolitanischen Staatsmanufaktur in Verbindung zu
bringen ist.

Über die Lieferung an Private, die zweifellos einen gewissen Baum in der Produktion
der königlichen Arazzeria einnahm, fehlt jeder eingehendere Beleg.

In dem schlimmen Jahre 1798 — der König muß den eindringenden Franzosen
weichen — fungiert Giovanni Duranti, ein Sohn des Altmeisters, als Leiter des Haute-
lisseateliers. Als seine Hilfskräfte arbeiten Giovanni Guidi, Gaspare Cagliardi, Giuseppe
Galli, Gioacchino Belardini, Niecola Bondi, Agostino Carbone, Francesco Santelli, Giro-
lamo Duranti und Francesco de Filippis. Die Manufaktur befindet sich in dringender
Notlage. Aufträge liegen so gut wie keine vor, die Zahlungen laufen unregelmäßig
ein. Um das Ärgste zu verhüten, läßt Ferdinand I. vor seiner fluchtartigen Abreise
(22. XII. 1798) Duranti den Personal-Halbjahressold in Höhe von 2000 Dukaten über-
weisen, der jedoch leider nicht zur Auszahlung gelangte, Meister Giovanni vergißt die
Ablieferung des Betrages und folgt seinem königlichen Herrn nach Palermo. Das Geld
ist bei der Bückkehr des Hofes nach Neapel (Januar 1800) verbraucht, der König zeigt
sich naturgemäß Vorschüssen gegenüber wenig zugänglich; die Wirker der Manufaktur
laufen endgültig auseinander.

Ähnlich wie in den Gobelins unterstehen die beiden Zweigateliers (Hautelisse- und
Basselissewerkstatt) einem königlichen Intendanten; D. Giovanni Brancaccio, der Ober-
intendant, und D. Gio. Bernardo Voschi, der Intendant, sind uns aus dem ersten Jahr-
zehnt des Bestehens der Staatsmanufaktur bereits bekannt; mit viel Eifer und Geschick
bekleidet Marquese Angelo Acciaiuoli von 1788 bis 1777 das Amt, Gioacchino Magliano
wird sein Nachfolger; Domenico Venuti ist 1801 mit den nicht allzu anstrengenden Ge-
schäften der Manufaktur belastet.

Die Frage der Patronenmaler ist bereits mehrfach gestreift. Außer den bei der
Besprechung der Einzelfolgen genannten Künstlern, werden lediglich noch Domenico
Tonelli (1743, Bordüren der Elemente) (10), Antonin Jolli (1770), Gaetano Magri (orna-
mentale Lösungen, 1768), Orlando Filippino (1768, Blumen- und Fruchtmaler), Fran-
cesco de Mura (1773) und Giuseppe Bracci (um 1761, Supraporten für die Don
Quijotefolge) urkundlich erwähnt.

437
 
Annotationen