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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 4) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62337#0017
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Die Lantensvielerin
Seit 1691 theilte Maria Anna Luisa von Medici, die Tochter Cosmo's 111. von Florenz,
mit Johann Wilhelm den kurfürstlichen Thron von der Pfalz-Neuburg. Kaum ein Jahr weilte
die reizende Tochter Italiens in Düsseldorf und bereits erkannte man hier in lebhaftester Weise das
Walten einer milden, freisinnigen, kunstliebenden Herrscherin.
So lange die erste Gemalin des damaligen Prinzen Johann Wilhelm, Anna von Oester-
reich, Kaiser Ferdinand's III. Tochter, am Hofe ihren mächtigen Einfluß geltend machte und ihrem
edlen Gemale ihren düstern Katholicismus, ihre fast ascetische Strenge der Lebensordnung mit-
zutheilen wußte, lag es wie eine Art von Alp auf dem heitern Düsseldorf und den herrlichen
pfälzischen Gauen am Rhein. Als aber Maria die Stelle der Verstorbenen einnahm, regte es
sich aller Ortew, wie der Hauch von einem milderen Himmel und einer lachenderen Sonne.
Der Kurfürst liebte feine Gemalin leidenschaftlich. Er, welcher Italien so genau kannte, ahnte
nur zu wohl, was das Herz der Fürstin bewegte, wenn sie in unbewachten Augenblicken still,
träumerisch, in sich gekehrt da saß. Die „dello. Ituliu" stand vor ihren inneren Blicken. Rastlos
begann darauf der Kurfürst, durch seiue Schöpfungen zu versuchen, ob er die Geliebte das
Heimatland und ihr classisches „^irtzu26", diese Vaterstadt der majestätischen und reizenden
Kunstschönheit, vergessen machen könne. Auf Johann Wilhelm's mächtigen Wink sing Düsseldorf
an, sich gleich dem der dunklen Verpuppung entschlüpfenden Schmetterlinge zu verschönern. Die
finsteren Gassen der Altstadt verschwanden allmälig; luftige, freie, dem großartigen Rhein ent-
sprechendere Straßen wurden geschaffen und in der entstehenden Neustadt reihte sich bald ein!
schönes Haus an das andere. Maria lächelte wohl, wenn sie diese Thaten der Liebe musterte; aber!
noch immer war Düsseldorf, wie auch heute uoch nicht, ein Florenz. Der Geist namentlich,
welcher hier herrschte, war ein so dumpfer und starrer, daß er die Italienerin, welche gleich
ihren Landsleuten die heitere Seite der Religion vorzugsweise auffaßte, erschreckte. Ein bleierner !
Druck des Clerus ruhte auf Düsseldorf und dem Lande. Längst hatten sich die Jesuiten angesie-
delt und ihre herrliche Kirche, ihr mächtiges Collegium bezeugte die Macht, welche die „Schlangen-!
klugen" bereits errungen Hatten. Johann Wilhelm war, ungeachtet er auf seine Selbstständig-
keit, auf seinen festen Charakter im Stillen stolz war, bisher dennoch nicht mehr und nicht
weniger, als das mit überlegener Kunst geleitete Werkzeug der Väter Jesu gewesen. Der geist-
liche Despotismus Hatte sich Bahn gebrochen; ja weit auf weltliches Gebiet konnten die Jesuiten
ihre Banner tragen, und was sie gewirkt, zeigten die aufs Neue zerworfenen Verhältnisse der
Jülichschen Erbfolge zwischen Pfalz-Neuburg, Sachsen, Kur-Brandenburg und Salzburg, welche
schon mehrfach ihrer Lösung nicht fern gewesen waren. 1666 waren die Wirren geschlichtet, so
daß Sachsen vom Herzogthum Jülich den Titel, Pfalz-Neuburg den seit 1641 inne gehabten

Deutschlands Kunstschätze. IV.

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